Tango Vitale
völlig unerklärliche Weise ein.
Die kleine Marianne, sieben Monate alt, sitzt im Kinderwagen. Weil ihre Mutter als Geschäftsfrau tagsüber keine Zeit hat, geht ein Kindermädchen mit ihr spazieren. Um zum Park zu gelangen, muss man eine stark befahrene Brücke überqueren. Dabei gerät das Kindermädchen zwischen ein Postauto und einen Lastwagen. In Panik lässt es den Kinderwagen los und rettet sich selbst mit einem Sprung auf den Gehweg. Der Kinderwagen wird zwischen den beiden Autos wie eine Pappschachtel zusammengedrückt. Das Kissen, mit dem Marianne zugedeckt ist, fliegt einige Meter durch die Luft und landet auf der Straße. Wie von Zauberhand wird das Kind unversehrt darauf geschleudert. Alle sprechen von einem Wunder.
40 Jahre später kommt Marianne zufällig mit einem Herrn aus ihrem Heimatort ins Gespräch. Dabei stellt sich heraus, dass er in dem Postbus gesessen hat, der damals an dem Unfall beteiligt war. »Wir haben alle geglaubt, das überlebt niemand«, erinnerte er sich.
Für die Wahrheit dieser Geschichte verbürge ich mich auch persönlich: Marianne ist meine Mutter.
Ein ähnlich wunderbarer Vorfall ereignete sich kürzlich in Hamburg. Als ich in der Zeitung davon las, bekam ich eine Gänsehaut und dachte: »Da hat das Schicksal in letzter Minute rettend eingegriffen.«
|17| Der obdachlose Jens hat in einem Papiercontainer in der Nähe einer Fabrik ein Nachtquartier gefunden, hier ist es immerhin warm und trocken. Er hat getrunken, jetzt will er seinen Rausch ausschlafen. Dabei hört er nicht, wie ein Müllwagen auf das Gelände rollt. Er spürt auch nicht, wie die Greifer des Fahrzeugs den Container in die Luft heben. Zusammen mit dem Altpapier fällt der Mann unbemerkt in das Müllfahrzeug. Als sich der Wagen wieder in Bewegung setzt, beginnt die Rotationsschraube im Inneren das Papier zusammenzupressen. Jens schreit um Hilfe, doch bei den lauten Motorengeräuschen kann ihn keiner hören. Kurz bevor seine Beine im Mahlwerk feststecken, hält der Wagen plötzlich an. Das rettet Jens das Leben. Der Fahrer hat den Seitenspiegel eines geparkten Autos gestreift und steigt aus, um den Schaden zu begutachten. Er traut seinen Ohren nicht, als er aus dem Inneren des Wagens Hilferufe hört. Unverletzt, nur mit einer Risswunde an der Stirn, steigt Jens heraus. 3
Facette 4: Das Schicksal verteilt Geschenke
Das Schicksal zeigt sich manchmal unverhofft großzügig. Wohl deshalb wird Fortuna, die Glücksgöttin der römischen Mythologie, auf Abbildungen gerne mit einem großen Füllhorn dargestellt, aus dem sie üppig und unabhängig vom Ansehen verteilt. Ein Sinnbild dafür, dass das Schicksal in Form von Ruhm oder Reichtum unerwartet Menschen treffen kann, die ohne eine schicksalhafte Wendung niemals dazu gekommen wären.
Wer hätte zum Beispiel geglaubt, dass eine bescheidene Bäuerin, die ihr Leben lang für ein kärgliches Auskommen geschuftet hat, plötzlich berühmt und auf ihre alten Tage wohlhabend wird?
Anna Traunspurger, in eine niederbayerische Bauernfamilie geboren, hat ein hartes Leben. Die Mutter stirbt früh, schon mit acht Jahren |18| muss Anna den Haushalt und ihre Geschwister versorgen. Mit 20 Jahren heiratet Anna den 23-jährigen Landwirt Albert Wimschneider. Elf Tage nach der Hochzeit wird Albert als Soldat eingezogen, der Zweite Weltkrieg hat begonnen. Anna bewirtschaftet den Hof alleine und betreut die pflegebedürftige Verwandtschaft. Meist beginnt sie um zwei Uhr nachts mit der Arbeit. Ihr Mann kehrt schließlich schwer verwundet aus dem Krieg zurück, das Paar bekommt drei Töchter.
Nachdem Anna Wimschneider an Asthma und Diabetes erkrankt ist und schon mehrere Male von einem Priester die letzte Ölung erhalten hat, schreibt sie 1983 ihre Lebenserinnerungen für ihre Kinder und Enkel auf. Auf Umwegen gelangt das Manuskript zufällig an einen Verlag, der es veröffentlicht. Von dem Buch
Herbstmilch
werden mehr als zwei Millionen Exemplare verkauft, es wird erfolgreich verfilmt. Für ihre durch das Buch bekannt gewordene Lebensleistung zeichnet man Anna 1990 mit dem Bundesverdienstkreuz aus.
Facette 5: Das Schicksal bringt an die richtige Stelle
Das Schicksal sorgt häufig durch unerwartete Ereignisse dafür, dass Menschen an diejenige Lebensaufgabe herangeführt werden, für die sie die besten Voraussetzungen mitbringen. Ahnungslos laufen sie so lange in die falsche Richtung, bis das Schicksal sie auf den passenden Kurs bringt. Genau dorthin, wo sie am
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