Tanz der Dämonen
hätte er mich in den Kerker schicken wollen? Nur, was er mit Lennart hat …«
»Lassen wir das für den Augenblick. Dieser Pfaffe ist erst seit ein paar Jahren in Köln. Er ist aus dem Fränkischen. Da waren die Unruhen von 25 schon vorbei. Jetzt hat er viel Einfluss beim Erzbischof und bei der Inquisition. Viele fürchten ihn.«
»Du kennst dich gut aus«, sagte Knaller, und zu mir gewandt: »Er war nicht immer ein Bettler, weißt du. Er war einmal ein wichtiger Mann.«
»Halts Maul!«, knurrte Bär. »Ich habe mich eben erkundigt.«
»Nabor können wir doch wohl streichen«, sagte ich und schauderte leicht, wohl vor Kälte. Zunge sah es und schürte das Feuer, das zwischen uns brannte.
»Du meinst für die Vaterschaft?«, knurrte Bär. »Warum eigentlich? Er wäre nicht der erste Pfaffe, der beim Vögeln ertappt wird. Das würde auch erklären, warum er sich versteckt. Und warum er dich aus dem Weg räumen wollte.«
»Zum Kuckuck, du willst mich ärgern!«
»Würde dir wohl nicht gefallen?«
»Willst du darauf eine Antwort? Aber es passt in keinem Fall zu der Notiz auf meinem Brief. Dann hätte Herr Arndt, der bestimmt Bescheid wusste, geschrieben: Dein Kind ist jetzt da, was soll ich tun?«
»Ich weiß nicht …«
»Würde er sein eigenes Kind den Bütteln ausliefern? Gerade dadurch könnte er doch entlarvt werden.«
»Das ist merkwürdig. Ich sagte es schon. Aber ich muss darüber erst noch nachdenken.«
»Er hätte mich gar nicht erst nach Köln kommen lassen!«
»Hm. Leider ist es möglich, dass … Nun ja, es könnte sein, dass dich einer deshalb herruft, weil er dich dann …«
»… aus dem Weg räumen kann! Meinst du das?«
»Es wäre möglich. Aber lass uns der Reihe nach vorgehen. Du hast schließlich eine ganze Menge Kerle zur Auswahl.«
»Einer schlimmer als der andere«, stöhnte ich. Mein Kopf war wie im Nebel.
»Sieben Männer, hat der Aussätzige gesagt«, beharrte Bär. »Gehen wir davon aus, dass einer davon dein Vater ist. Wen von den sieben kennen wir? Nabor. Gut. Dann Kaufmann Arndt. Den haben wir neulich schon mal ins Auge gefasst: unwahrscheinlich. Das sind zwei. Dann ist da dieser Arckenberg, der Ratsherr, der tot an der Landstraße lag.«
»Er hatte das Skorpionzeichen. Meinst du, der war mein Vater?« Ich sah das Gesicht wieder vor mir, den Straßendreck, den Blutfaden im Mundwinkel.
»Jedenfalls: Der hat immer mit dem älteren Arndt zusammengesteckt. Das war stadtbekannt. Hat erst in den letzten Jahren richtig Erfolg gehabt. Zuletzt war er Rentmeister, glaub ich. Verantwortlich für die Kasse seiner Zunft. Muss plötzlich über viel Geld verfügt haben, um derart voranzukommen. Interessant, nicht?«
»Wird so einer nicht ins Amt gewählt?«
»Tu mir nicht Leid! Weißt du wirklich nicht, wie das geht? Was glaubst du, wie sich die Kurfürsten auf die Wahl von König Ferdinand geeinigt haben?«
»Ja. Ich bin dumm …«
»Schon gut. Also weiter. Arckenberg fällt wohl weg.«
»Warum?«
»Weil einige, mit denen du geredet hast, von deinem Vater als Lebendem gesprochen haben, und die müssen gewusst haben, dass Arckenberg tot ist. Außerdem: Zufällig weiß ich, dass er einstmals mehrere Jahre im Gefängnis gesessen hat. Schulden. Das deckt, glaube ich, die Zeit ab, als du gezeugt wurdest. Es wird wohl damals nicht im Schuldturm geschehen sein, oder?«
»Alles schon da gewesen!« Knaller kicherte.
»Den können wir also wohl streichen«, entschied Bär. »Und den zweiten Arndt auch, wie?«
»Den Aussätzigen? Verdammt, das ist mir auch schon in den Sinn gekommen. Der hätte einen Grund gehabt, sich zu verbergen. Vielleicht war er noch nicht krank, als er den Brief schrieb. Aber ich glaube das nicht …«
»Würde dir wohl auch nicht passen?«
»Ach, so wie der geredet hat, bin ich das Kind von einem anderen, einem, den er kennt, allerdings schien er zu glauben, es ist der Teufel …«
Zunge presste zischend Luft durch die Zähne.
»Schon gut, ich sag so was nicht mehr, aber so hat es sich angehört. Er war sehr – durcheinander.«
»Übrigens hab ich ihn gekannt«, sagte Bär. »Ehe er krank wurde. Ein schwacher Mann, aber lebensfroh, der Beste in der Sippe! Hätte ein Künstler sein können, wenn er gewollt hätte. Hatte viel Erfolg bei den Frauen.«
»Jetzt wohl nicht mehr«, sagte Knaller.
»Tja. Dass es so mit ihm endet … Jedenfalls: Er tat nie etwas ohne seinen älteren Bruder. Der war es, der das Sagen hatte.«
»Also streichen wir den?«,
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