Tanz der Dämonen
Himmelssöhne, gelüstete es nach irdischen Weibern, und sie gingen hin und verunreinigten sich an ihnen, und es ward Unzucht und Sünde!«
»Das wollen wir hören«, riefen die Straßendirnen. »Hör nicht auf, gerade wo es lustig wird …«
Aber Anselmus beachtete sie gar nicht. Er murmelte: »Der Herr sprach zu den Erzengeln: Fesselt ihn an Händen und Füßen und werft ihn in die Finsternis; macht ein Loch in der Wüste und werft ihn da hinein. Unter ihn legt spitze Steine und bedeckt ihn mit Finsternis. Dort soll er bleiben in Ewigkeit, damit er kein Licht schaue … Und zieht aus gegen die Verworfenen, gegen die Brut der gefallenen Engel, und tilgt sie hinweg vom Angesicht der Erde, lasst sie gegeneinander los, auf dass sie sich im Kampfe vernichten!«
Er war vor uns stehen geblieben, vor meinen Freunden und mir; er schwankte hin und her, und sein Atem roch nach Schnaps, dass es einem übel werden konnte. Sein rechtes Auge erfasste mich, während das linke den Mond zu suchen schien.
»Du«, sagte er. »Du hier? Ausgerechnet du!« Die Arme sanken an seiner Seite herab, die Flasche entglitt ihm und rollte über den Boden.
»Macht nichts«, flüsterte er. »Sie ist leer.«
Er ließ sich niedersacken und kauerte sich neben mir auf den Boden; dabei stieß er ein qualvolles Stöhnen aus, als spüre er Schmerzen im ganzen Körper.
»Dich haben sie also nicht gefunden«, sagte er. »Oder sind wir beide hinüber und das hier ist die Hölle?«
»Was meint Ihr?«, fragte ich, und es gelang mir nicht, meine Befangenheit abzuschütteln. Immer wieder musste ich auf die Spuren der Folter blicken, die an seinen Armen zum Vorschein kamen. Und an seinen Händen fehlten die Fingernägel!
Es kam keine Antwort. Sein Gesicht zeigte völlige Entrücktheit.
»Verrückt wie ein Märzhase«, sagte Knaller. »Den hat’s erwischt. Obwohl – sehr helle war er ja nie. Verdammich …«
Dann jedoch gab sich Anselmus einen Ruck. Seine Züge nahmen einen schlauen, ja verschwörerischen Ausdruck an, und er flüsterte: »Ich bin auch davongekommen. Sie haben mir nichts anhaben können, ihre bissigen Zangen und glühenden Eisen! Der Herr hat mich auserwählt. Und auch ich habe Freunde, hört ihr? Freunde, die nicht ohne Einfluss sind!«
»Hat man Euch nicht aus der Stadt gewiesen?«
»Das hat man, mein Junge. Man hat es versucht. Ich war schneller wieder drinnen als die Büttel! Ich kenne Wege, die keiner von denen kennt. Sie können mich nicht halten, und sie können mich nicht loswerden!«
»Pater Nabor. Er ist schuld gewesen!«
»Natürlich er! Er ist ein gefallener Engel des Herrn, ein Geist, der in der Finsternis haust …«
»Ein Egel des Herrn!«, sagte Knaller sarkastisch.
Anselmus starrte ihn mit seinem sehenden Auge an, und ein irrwitziges Gelächter platzte aus ihm heraus. Dann wurde er ganz plötzlich wieder ernst und stieß mich mit dem Zeigefinger an.
»Er sucht dich.«
»Wer sucht mich?«
»Pater Nabor! Hihi! Der Egel des Herrn … Hihihi!«
Ich schauderte. »Das weiß ich. Aber ich bin ihm entwischt!«
»Ja, so ist es. Er wollte dich fangen lassen, wie er mich gefangen hat. Aber nun ist er anderen Sinnes geworden. Er sucht überall nach dir und fragt herum. Scheint, dass er Sehnsucht nach dir hat, hihi! Der Egel …«
Bär, der seit Anselmus’ Auftauchen in Schweigen verharrt hatte, griff jetzt nach ihm, packte ihn am Kragen und zog ihn näher zu sich heran.
»Das haben wir selbst schon gehört«, sagte er. »Und? Was will er von Kat? Weißt du das auch?«
Anselmus kicherte immer noch. Bär schüttelte ihn kräftig, und das Kichern ging in eine Art Winseln über. »Will ihm Fragen stellen, glaub ich. Er sagt, es tut ihm Leid, und dass er seine Bosheit wieder gutmachen möcht. Hat wohl drüber nachgedacht. Er hofft wohl, dass dieser Bengel etwas weiß, was ihm helfen kann. Wenn ihr mich fragt: Vielleicht hat er Angst bekommen und will sich retten. Der Bote des Herrn ist ihm auf den Fersen. Der Schwarze. Der Würgeengel … Versteht ihr mich?«
Der Körper des Betrunkenen wurde schlaff und sank zur Seite. Gleich darauf hörten wir ihn laut schnarchen.
»Wir haben tatsächlich davon gehört«, sagte Bär. »Dass Nabor dich treffen will. Aber wir haben es dir gar nicht sagen wollen. So dumm wirst du doch nicht sein?«
»Ich weiß nicht …«, murmelte ich unsicher. »Irgendetwas muss ich tun, nicht wahr?«
Bär schüttelte widerwillig den Kopf.
Später winkte mir Zunge, ich solle ihm folgen, und wir
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