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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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mit meinem Vater gesprochen.«
    »Ihr habt einen Herzog im Haus?«
    »Den und sein ganzes Geschmeiß haben wir am Hals. Das feiert bis in die Nacht und schläft dann bis Mittag! Glaubst du, uns hätte einer nach unserer Meinung gefragt? So ist das einfach, wenn hohe Herrschaften sich herbeilassen, in einer Freien Stadt des Reiches Quartier zu nehmen: Die Majestäten befehlen, der Rat verbeugt sich, und die Bürger dürfen’s zahlen. Sagt mein Vater. Verstehst du? Alle besseren Häuser haben solche Gäste zugewiesen bekommen. Aber unserer tut besonders vornehm.«
    »Dein Vater wird es sich leisten können.«
    »Ph! Ich will nicht.«
    »Was willst du nicht?«
    »Ich will nicht mit. Hab dir’s doch gerade gesagt: Nach Hispanien !Verdammt, was soll ich da? Scheiß auf die Ehre …! Würdest du da etwa hinwollen?«
    »Du wirst deine Gründe haben.«
    Er blies die Backen auf. »Ph! Ich gehöre hierhin, und wenn mein Vater ja sagt, hau ich ab. Lieber schlag ich mich als Landstreicher durch.«
    Stell dir das nicht zu einfach vor, dachte ich. Aber ich sagte nichts, und er war schon bei einem anderen Gedanken.
    »Hast du den Kaiser gesehen?«, fragte er.
    »Ja. Zweimal. Zuerst im Dom und dann beim Auszug – nach Aachen.«
    »Ph! Ich hab ihn beim Essen gesehen. Mein Vater hat einen Freund, und der hat uns mitgenommen. Es war ein Bankett. Ein Bankett, weißt du, was das ist? Ich hab durch den Vorhang geschaut. Er ist ein großer Herr, der Kaiser.«
    Er hatte die Ernsthaftigkeit eines kleinen Jungen und schien seinem Erlebnis große Wichtigkeit beizumessen. Beifall heischend schaute er mich an, und ich nickte höflich, obwohl ich nicht sehr beeindruckt war. Mein Gegenüber schien mit meinem Schweigen zufrieden zu sein. Er nahm es wohl als Zustimmung. Erneut wechselte er das Thema.
    »Du siehst aus, als ginge es dir nicht besonders gut«, sagte er ernsthaft. »Wenn du Hilfe brauchst, lass es mich wissen. Ich bin nicht irgendwer. Und mein Vater …«
    Da wurden wir unterbrochen. Grifone trat aus dem Zimmer und winkte mir, ihm zu folgen. Ich nickte dem seltsamen Jungen zu und wandte mich zum Gehen. Er blickte düster. Dann aber rief er wichtigtuerisch hinter mir her: »Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe. Was ich sage, das gilt!«
     
    »Lasst mich raten«, sagte ich, als wir wieder auf der Straße standen. Es war kaum Nachmittag, doch in vielen Fenstern glomm bereits Licht.
    »Was willst du raten?«
    »Was diese Nachrichten bedeuten, die man Euch übergeben hat.«
    »Und?«
    »Es bedeutet, dass Ihr schon wieder fortmüsst.«
    Er schwieg eine Weile, und ich ging neben ihm her, immer drei Schritte machend, wenn er zwei tat.
    »Ja. Das ist wohl so.«
    »Und so geht es weiter?«
    »Nein, tut es nicht. Aber dieses Mal …«
    »Ich verstehe.«
    Nach einer Weile räusperte sich Grifone und sagte: »Du wunderst dich vielleicht, dass ich nicht nach deiner Mutter frage.«
    »Sie ist tot«, sagte ich. »Darüber spreche ich nicht gerne.«
    »Das weiß ich. Ich weiß mehr, als du glaubst.«
    »Und warum sagt Ihr mir dann nichts?« Tatsächlich hatte mich eine schwer erklärbare Scheu daran gehindert, ihn auf dieses Thema anzusprechen. Es verunsicherte mich. Ich fürchtete wohl, Dinge zu hören, die mir nicht gefielen.
    Ihm schien es ähnlich zu gehen. Er brummte unbehaglich. »Weil ich nicht weiß, was sie dir erzählt hat.«
    »Mir erzählt? Fast gar nichts! Ich war ein Kind, als sie starb. Vor sechs Jahren. Ich war sehr alleine, und auch Vater Sebastian wusste nicht viel mehr. Ich kann nicht einmal sagen, wie alt ich damals war, weil ich nicht weiß, wann ich geboren bin!«
    »Am Katharinentag bist du geboren.«
    »Ich meine das Jahr. Meine Mutter hat es mir nicht gesagt, und Vater Sebastian hat gemeint, 1514, aber er war sich nicht sicher.«
    »Unsinn, es war 1516. In dem Jahr, in dem der Kaiser Herrscher von Spanien wurde.«
    »Dann wäre ich ja erst vierzehn!«
    »Natürlich! Was hast du gedacht?«
    Ich schwieg. Er lügt, dachte ich. Ich weiß nicht, warum, aber er lügt!
    »Du glaubst mir nicht?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll.«
    Er schwieg, und zum ersten Mal nahm ich etwas wie Hilflosigkeit an ihm wahr.
    »Was willst du wissen?«, fragte er.
    »Wart Ihr verheiratet?«
    »Ja. Das waren wir. Aber es hat nicht lange gedauert …«
    »Mein Name ist der meiner Mutter, nicht wahr?«
    »Sie hat ihn beibehalten. Sie hat nie wirklich etwas von mir wissen wollen.«
    »Sie hat nie von Euch gesprochen.«
    »Das wundert mich

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