Tanz der Aranaea (German Edition)
unsere Bräuche, da gibt es deren viele. Zum Beispiel das Regenfest. Wenn es lange nicht mehr geregnet hat, dann machen wir eine Regenbraut. Wir nehmen ein Holzkreuz und schmücken es mit Kleidern und hängen auch viele Ringe aus Gold und Perlen und was es sonst noch an schöne Dinge gibt. Ist die Regenbraut fertig, dann versammeln wir uns alle um sie, und beten. Sehr schön ist bei uns der Heiratsmarkt. Ein richtiges Fest. Eigentlich ist es ein Dromedarmarkt. Die Frauen und auch die Jungfrauen sind bei uns nicht verschleiert, nur die Jungfrauen müssen eine kurze Haube tragen. Auf dem Heiratsmarkt, oder dem Dromedarmarkt, dürfen sich die Heiratswilligen nur kennen lernen. Haben sich zwei Menschen gefunden und möchten heiraten, wird erst nach Zustimmung und Aushandeln des Brautpreises zwischen Vater und Bräutigam, die Erlaubnis erteilt. Wenn eine Frau sich Scheiden lässt, dass ist bei uns möglich, und sie möchte einen neuen Ehemann, dann besucht sie wieder den Heiratsmarkt, und kann sich ihren Mann selbst aussuchen und ohne Genehmigung heiraten. Später kommt jemand von der Regierung und macht alles offiziell. Abschließend möchte ich noch sagen, dass es vielleicht der falsche Weg ist, den Teufel zu steinigen. Der Teufel ist ein gefallener Cherub, und als es noch das Paradies gab, hat der Teufel gebetet. Zu Gott dem Allmächtigen hat er gebetet. Wenn die Menschen nichts Böses mehr tun, dann wird der Teufel wieder beten und zurück in die himmlischen Heerscharen kehren. Ihr könnt schon jetzt damit anfangen, kehrt um nach Europa, ändert euer Leben und tut nichts Böses.«
Ich sah zu Sabi Loulou und Zouzou, und ihre Blicke sagten mir, dass es kein Zurück mehr geben würde. Wir befanden uns bereits zu tief in diesem Unternehmen. Wir würden keinen Ort in Europa lebend erreichen. Alle Geheimdienste der westlichen Welt wären sich in diesem Punkt einig. Und nachdem Henri Lefebre die beiden KGB Agenten in unserer Anwesenheit tötete, wäre auch vom KGB keine Gnade zu erhoffen. Der Teufel wird noch lange Zeit nicht zum Beten kommen. Um die Situation noch ein wenig zu retten, überging ich die letzten Sätze von Asissa und sagte:
»Ihr habt interessante Bräuche liebe Asissa. Ihr glaubt an Allah und trotzdem gibt es für euch Marabouts, Zaubermittel, Talismane und Geisterbeschwörung?«
»Grundsätzlich lieber Francesco, für uns Berber und wie für die Araber, gelten die fünf Säulen des Islam. Die erste Säule, das Glaubensbekenntnis heißt, es ist kein Gott als Gott, und Mohammed ist sein Prophet. Es gilt: La ilaha illa Allah Muhammad Rasul Allah. Wir Aitatidou sind Berber unter vielen Berberstämme, und keine Araber. Wir besaßen schon eine Religion lange bevor uns die Araber den Islam brachten. Es ist doch bei euch Christen ähnlich. Bevor es die christlichen Lehren gab, da waren vorher auch schon verschiedenen Religionen in Europa, und einige dieser Brauchtümer finden sich bestimmt noch in euerer christlicher Religion?«
»Wie bist du nach Algerien gekommen, Willi?«, fragte ich Willi Oberleitner, der inzwischen seine, oder besser unsere Angelegenheit in die richtigen Bahnen gelenkt hatte.
»Ohje, Francesco, dass ist eine lange Geschichte. Zouzou und Sabi Loulou kennen diese Geschichte schon in- und auswendig.«
»Erzähle Willi. Ich bin schon richtig gespannt!«
»Francesco, nimm dir noch eine Scheibe von dem Lammrücken!«, rief Asissa aus der Küche.
Willi “Sidi Abijahd“ Oberleitner erzählte:
»Also damals als wir in den Kufra-Oasen angekommen waren, hatten mir die Engländer, wie versprochen einen Pass für Südafrika ausgestellt. Du, Francesco, fuhrst ja direkt danach weiter nach Kairo, und ich blieb noch etwa zwei Wochen in Kufra. Die Engländer hatten mich ausgequetscht wie eine Zitrone. Ich hatte ihnen nur das erzählt, was man so als Mannschaftsdienstgrad damals wusste. Das war nicht viel. Sie waren trotzdem fair und stellten mir wie gesagt meine neue Identität zusammen. Von Alexandrien aus, flogen wir dann nach Malta. Wenige Meilen vor Malta gerieten wir in einen deutschen Fliegerangriff der auf den Hafen Valletta gerichtet war, und wir wurden dabei schwer getroffen. Unser Pilot konnte seine Maschine noch auf das offene Meer hinaus manövrieren, aber dann mussten wir doch mit den Fallschirmen abspringen. Ein italienischer Hilfskreuzer hatte uns herausgefischt, und brachte uns nach Neapel. Sie überstellten mich der deutschen Militärbehörde. Francesco, was
Weitere Kostenlose Bücher