Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
Korin gehört hatte. All ihre Generäle und Berater beharrten, dass ihres Vetters anhaltendes Schweigen als schlechtes Zeichen zu betrachten sei, und in ihrem Herzen vermutete sie, dass sie Recht hatten.
Gelangweilte Krieger stellten für alle eine Gefahr dar. Es gab Kämpfe zwischen gegnerischen Gruppen, Mord, Vergewaltigung und Diebstahl. Die Bestrafung der Schuldigen überließ sie den Adeligen, denen sie unterstellt waren, doch sie wusste, dass sie die Streitkräfte entweder einsetzen, oder sie nach Hause schicken musste.
»Arbeitsgruppen«, riet Tharin. »Die meisten sind Freisassen und Bauern, wenn sie in der Heimat sind. Lass sie arbeiten, und du hältst sie aus Schwierigkeiten heraus!«
Die meisten ihrer Adeligen zeigten sich zugänglich für den Vorschlag, und so stand ihr eine beträchtliche Anzahl von Männern zur Verfügung, um die Felder zu bestellen und die Aufräumarbeiten in der Stadt voranzutreiben.
Der Versuch, die Ordnung aufrechtzuerhalten, erwies sich als erschöpfendes und entmutigendes Unterfangen. Tamír war nicht dafür ausgebildet worden und spürte die Last all dessen als ihre persönliche Verantwortung.
»Wenn ich die Königin sein soll, die sie rettet, warum zeigt mir der Lichtträger dann nicht, wie?«, beschwerte sie sich Imonus gegenüber.
»Es hat bislang noch keinen einzigen Bericht über eine Seuche gegeben«, gab der Priester zu bedenken.
Aus Tamírs Sicht sorgte das jedoch nicht für volle Bäuche.
Aber sie hatte durchaus auch Unterstützung. Herzog Illardi besaß Erfahrung in derlei Dingen und nahm ihr viele der Bittsteller ab. Er wurde geachtet und verstand mehr von den Gepflogenheiten eines Hofs als ihre Kriegsherren. Schon bald wirkte er als ihr informeller Kanzler.
Auch Nikides erwies sich als unschätzbar. Er hatte von seinem berühmten Großvater aus erster Hand viel über die Belange des Hofprotokolls gelernt. Durch sein Taktgefühl, seine tiefreichenden Kenntnisse über Geschichte und Hofzeremonielle sowie eine Weisheit, die sein Alter überstieg, erlangte er rasch die Achtung sogar der älteren Landfürsten.
Tamír hatte die beiden bei all ihren Audienzen bei sich und ließ sich im Bedarfsfall von ihnen leiten.
Während dieser Zeit offenbarte sich Tamír auch eine andere Seite von Tharin. Sie hatte ihn immer als unerschütterlichen und unvoreingenommenen Mann, als wackeren Krieger und standhaften Freund gekannt. Nun entdeckte sie Scharfsinnigkeit in ihm, geboren aus den langen Jahren an ihres Vaters Seite am Hof und auf dem Schlachtfeld. Zwar hatte er nie danach getrachtet, andere anzuführen, doch er besaß eine hervorragende Menschenkenntnis und ein langes Gedächtnis. Dank ihres Vaters Macht und Einfluss am Hof gab es unter den höheren Adeligen kaum jemanden, dem Tharin noch nie begegnet war.
Eines Morgens tauchte ein junger Ritter mit einer Botschaft von Herzog Ursaris von Rabenfels auf. Der Herzog war am Vortag mit einer Streitkraft von fünfhundert Reitern und Soldaten eingetroffen, bislang jedoch noch nicht gekommen, um Tamír die Ehre zu erweisen.
Tharin kannte Ursaris aus ihren Tagen in Mycena und brachte Tamír unter vier Augen sein Misstrauen dem Mann gegenüber zum Ausdruck. »Er ist ein überzeugter Anhänger Sakors und verdankt deinem Onkel sowohl seinen Titel als auch seine Ländereien, die von einem Fürsten beschlagnahmt wurden, der Ariani die Treue hielt, nachdem Erius den Thron an sich gerissen hatte.«
Der Bote des Herzogs trat unruhig von einem Bein aufs andere, bis Tamír ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte. Dann verneigte er sich tief, wobei er aussah wie ein Mann, der eine unangenehme Aufgabe zu erfüllen hatte. »Ich bin Sir Tomas und überbringe Grüße von Seiner Gnaden Herzog Ursaris, Sohn des Melandir, an …« Er schluckte unbehaglich. »… an Prinz Tobin von Ero.«
Tharin suchte Tamírs Blick und zog leicht eine Augenbraue hoch. Mit einem kaum merklichen Nicken gab sie ihm zu verstehen, dass sie seine Warnung verstanden hatte, und bedachte den jungen Mann mit einem strengen Blick. »Ihr könnt Eurem Herrn bestellen, dass ich nicht mehr Tobin bin. Wenn er Verhandlungen wünscht, soll er selbst herkommen und mich mit meinem richtigen Namen begrüßen.«
»Ihr könnt ihm auch ausrichten, dass er künftig keinen bekannten Langfinger unter dem ehrenwerten Banner eines Herolds schicken soll, um die Lage auszukundschaften«, fügte Tharin hinzu und bedachte den erschrockenen Burschen mit einem finsteren Blick.
»Ich bin ein
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