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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Krankenhauszimmer erzeugen.
    Da Schwester Willoughby bei meiner Ankunft nicht auf der Station war, ging ich gleich weiter zu Miss Beachams Zimmer, ohne mich anzumelden. Vor der Tür blieb ich kurz stehen, um mein kleines Geschenk noch einmal zu überprüfen.
    Nervös wie ein Schulmädchen, das unbedingt einen guten Eindruck auf seine Lehrerin machen will, zupfte ich das Seidenband zurecht, dann trat ich ein.
    »Guten Morgen, Miss Beacham!«, rief ich fröhlich. »Sie werden nie darauf kommen, was ich …«
    Ich geriet ins Stocken, dann verstummte ich ganz, während mein Verstand noch versuchte zu verarbeiten, was meine Augen sahen.
    Es war nicht nur so, dass das Bett leer war. Es war schon öfter verwaist gewesen, wenn Miss Beacham gerade zu einer Untersuchung oder Behandlung gebracht worden war. Nein, diesmal war das Bett nicht nur leer – es fehlte einfach alles. Die sauberen weißen Laken, die Kissen, die leichte grü ne Wolldecke waren verschwunden.
    Auch die Infusionsständer waren fort, und die über dem Bett hängenden Überwachungsmonitore waren ausgeschaltet und an die Wand geschoben worden. Die Pferdebilder, die meine Söhne gezeichnet hatten, lagen nicht mehr auf dem Beistelltisch, und auch die Disraeli-Biografie fehlte. Das Zimmer roch nach Desinfektionsmitteln, als wäre es vor kurzem gereinigt worden.
    »Miss Beacham?«, fragte ich kleinlaut.
    Hinter mir ging die Tür auf.
    »Da sind Sie ja.« Schwester Willoughby schloss die Tür und stellte sich neben mich. »Ich hatte gehofft, Sie abzufangen, aber dann gab es auf der Station einen Notfall.«
    Ich sah der rothaarigen Schwester ins Gesicht.
    »Wo ist sie?«
    »Es tut mir leid, Lori. Miss Beacham hat uns verlassen.«
    Ich verstand, was sie meinte, weigerte mich aber, es zu glauben. »Sie ist heimgegangen, meinen Sie? Nach Hause, in ihre Wohnung? Aber das ist ja wunderbar! Sie müssen mir ihre Adresse geben, damit ich …«
    »Nein, Lori, so hab ich das nicht gemeint.«
    Schwester Willoughby straffte die Schultern und erklärte mit fester Stimme: »Miss Beacham ist tot.
    Sie ist vor einer Stunde gestorben. Ich habe noch versucht, Sie in Ihrem Cottage zu erreichen, aber Annelise hat mir gesagt, dass Sie schon aufgebrochen waren. Und Ihr Handy …«
    »… war ausgeschaltet«, murmelte ich benommen. »Bill mag es nicht, wenn ich beim Autofahren telefoniere. Beide Hände aufs Lenkrad und die Augen auf die Straße …« Ich sah zum leeren Bett hin über und schaute gleich wieder weg.
    »Ihr Zustand hatte sich abrupt verschlechtert«, sagte Schwester Willoughby sanft. »Wir hatten keine Möglichkeit, sie zu retten.«
    Ich nickte.»War jemand bei ihr, als sie …?«

    »Die Stationsschwester saß an ihrem Bett.«
    Schwester Willoughby hob beschwichtigend die Hand. »Und bevor Sie anfangen zu lamentieren, lassen Sie mich sagen, dass ich inbrünstig hoffe, jemanden wie unsere Stationsschwester bei mir zu haben, wenn mir mal die Stunde schlägt. Sie haben nur ihre autoritäre Seite kennengelernt, aber ich habe sie am Bett von sterbenden Patienten gesehen.
    Es gibt keine bessere Schwester.«
    »Na gut«, gab ich mich geschlagen. Müde legte ich mir eine Hand an die Stirn. Ich fühlte mich verwirrt und wusste nicht so recht, was ich als Nächstes tun sollte. »Haben Sie ihren Bruder benachrichtigt?«
    »Noch nicht«, seufzte die Schwester. »Wir konnten seine Adresse nicht ermitteln.«
    »Aber er ist doch ihr nächster Angehöriger!«, rief ich. »Sein Name müsste irgendwo vermerkt sein.«
    »Sollte er, ist er aber nicht.« Schwester Willoughby presste missbilligend die Lippen zusammen. »Leider ist Roberta Lewis von der Verwaltung nicht aufgefallen, dass das Formular unvollständig ausgefüllt war. Dass die Adresse fehlt, haben wir erst gemerkt, als wir heute früh nachgeschaut haben.«
    Ich runzelte bestürzt die Stirn. »Wenn der Bruder unauffindbar ist, wer kümmert sich dann um die Beerdigung?«

    »Es wird keine Beerdigung geben. Miss Beacham hat ihre Einäscherung verfügt. Die Anweisung liegt bei ihrem Anwalt.«
    »Und ihre Asche?«, setzte ich nach. »Was geschieht damit?«
    »Das weiß ich nicht, Lori. Aber ich werde es herausfinden.« Schwester Willoughby hielt etwas in die Höhe. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es die Pferdebilder und die Biografie waren, die ich Miss Beacham geschenkt hatte. »Ich dachte mir, dass Sie das hier gerne wiederhätten.«
    »Ja.« Ich nahm das Buch und die Zeichnungen entgegen und reichte der Schwester den

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