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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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so einfach abzulehnen.
    Die Frau sah ihm den Zwiespalt seiner Gefühle an und legte ihm lächelnd die Hand auf die Schulter. »Du musst dich ja nicht jetzt und auf der Stelle entscheiden. Darüber können wir morgen beim Frühstück reden. Jetzt reich mir eine der Pasteten, und dann …« Sie bewegte dabei ihr Becken
so auffordernd hin und her, dass Kobner das angebissene Hühnerbein auf den Teller warf.
    »Die Pastete bekommst du nachher!«, grinste er und zog sie so zu sich her, dass er bequem in sie eindringen konnte.

SIEBEN
    A ls Kobner erwachte, war es längst Vormittag. Er fühlte sich ausgeschlafen und unternehmungslustig, daher überlegte er, ob er Nina wecken und den Tag mit heißem Sex beginnen sollte. Vorher aber wollte er etwas trinken, denn seine Kehle war wie ausgetrocknet. Vorsichtig, um die Frau nicht zu wecken, stieg er aus dem Bett und ging in die Küche. Im Kühlschrank fand er einige Flaschen Bier, von denen er eine mit den Zähnen entkorkte und in einem Zug leertrank. Durch die offenen Türen konnte er sehen, wie Nina sich auf dem Bett regte und im Traum die Decke abstreifte. Mit einer zweiten Flasche Bier in der Hand kehrte er ins Schlafzimmer zurück und sah auf sie hinab. Ihre Brüste waren groß wie Melonen, aber fest, und als sie sich unruhig drehte und die Schenkel spreizte, wäre er am liebsten sofort in sie eingedrungen.
    Doch da erinnerte er sich an ihren Vorschlag zu heiraten und stockte mitten in der Bewegung. Bis jetzt hatte er sie als ein geiles Stück Weiberfleisch angesehen, für das nur seine Potenz zählte. Aber am gestrigen Tag hatte sie zum ersten Mal gezeigt, dass sie mehr an ihm zu schätzen wusste als nur den wilden und teilweise recht rauen Sex. Dafür aber müsste er sich die Haare wachsen lassen, einen Anzug tragen wie ein Spießer und zu dem aus Rumänien stammenden Postboten »Guten Morgen« sagen, anstatt ihm die Schnauze zu polieren.

    Im ersten Augenblick wollte Kobner über diese Vorstellung lachen. Dann aber begriff er, dass Nina ihm damit auch eine Chance bot, ins bürgerliche Leben zurückzukehren. Plötzlich erschien ihm die Idee gar nicht mehr so abwegig. Sie war eine Frau, die einen Kerl wie ihn brauchte, um zufrieden zu sein, und er, er … Kobner brach den Gedankengang ab. Rudi Feiling benötigte ihn dringender, denn allein mit Männern wie Hoikens ließ sich keine nationale Revolution gewinnen. Außerdem erinnerte er sich gut daran, dass er im Auftrag des Führers bereits einige Verräter zum Schweigen gebracht hatte. Erst letztens hatte er einige Straßenzüge weiter einen Arzt auf so geschickte Weise umgebracht, dass die Bullen glaubten, der Mann sei einem Unfall zum Opfer gefallen.
    In diesem Moment begriff Kobner, dass es für ihn kein Zurück mehr gab. Er konnte sein früheres Leben nicht einfach abstreifen wie ein altes Hemd und an Ninas Seite ein neues beginnen.
    Obwohl sie verführerisch vor ihm lag, schwand seine Lust, sie zu nehmen. Er leerte die zweite Bierflasche und kehrte in die Küche zurück. Dort holte er sich eine dritte aus dem Kühlschrank und machte sich ein Wurstbrot zurecht. Während er mit beiden Backen kaute, schaltete er den Fernseher ein, drehte aber die Lautstärke zurück, um Nina nicht zu wecken. Er musste in die Nachrichten geraten sein oder in eine Sondersendung, in der über die geplante Demonstration der Muslime auf dem Marienplatz berichtet wurde. Einige junge Türken und Araber hatten die Nacht über eine Mahnwache abgehalten, und jetzt strömten ihnen in jeder Minute neue Glaubensgenossen zu. Männer, Frauen und selbst Kinder wurden in Bussen zu Sammelplätzen gekarrt und dort von Polizeikräften in Empfang genommen. Alles, was sich als Waffe verwenden ließ, und sei es eine gläserne
Nuckelflasche für Babys, wurde von den Beamten beschlagnahmt. Danach durften die Demonstranten ihren Weg ungehindert fortsetzen.
    Als auf eine andere Kamera umgeschaltet wurde, sah Kobner junge Burschen mit kahlen Köpfen, schwarzweißroten Fahnen und antimuslimischen Parolen auf den Spruchbändern die Leopoldstraße entlangmarschieren. Polizeieinheiten stellten sich ihnen entgegen, und es entstand ein wüstes Gerangel. Ein Teil seiner Gesinnungsfreunde wurde verhaftet, doch der größere Rest verschwand im Gewirr der Straßen und hielt zielstrebig auf den Marienplatz zu.
    Dort sollte es Feilings Plänen nach so richtig zur Sache gehen. Alle freien Kameradschaften der Nationalen Front, bei denen sein Name etwas galt, hatten ihre besten

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