Tanz der Dämonen
unterbrach ich.
Bär grinste. »Als Vater wohl. Aber zu dieser Skorpion-Bande hat er gehört. Das ist sicher.«
»Und an wen denkst du noch?«
»Da ist der Mann mit der Armbrust, wie du ihn nennst. Er hat dich schon wieder gerettet …«
»Aber warum? Der hätte sich doch längst zu erkennen geben können! Außerdem ist das ein brutaler Kerl. Meine Mutter hätte ihn nicht gemocht!«
»Ach, weißt du …«
»Nein!«
»Du bist allzu wählerisch. Wäre dieser seltsame Graf denn recht? Der Aristokrat mit der herrischen Stimme? Der gehört ja wohl auch dazu.«
»Das wär’s doch!« Knaller griente. »Gesindel von edelstem Blut, piekfein, nur ein bisschen runtergekommen!«
Ich zuckte die Schultern. »Ihr macht euch über mich lustig.«
»Gar nicht!«, trumpfte Knaller auf. »Fürsten, Kardinäle, Könige! Weißt du was: Eigentlich bist du eine verkannte Prinzessin!«
»Genug!«, griff Bär ein. »Über den wissen wir noch zu wenig.«
Ich biss mir auf die Lippen. Von meinen wilden Ideen, die den Kaiser betrafen, würde ich jetzt lieber nicht anfangen.
»Schon recht.« Knaller schmollte. »Aber wenn ihr mich fragt, ist es sowieso dieser Ahasver!«
»Unsinn! Der ist viel zu alt! Er könnte mein Großvater sein!«
»Fürs Kindermachen ist man nie zu alt!«
»Wie alt ist er denn?«, fragte Bär. »Lass ihn Mitte siebzig sein. Dann wäre er etwa sechzig gewesen. Knaller hat Recht. Aber wie dem auch sei: Jedenfalls haben wir damit sieben. Einer von denen ist es wohl.«
» Die sieben?«, sagte ich. »Das würde mich nicht freuen. Nicht bei einem von denen. Ich meine, wenn einer davon mein Vater wäre …«
»Tu nicht so heikel!«, knurrte Bär. »Keiner sucht sich seine Eltern aus. Oder hat du jemand Bestimmten sonst im Auge?«
»Hohe Herren«, skandierte Knaller. »Viele zur Auswahl. Gerade jetzt!«
Ich schwieg, verwirrt und verstockt.
»Es ist gut!«, sagte Bär. »Vielleicht kommt etwas heraus, wenn wir nach diesem geheimnisvollen Verbrechen fragen. Erzähl doch noch mal, was der Aussätzige darüber von sich gegeben hat. Erinnerst du dich genau?«
»Ziemlich genau, glaube ich.« Ob die Lösung wirklich darin lag? In diesem wirren Gestammel?
»Sieben Männer«, sagte Bär. »Sieben Männer, die in ihrer Vergangenheit etwas gemeinsam haben. Ein Verbrechen.«
»Das verbindet«, sagte Knaller.
»Das verbindet sie, und das trennt sie«, berichtigte Bär. »Aberdarüber reden wir später. Von einem Kloster hat er gesprochen, nicht wahr? Und von Bauern. Es wurde gekämpft. Wie ging dieses Lied?«
»Heut ist es dein, und morgen ist es mein«, sang ich.
»Kennt ihr das noch?«, wollte Bär von seinen Kumpanen wissen. Zunge nickte und lächelte nicht. Knaller rührte sich kaum, aber plötzlich verkrampften sich seine Hände, er blickte wild um sich und stieß hervor: »Muss denn das sein?«
»Ja«, sagte Bär. »Kats Leben könnte davon abhängen.«
Knaller schwieg, und Zunge tat etwas Seltsames: Er starrte wie abwesend vor sich hin und schob zwei Finger in den Mund, als wolle er nach seiner Verstümmelung tasten.
»Du hast mich doch einmal nach dem Jahr 25 gefragt«, sagte Bär.
»Und du wolltest nicht darüber sprechen.«
»Ja, ich rede nicht gerne davon. Aber was du erzählst – so kann es vielleicht erklärt werden.«
»Dieser Herr Lennart wollte auch erst nicht reden. Aber dann hat er zu mir gesagt, in dem Jahr sei der Pöbel unverschämt geworden …«
»Ich kann mir denken, dass der es so sieht. Wie dem auch sei. Anno 25, das war ein Jahr der Hoffnung. Dass alles leichter werde, was unser Leben bedrängt. Steuer und Schatzung, Grundgeld und Pacht, Zoll, Zins und Zehnten auch … He: Frei von allem, keine Obrigkeit mehr – und alles sollte Gemeingut werden. Ja, damals sah es eben danach aus, für einen kurzen Augenblick, als könnten wir alles erreichen, was wir jemals erträumt hatten.«
»Heut bist du Herr, morgen werd ich es sein, heut ist’s noch dein, und morgen ist es mein!« Knaller sang das mit nasaler Stimme, so als trage er eine Litanei vor. Zunge stieß ihn an und legte den Finger auf den Mund. Knaller verstummte.
Bär sprach weiter: »Gerechtigkeit. Wenn du willst – Freiheit, obwohl dir kaum einer sagen kann, was dieses Wort tatsächlich bedeutet. Ah! Bedeuten könnte ! Es kam uns vor, als würden einigeTräume wahr werden. Mit einem Schlag! Menschen haben Träume. Das ist es …«
Und Bär verstummte, als sei es ihm leid, darüber zu sprechen. Es war Knaller, der jetzt
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