Tango Vitale

scheinbar einmalige Gelegenheit am Ende als Enttäuschung und Selbstbetrug.
     
    Sylvia, Ärztin im Praktikum, hatte keine einfache Kindheit. Ihre Stiefmutter ließ sie spüren, dass sie unerwünscht war. Der Vater ging völlig in seiner Arbeit auf und kümmerte sich kaum um seine Tochter. |199| Sylvias Selbstbewusstsein war nicht besonders ausgeprägt. Obwohl sie eine hübsche junge Frau war, hielt sie sich für unattraktiv. Im Krankenhaus lernte sie einen 20 Jahre älteren Patienten kennen, der dort mit einem komplizierten Beinbruch lag. Enno umwarb sie. Als Besitzer eines gut gehenden Restaurants konnte er ihr einiges bieten und verwöhnte sie. Schließlich machte er ihr einen Heiratsantrag. Sylvia redete sich ein, das sei ihre Chance. Einen Mann, der sie so liebte wie Enno, würde sie bestimmt nie wieder finden. Inzwischen ist sie geschieden. Rückblickend sagt sie: »Ich habe mir eingeredet, das wäre ein Glücksfall, die Liebe würde schon noch kommen. Jetzt weiß ich, ich hätte auf mein Gefühl hören sollen. In mir war keine Zuneigung für Enno, höchstens Dankbarkeit für seine Fürsorge. Das reichte auf die Dauer nicht.«
     
    Setzen Sie sich nicht darüber hinweg, wenn Sie bei dem Gedanken an eine günstige Gelegenheit keine Freude empfinden und lediglich vernünftige Argumente dafür sprechen. Ihr Unterbewusstsein hat das Angebot längst mit Ihrer Persönlichkeit abgeglichen und Ihnen über Ihr Unlustgefühl das Ergebnis präsentiert. Das sollten Sie keinesfalls ignorieren. Sicher können wir uns nicht immer aussuchen, was wir tun wollen, doch zumindest auf Kairos bezogen hat der amerikanische Unternehmensberater Jack Canfield Recht, der klipp und klar sagt: »Wenn du keinen Spaß daran hast, dann lass es.«
    Beste Voraussetzungen
    Vielleicht wenden Sie nun ein: »Mir ist schon klar, auf welchem Gebiet Kairos für mich eine Rolle spielen könnte. Ich traue mir auch zu, ihn zu erkennen und dann beim Schopf zu greifen. Mein Problem ist nur: Bis jetzt ist er noch nicht aufgetaucht.« Leider lassen sich Götter von uns Sterblichen nichts befehlen. Aber wir haben zumindest Möglichkeiten, |200| günstige Bedingungen für einen Kairos auf einem bestimmten Gebiet zu schaffen:
     
Sie können sich vorbereiten.
Sie können einen passenden Ort aufsuchen.
    Wir können uns auf Kairos vorbereiten
    Wenn engagierte Menschen unerwartet eine Chance bekommen, ist sie häufig der Lohn für ihre disziplinierte Vorbereitung. Der Erfinder Thomas Alva Edison hat es auf den Punkt gebracht: »Erfolg hat nur, wer etwas tut, während er auf den Erfolg wartet.« Wie auch schon das Sprichwort sagt: »Das Glück ist mit dem Tüchtigen.« Glück in diesem Sinne ist oft mit Kairos identisch.
     
    Mia ist Fitnesstrainerin. Neben ihren Kursen in einem Fitness-Center bildet sie sich regelmäßig weiter. Ihren letzten Urlaub verbrachte sie in den USA, um sich über die neuesten Trends zu informieren. Sie hat sogar eigene Methoden entwickelt, die sie gerne einem breiteren Publikum zugänglich machen würde. Leider zeigten die Zeitschriftenredaktionen, denen sie das vorschlug, kein Interesse. Seitdem lagen ihre Ideen ungenutzt in der Schublade. Nebenbei arbeitet Mia auch noch als Personal Trainerin. Kürzlich wurde sie von einer Kollegin an den Chefredakteur eines Männermagazins vermittelt, dem der Arzt zu mehr Bewegung geraten hatte. Von Mias Training war er so begeistert, dass er ihr anbot, regelmäßig Fitness-Programme für sein Blatt zu schreiben. Mia griff mit Freuden zu, zumal sie ja die Vorarbeit dazu bereits erledigt hatte. Die neue Tätigkeit bringt ihr nicht nur mehr Geld und macht sie bekannt, sondern erfüllt auch ihren Wunsch, ihre Kenntnisse zu verbreiten.
     
    |201| Wie und worauf Sie sich vorbereiten, hängt natürlich von Ihrem Ziel ab. Vielleicht unterzeichnen Sie heute schon einen Bausparvertrag, damit Sie Ihr Traumhaus finanzieren können, wenn Sie es finden. Sie achten auf Ihr Äußeres, um so vielleicht die große Liebe anzuziehen. Oder Sie melden sich für einen Fernstudium an, um Ihre Karrierechancen zu erhöhen. Eine passionierte Reiterin drückte es einmal so aus: »Man sollte immer einen Sattel bei sich tragen, es könnte ein Pferd vorbeikommen.«
    Wir können Kairos entgegengehen
    Erfolgreiche Leute sprechen oft bescheiden davon, sie seien halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Das klingt eher zufällig. Was dabei gerne unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass viele von ihnen den richtigen Ort