Tanz der Dämonen

begriffen hast«, flüsterte sie. »Der Schwarze Hund lässt uns scharf überwachen. Ich kann nichts dagegen tun.«
    »Wo ist Ahasver mit den anderen?«
    »Ich weiß es nicht. Weg!«
    Ich muss sehr verblüfft geschaut haben, denn sie schüttelte den Kopf.
    »Eines möchte ich wissen«, sagte sie. »Was habt ihr euch auf den Hals gerissen, dass die so hinter euch her sind? Aber du wirst mir das so wenig verraten wie die anderen.«
    Würde sie mir glauben, dass ich es selbst nicht wusste?
    Ich flüsterte: »Gebt Euch keine Mühe. Der Kerl da hat mich erkannt.«
    »Dann musst du schnell weg!«
    »Und sie haben nichts für mich hinterlassen?«
    Sie musterte mich, überlegte wohl, ob ich wirklich so ahnungslos sei. »Vielleicht wäre es besser, wenn du mit denen nicht mehr zusammenkämst …«
    »Aber warum denn?«
    »Weil ihr allesamt auf dem Weg zur Hölle seid. Darum.«
    »Aber an wen soll ich mich denn sonst halten?«
    Darauf hatte sie keine Antwort.
    »Dann eil dich«, sagte sie. »Nimm das.« Ein Kanten Brot. Gott sei Dank!
    »Herrgott, beeil dich, ehe der die ganze Bande ruft! He! Nur das, fast hätt ich’s vergessen, Sambo hat etwas gesagt. Ein Wort für dich: Insel.«
    »Insel?«
    »Ja doch, Insel! Was weiß denn ich …!«
    Sie schob mich hastig zum Ausgang. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass der Spion sich erhoben hatte, um die Tür zu erreichen. Aber gleichzeitig stand Polonius auf, äußerst mühsam und ungeschickt, so dass der Kerl über seinen ausgestreckten Fuß stolperte und hinschlug.
    »Raus mit dir!«, flüsterte Mutter Gluck. »Lange hält ihn das nicht auf. Viel Glück!«
     
    Ich tappte durch finstere Gassen, ohne viel auf die Umgebung zu achten. Wieder war ein heimischer Ort mir entrissen. Auch da herrschten jetzt die Feinde. Und meine Freunde? Das Gefühl der Leere war schlimmer als der Hunger. Gegen den half das trockene Brot.
    Schnee wirbelte in dünnen Flocken aus dunklen Wolken. Wahrscheinlich kam diese Nacht noch mehr! Die Sperrstunde stand bevor. Was dann?
    Ohne viel nachzudenken, ging ich zu Orten, die mir vertraut waren. So auch zum Stammplatz der drei Kumpane. Und da hörte ich ein Geschrei, das mich wachrüttelte: »Hartherziges Pack! Schämt euch der dicken Bäuche! Gott wird euch ausspeien. Im Höllenfeuer sollt ihr schmoren! In glühenden Schuhen werdet ihr tanzen!« Mehrere Leute hasteten mit verstörten Gesichtern vorüber. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Das kam mir bekannt vor! Die Gasse war eng und schmutzig. Sie machte einen scharfen Knick und bildete einen Winkel, der etwas Schutz vor Wind und Schnee bot. Dort hockte er und krallte die Vorübergehenden rücksichtslos am Mantel. Er saß auf einem merkwürdigen Ding, das wie ein flacher Wagen aussah, und hatte mich schon erspäht. »Schau an, wer da kommt!«, krähte er. »Mit dir hat keiner mehr gerechnet! Schnell, schnell, seht, wen ich hier habe! Kat ist da!«
    Da war nicht nur Knaller, da waren auch Zunge und Bär! Um diese Zeit am vertrauten Ort! Vor Freude und Erschöpfung fiel ich auf die Knie und begann blödsinnig zu heulen.
    »Na, na«, sagte Bär. »Ist das vielleicht eine Art, seine Freunde zu begrüßen?«
    Zunge klopfte mir auf die Schulter, und Knaller, mit dem Kopf in Höhe meines Gesichtes, kicherte begeistert. Alles drehte sich um mich wie im Schwindel.
    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis ich wieder auf die Beine kam. Dunkel erinnere ich mich, dass Bär und Zunge mich gestützt und geleitet haben. Dann waren wir in einer großen Scheune, und sie flößten mir Schnaps ein. Ich glaubte, dieses Gesöff werde mich umbringen, aber ich übergab mich, und danach ging es besser.
     
    Ich blickte um mich. Eine große Zahl Menschen hatte hier Unterschlupf gefunden. Alles zwielichtiges Volk, wenn ich mich nicht irrte. Ich hockte auf einem Haufen Stroh, war in eine Decke gewickelt und rieb mir die Schläfen. Ich versuchte mir über alles klar zu werden, was mir begegnet war. Ach! Zu vieles ging durcheinander in meinem Kopf! Aber die drei Freunde nahmen wenig Rücksicht darauf.
    »He«, krähte Knaller. »Was sagst du zu meiner Neuerwerbung?«
    Er meinte dieses seltsame Etwas, das mir gleich ins Auge gefallen war: sein hölzernes Wägelchen, eine Art Backmulde mit kleinen Rädern. Auf oder besser in diesem Fahrzeug hockte er, die Beinstümpfe unter sich gezogen, und mit Hilfe zweier Griffhölzer konnte er sich recht gut fortbewegen, so ähnlich wie man ein Boot rudert.
    »Ist ein Erbstück«, rief er. »Der vorige