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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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spontanen Runden und bewiesen eine verblüffende Fä higkeit, sich auf die verschiedensten Situationen einzustellen. Wenn ein alter gichtkranker Bauer ein bisschen Trubel in seinem Haus sehen wollte, tollten Will und Rob mit dem größten Entzücken herum. Zog ein Nachbar dagegen Stille und Frieden vor, setzten sich die Jungs mit ihrem Kasten Wachsmalstifte auf den Boden und verewigten ihre Umgebung für die Nachwelt. Bald standen ihnen sämtliche Keksdosen offen, und ihre Ankunft rief überall ein Grinsen statt einer Grimasse hervor.
    Ich will keinen falschen Eindruck erwecken.
    Nicht immer war ich die strahlende Fee, die mit ihren Gaben Pirouetten drehend durchs Dorf wirbelte und gute Laune verbreitete. Auch ich hatte mitunter schlechte Laune, meine faulen Tage und Tage, an denen mir nichts anderes einfiel, als Schuhe zu kaufen. Aber in der Zeit dazwischen gab ich mir redlich Mühe, mein Bestes zu tun. Und selbst wenn mir das nicht gelang – was wegen meiner spitzen Zunge, einem Hang zur Sturheit und meinem irgendwie schnell erregbaren Temperament mit erschreckender Regelmäßigkeit der Fall war –, schlief ich in den Nächten trotzdem besser, wusste ich doch, dass ich es zumindest versucht hatte.
    Aufgrund einer Kette überaus merkwürdiger Umstände war ich Schirmherrin des Oxforder Obdachlosenasyls der St. Benedict’s Church geworden, das ich seit ein paar Jahren zweimal wöchentlich besuchte. Als Vorsitzender des Förderkreises war es mir gestattet, Töpfe zu scheuern, Betten zu machen und großzügige Schecks auszustellen. Ich hoffte, mich so weit nach oben zu arbeiten, dass ich eines Tages auch die Badezimmer putzen durfte.

    Will und Rob begleiteten mich auch bei diesen Fahrten und erwarben sich unter den Obdachlosen, die das Asyl ihr Zuhause nannten, eine ergebene Anhängerschar. Obwohl mich bei einigen ihrer schillerndsten Bewunderer gewisse Bedenken beschlichen, hatte ich im Laufe der Jahre gelernt, nicht allzu deutlich zu erbleichen, wenn meine kleinen Jungs auf offener Straße mit strahlenden Augen stehen blieben, ihren Lieblingsbettler namentlich ansprachen und mit ihren Piepsstimmen klar vernehmbar fragten: »Gute Geschäfte gemacht, Mr Big Al, oder haben die Kunden geknausert?«
    Es gab natürlich auch Zeiten, in denen ein Ausbruch bester Gesundheit im Dorf und eine Flaute in den Gemeindeaktivitäten dafür sorgten, dass ich bis auf meine Pflichten im St.-Benedict’s-Asyl nicht viel zu tun hatte. Und es war in einer dieser unproduktiven Phasen, als ich in ein Projekt stolperte, das mich zu einer völlig unerwarteten Entdeckungsreise führen sollte.
    Angeregt wurde dieses Projekt von Lucinda Willoughby. Ich hatte die rothaarige Frau mit dem runden Gesicht beim Besuch einer kranken Freundin in dem renommierten Oxforder Krankenhaus Radcliffe Infirmary kennengelernt. Damals war sie noch Schwesternschülerin gewesen, aber inzwischen hatte sie die Ausbildung mit sämtlichen Qualifikationen abgeschlossen, und wann immer wir uns zum Mittagessen in der Krankenhauscafeteria trafen, fühlte sie sich mehr als qualifiziert, sich über die Welt im Allgemeinen zu äußern.
    »Das ist doch wirklich eine Schande«, erklärte sie bei einem dieser Anlässe. »Stell dir vor, Lori, der alte Mr Pringle liegt hier nun schon seit drei Tagen, und nicht eines seiner Kinder hat es für nö tig befunden, ihn zu besuchen. Ich tue, was ich kann, um ihn aufzumuntern, aber ich habe sowieso schon alle Hände voll zu tun. Es ist schwer genug, krank und alt und obendrein Witwer zu sein, aber derart von den eigenen Kindern im Stich gelassen zu werden …« Sie schnalzte angewidert mit der Zunge. »Eine Schande !«
    Mit ihrer Empörung rannte sie bei mir offene Türen ein. Ich musste an einen Freund denken, der fast drei Wochen lang auf der Intensivstation gelegen hatte, ohne auch nur ein Wort von seiner Familie zu hören. Und spontan beschloss ich, etwas für Menschen zu tun, die in vergleichbaren Situationen alleingelassen wurden.
    Nachdem ich den Segen der Krankenhausverwaltung erhalten hatte, wurde ich die erste ehrenamtliche Besucherin des Radcliff Hospital. Schwester Willoughby behielt all die Patienten im Auge, die aus welchem Grund auch immer von ihren lieben Angehörigen vernachlässigt wurden, und ließ es mich wissen, sobald meine Dienste benötigt wurden. Zu meiner Freude kann ich sagen, dass das nicht oft der Fall war, aber wenn ich gebraucht wurde, war ich zur Stelle.
    Aus Rücksicht auf die Gefühle der Patienten

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