Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
erinnerte Arkoniel sie lachend, wenn sie in den folgenden Tagen bisweilen murrte. Ständig kam jemand mit einer Frage über Magie zu ihr, und die Kinder waren allgegenwärtig. »Du bist Tamírs Beschützerin. Natürlich wenden sie sich an dich.«
»Beschützerin, wie?«, brummte Iya. »Sie spricht immer noch kaum mit mir.«
»Mir gegenüber hat es sich ein wenig gebessert, trotzdem ist sie nach wie vor argwöhnisch. Glaubst du, sie ahnt die Wahrheit?«
»Nein, und wir müssen sie hinhalten, so lange wir können, Arkoniel. Sie kann im Augenblick keine Ablenkung gebrauchen, und sie braucht uns noch. Vielleicht wird sie nie danach fragen. Es wäre besser so.«
Mit Dylias’ Hilfe hielten sie bestmöglich über das Meer hinweg Wache in Richtung Plenimar. Andere weilten abwechselnd in Tamírs Nähe, um sie vor etwaigen Bedrohungen zu beschützen. Letzteres musste äußerst taktvoll erfolgen, da sich viele von Tamírs neuen Verbündeten unverhohlen misstrauisch gegenüber ihresgleichen zeigten.
Iya misstraute ihrerseits etlichen dieser Adeligen und Krieger in selbem Maße. Eyoli hatte sich von seinen Verletzungen erholt und seinen Wert bereits unter Beweis gestellt. Der junge Geistvernebler konnte jedes beliebige Lager betreten und sich frei darin bewegen, praktisch unbemerkt lauschen und beobachten. Gepaart mit Arkoniels seltsamem neuem Blutbann und Tharins langem Gedächtnis dafür, wer treu war und wer zu Ränkespielen neigte, fand Iya, dass Tamír so gut geschützt war, wie sie konnten.
Auch im Hohepriester des Orakels, Imonus, fand sie einen Verbündeten. Der Mann war die ganze Zeit geblieben und ließ keine Anzeichen erkennen, abreisen zu wollen. Er und die beiden anderen, die mit ihm gekommen waren, Lain und Porteon, verbrachten die Tage damit, sich um den behelfsmäßigen Tempel der Stele zu kümmern, wie er genannt wurde. Täglich suchten Menschen den Ort auf, um die Tafel zu sehen und von den Lippen des Hohepriesters zu hören, dass ihre neue Königin in der Tat die von Illior Auserkorene war.
Imonus hatte die überlebenden Priester Illiors aus Ero versammelt und dazu angehalten, behelfsmäßige Tempel in den Lagern zu errichten. Den größten bauten er und seine Priester. Unter einem Baldachin im Hof von Illardis Anwesen, ein Stück innerhalb der Tore, stellten sie die goldene Gedenktafel und Kohlenbecken für Opfergaben auf. Jeder, der kam, um Tamír zu sehen, musste daran vorbei und wurde von der Prophezeiung an ihr Recht auf die Herrschaft erinnert.
Imonus sprach mit der Befehlsgewalt des Lichtträgers, und die frommen Menschen glaubten ihm. Sie ließen kleine Opfergaben in Form von Blumen und Münzen in den Körben am Fuß der großen Tafel zurück und berührten sie, auf dass sie ihnen Glück brächte. So mittellos die meisten waren, sie trieben dennoch Lebensmittel auf, die sie den Priestern brachten, und legten schrumplige Apfel und Brotscheiben in die zugedeckten Körbe. Danach warfen sie ihre Wachsgaben und Federn auf die Zierkohlenbecken aus Bronze, die aus einem Tempel in Ero gerettet worden waren. Sie brannten Tag und Nacht, füllten die Luft mit dem Wohlgeruch des durchdringenden Weihrauchs der Anhänger Illiors und dem beißenden Nebengeruch verbrannter Federn. Imonus und seine Brüder waren stets zugegen, schürten die Feuer, verteilten Segen, deuteten Träume und boten Hoffnung.
Den meisten Priestern begegnete Iya mit einem gewissen Argwohn. Sie hatte zu viele gesehen, die sich durch falsche Versprechen und Prophezeiungen nur bereichert hatten. Imonus jedoch schien aufrichtig und Tamír ergeben zu sein.
»Unsere Tochter des Thelátimos ist stark«, meinte er, als er und Iya nach dem Abendmahl in der großen Halle beisammensaßen. »Sie ist wortgewandt, und ich kann sehen, wie sie die Herzen derer mit Zuversicht erfüllt, mit denen sie spricht.«
»Ja, das ist mir auch aufgefallen. Ob sie vielleicht einen Hauch von Illiors Eingebung besitzt?«
»Mehr als einen Hauch«, erwiderte Imonus. »Sie glaubt mehr an Erbauen als an Macht. Das wird ihr sowohl ein Segen als auch eine Bürde sein.«
»Ist das eine Prophezeiung?«, fragte Iya und musterte ihn mit hochgezogener Augenbraue über den Kelchrand hinweg.
Er lächelte nur.
Kapitel 12
Als die sonnigeren Tage des Nythin länger wurden und die Straßen trockneten, fand Tamír heraus, dass die Neuigkeiten über die Zerstörung Eros und ihre eigene Verwandlung nicht immer Hand in Hand gereist waren. Verwirrte Gesandte trafen
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