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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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aufeinandergestapelten Felle der Schlafpritsche.
    Teolin streifte seinen Mantel ab und löste die Schnüre seines formlosen Kittels. Die Elch- und Bärenzähne, die ihn schmückten, klickten leise, als er ihn fallen ließ. Dann streckte er sich auf der Pritsche aus, und Mahti kniete sich hin, um die Augen über den Leib des alten Mannes wandern zu lassen. Dabei spürte er, wie in seinem Herzen mit Traurigkeit vermischtes Mitgefühl aufkeimte. Niemand wusste, wie alt Teolin war, nicht einmal der greise Hexer selbst. Die Zeit hatte den Großteil des Fleisches von seinem Gerippe gezehrt. Sein Glied, das angeblich über fünfhundert rituelle Begattungen vollbracht hatte, ruhte wie ein schrumpeliger Daumen an den unbehaarten Hoden.
    Der alte Mann lächelte freundlich. »Tu, was du kannst. Mehr verlangen weder die Mutter noch ich.«
    Mahti beugte sich vor, küsste die zerfurchte Stirn des Greises und zog das muffige Bärenfell zu Teolins Kinn hoch, um ihn warm zu halten. Dann ließ er sich neben der Pritsche nieder, legte das Ende des Horns dicht an die Seite des alten Mannes, schloss die Augen und spielte das Bannlied.
    Mit den Lippen, der Zunge und seinem Atem verwandelte er das Dröhnen in ein volltönendes, gleichmäßiges Pulsieren. Das Geräusch füllte Mahtis Kopf und Brust aus, brachte seine Knochen zum Beben. Er sammelte alle Kräfte und entsandte sie durch Aufenthalt in Teolin. Mahti konnte fühlen, wie das Lied in den Greis eindrang und die starke Seele von dem zerbrechlichen, von Schmerzen gebeutelten Leib emporhob, ihn durch das Rauchloch aufsteigen ließ. Im Licht des Vollmonds zu baden, das war äußerst heilsam für eine Seele. Sie kehrte gereinigt in den Körper zurück und verlieh ihm klaren Verstand und Gesundheit.
    Zufrieden veränderte Mahti das Lied, schürzte die Lippen, um Aufenthalt das nächtliche Krächzen eines Reihers, das kehlige Quaken eines Großvaterfrosches und den hohen, schnarrenden Chor all der kleinen Geschöpfe zu entlocken, die des Regens Geheimnisse kannten. Damit wusch er den heißen Sand aus den Gelenken des Greises und beseitigte die winzigen beißenden Geister aus seinen Eingeweiden. Dann suchte er tiefer und spürte einen Schatten in Teolins Brust auf, dem er zu einer dunklen Masse im oberen Lappen der Leber folgte. Der Tod darin schlummerte noch, eingerollt wie ein Kind im Mutterleib. Dies konnte Mahti nicht entfernen. Manchen war vorherbestimmt, den eigenen Tod mit sich herumzutragen. Teolin würde es verstehen. Vorläufig hatte er zumindest keine Schmerzen.
    Mahti ließ den Geist durch den Körper des alten Mannes wandern, linderte die alten Brüche in der rechten Ferse und im linken Arm, presste den Eiter aus der Wurzel eines gesplitterten Backenzahns, löste die Körner in der Blase und den Nieren des Greises auf. Trotz des runzligen Aussehens war Teolins Glied noch stark. Mahti spielte das Lied eines Waldbrandes in seinen Hoden. In dem alten Mann steckte genug Kraft für weitere Feste; er sollte der Mutter ruhig mit einer weiteren Generation dienen, durch die sein edles, altes Blut fließen würde.
    Zuletzt verblieben nur alte Narben, längst verheilt oder als gegeben hingenommen. Aus einer Laune heraus spielte Mahti den Ruf der weißen Eule durch Teolins lange Knochen, dann lockte er die Seele zurück – herab in das greise Fleisch.
    Als er fertig war, stellte er überrascht fest, dass rosiges Sonnenaufgangslicht durch das Rauchloch hereinschien. Er war schweißüberströmt und zitterte, zugleich jedoch von einem Hochgefühl beseelt. Mahti fuhr mit den Händen die polierte Länge des Oo’lu hinab und flüsterte: »Wir werden große Dinge vollbringen, du und ich.«
    Teolin rührte sich und schlug die Augen auf.
    »Das Eulenlied hat mir verraten, dass du einhundertundachtzig Jahre alt bist«, teilte Mahti ihm mit.
    Der Greis kicherte. »Danke. Ich hatte längst zu zählen aufgehört.« Er streckte den Arm aus und berührte den Handabdruck auf dem Oo’lu . »Ich habe für dich eine Vision empfangen, während ich schlief. Ich sah den Mond, aber es war nicht der runde Mond der Mutter, sondern eine Sichel, spitz wie ein Schlangenzahn. Ich hatte diese Vision davor erst einmal vor nicht allzu langer Zeit, damals für eine Hexe aus dem Dorf im Adlertal.«
    »Hat sie erfahren, was sie bedeutete?«
    »Das weiß ich nicht. Sie ging mit einigen Orëskiri fort. Ich habe nie etwas über ihre Rückkehr gehört. Ihr Name ist Lhel. Falls du ihr auf deinen Reisen begegnest, grüß sie

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