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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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alt war Lucasta, als du sie kennenlerntest?«, fragte ich.
    Sie war neunzehn , und sie strotzte vor der schier unerschöpflichen Energie eines Teenagers .
    Keine Verrichtung war unter ihrer Würde . Wo immer es nötig war , packte sie mit an , egal , ob es darum ging , Bettpfannen auszuleeren oder Papierkram zu erledigen . Ich konnte mit ihrem Tempo kaum Schritt halten . Abgesehen davon war sie hübsch und hat stets auf ihr Äußeres geachtet . Der Oberschwester war ihre elegante Aufmachung natürlich ein Dorn im Auge , aber Lucasta ließ sich von ihr nicht im Mindesten einschüchtern . Unwillkürlich hatte sie erfasst , dass der Anblick eines hübschen Mädchens die Stimmung eines verwundeten Soldaten heben und seine Genesung beschleunigen konnte , und deshalb zog sie sich so adrett an . Sie brachte Farbe , Frische und Fröhlichkeit zu Männern , die fast vergessen hatten , dass es so etwas im Leben noch gab .
    Allmählich wurde Lucasta vor meinem inneren Auge lebendig, unermüdlich, fröhlich, umsorgend – und jung, so blutjung. Was für ein brutaler Schock, fragte ich mich, hatte diese funkelnde Kreatur, dieses betörende Mädchen in eine verbitterte Einsiedlerin verwandelt, die sich von Tee und Toast ernährte und ihrem Hass?
    »Was ist ihr zugestoßen, Dimity? Warum hat sie sich so sehr verändert?«
    Niemand hat es geschafft , unbeschadet den Krieg zu überstehen , Lori . Lucasta hatte Verluste erlitten , die ihr Herz zerrissen haben .
    »Das hast du auch«, rief ich ihr sanft ins Gedächtnis zurück, »aber dich hat dein Leid nicht zu einer Einsiedlerin werden lassen.«
    Es stimmt zwar , dass auch mein Verlobter im Krieg fiel , aber dennoch war meine Situation eine andere . Als Bobby fiel , war ich älter als Lucasta , als sie ihren Verlobten verlor . Ich hatte ein weniger behütetes Leben geführt . Also war ich besser darauf vorbereitet , trotz allem weiterzumachen , trotz meines Schmerzes . Und …
    Ich hielt den Atem an, als die Handschrift plötzlich erstarb; als sie auch ein paar Augenblicke später nicht wieder erschien, entfuhr mir ein kleiner Schrei der Verzweiflung. »Bitte lass mich nicht so in der Luft hängen, Dimity. Catchpole konnte uns nicht sagen, was passiert ist, weil er es nicht weiß. Lucasta hat sich weder ihm noch seinen Eltern anvertraut. Wenn du des Rätsels Lösung weißt, dann sag es mir bitte.«

    Ich wollte gerade hinzufügen , dass ich mit meinem Verlust besser fertig wurde als Lucasta , weil ich nicht von denjenigen betrogen wurde , denen ich diente , wie ihr es widerfuhr .
    Ich setzte Reginald von meinem rechten auf den linken Arm und schob den Docht der Lampe etwas höher, sodass ich Dimitys Antwort auf meine nächste Frage besser lesen konnte.
    »Inwiefern wurde sie betrogen, Dimity?«
    Ich habe es mehr zufällig herausgefunden . Eines Tages arbeitete ich im Headquarter noch bis spät in der Nacht , als ich die Unterhaltung zwischen zwei ranghohen Offizieren mithörte . Etwas war in Ladythorne vorgefallen . Ein Diebstahl . Miss Lucasta DeClerke glaubte , dass einer der amerikanischen Offiziere , die damals zur Genesung auf Ladythorne weilten , ein äußerst wertvolles Familienerbstück gestohlen habe .
    Doch es handelte sich um eine pauschale Vermutung , ohne dass sie jemand Besonderes verdächtigte , jedenfalls verlangte sie von den Militärbehörden , dass der Schuldige ermittelt und bestraft wurde und dass man ihr das Diebesgut zurückerstattete .
    »Und niemand hat ihr geglaubt«, fügte ich eifrig hinzu, während ich mich Catchpoles Worte erinnerte. »Catchpole hat uns erzählt, dass die Angelegenheit unter den Tisch gekehrt wurde, dass die Behörden sie abblitzen ließen, weil sie keine diplomatische Missstimmigkeiten zwischen den Alliierten aufkommen lassen wollten, wo das Ende des Krieges doch so nah war.«
    Aber das war nicht alles , fürchte ich . Lucasta hat ihrem Ansinnen offensichtlich dadurch geschadet , dass sie wichtige Informationen zurückhielt . Sie hatte keinerlei Beweise dafür , dass der Diebstahl überhaupt stattgefunden hatte . Sie weigerte sich , jemandem zu zeigen , wo das gestohlene Erbstück aufbewahrt worden war , auch hat sie keinen Anwalt zu Rate gezogen . Selbst wenn die Militärbehörden zu einem derart heiklen Zeitpunkt bereit gewesen wären , eine Untersuchung einzuleiten , wären ihnen die Hände gebunden gewesen , denn sie konnten weder Beweismaterial sammeln noch irgendwelchen Hinweisen nachgehen .
    Ich seufzte. »Ich nehme an, dass sie

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