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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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mir bereits an der Haustür aufgefallen war, machte sich hier noch stärker geltend. Und mir fiel ein, worum es sich handelte: um jenen würzigen Trank, den ich beim Kaufmann Arndt kennen gelernt hatte!
    Der Raum war gefällig eingerichtet. Ein Wandbehang zeigte Bilder aus der Geschichte der Jungfrau mit dem Einhorn. Es brannten Kerzen, weil draußen die frühe Dämmerung eingesetzt hatte und kaum noch Licht durch die kleinen Fenster hereindrang.
    »Wenn du es so siehst, solltest du froh sein, dass du es nicht ständig mit einem Kerl wie mir aushalten musst«, sagte Grifone, der hinter uns eintrat.
    »Wer weiß, mein Freund, aber das ist lange vorbei …«
    Da schien ein Thema anzuklingen, das mehr bedeutete, als beide zugeben wollten, und wie in stillschweigender Verabredung ließen sie es rasch wieder fallen.
    »Es ist leer bei dir«, sagte er harmlos. »Keine Gäste?« Ihre Augen blitzten kurz auf, aber dann antwortete sie in völliger Gelassenheit: »Es ist gut, wenn man dahin kommt, dass man die Wahl hat.«
    Während ich überlegte, wie dieses Gespräch zu deuten sei, wandte die Frau sich wieder an mich.
    »Wie lange schleppt er dich schon so mit sich herum?«
    »Nicht lange. Wir sind uns vor ein paar Tagen zum ersten Mal begegnet … Ich habe lange nach ihm suchen müssen.«
    »Eine Tochter!«, sagte sie. »Er und eine Tochter! Hat so jemand überhaupt Platz in deinem Leben?«
    Er antwortete mit einem gewinnenden Grinsen. »Menschen bleiben nicht immer so, wie sie gewesen sind …«
    »Misericordia!« Sie wechselte wie selbstverständlich ins Italienische über. »Du wirst immer bleiben, wie du warst! Was ist es diesmal, hinter dem du her bist?«
    »Es ist die ganz große Sache. Und es ist eine alte Rechnung … Je weniger du darüber weißt, desto besser ist es …« Auch er sprach jetzt Italienisch.
    »Dann geht es mal wieder auf Leben und Tod, nicht wahr?«
    Er schwieg.
    Was sie beide nicht wissen konnten: Ich verstand das Italienische recht gut. Vater Sebastian, der in jungen Jahren lange in Rom gewesen war, hatte mir die Anfangsgründe beigebracht, wohl um jemanden zu haben, mit dem er diese Sprache sprechen konnte, die er begeistert liebte. Auch etwas Französisch hatte ich bei ihm gelernt. Vater Sebastian! Die Erinnerung an ihn würde mich immer begleiten.
    »Ach! Verzeiht, junge Dame«, sagte La Lupa. »Das ist eine alte Gewohnheit bei uns, dass wir manchmal in meine Heimatsprache verfallen, die wir früher stets miteinander gesprochen haben. Nimm uns das bitte nicht übel!«
    »Kein Grund zur Besorgnis«, erklärte ich ausweichend. Musste ich ihnen schließlich alles, was ich wusste, auf die Nase binden?
    Während sie und Grifone, beiläufig wieder ins Deutsche zurückkehrend, allerlei Neuigkeiten über Leute austauschten, die beiden bekannt waren, mir aber nichts bedeuteten, tranken wir aus zierlichen geschliffenen Gläsern. La Lupa schenkte uns aus einer glitzernden Karaffe ein. Es war ein schwerer goldroter Wein, der mir nicht übel schmeckte. Dann sah sie mich mit einer verschwörerisch freundlichen Miene an.
    »Was ihr jetzt brauchen werdet, ist ein Bad«, sagte sie. Es schwang die Andeutung einer Frage in diesem Satz, aber eigentlich wurde da kein Platz für einen Zweifel eingeräumt. Ich muss wohl in jenen Tagen recht verkommen ausgesehen haben, weil es dauernd jemand angebracht fand, mich ins Wasser zu stecken. Neulich erst Mutter Gluck und nun La Lupa. Vielleicht hatte sie Recht. Ich nickte ergeben. Es wäre mir schon lieb gewesen, wenn sie mir jetzt gleich auch etwas zu essen angeboten hätte, aber das sollte anscheinend erst später kommen.
    Sie erhob sich also und geleitete uns durch eine Tür, die in den hinteren Teil des Hauses führte. Das Haus war größer, als ich gedacht hatte. Ein Gang öffnete sich links in einen kleinen Saal für Gäste, der eine Empore besaß, wahrscheinlich für Musikanten. Eine Treppe mit schön geschnitztem Pfeiler führte ins obere Geschoss hinauf. Rechts zweigte ein Durchgang ab. Hier lag die Küche, aus der es appetitanregend duftete.
    Am Fuß der Treppe öffnete sich eine Tür, und mehrere Frauen, eher wohl junge Mädchen, kamen heraus. Sie lachten über etwas, das ich nicht verstand. Dabei traten sie in den Schein eines Kerzenleuchters, der die Treppe erhellte, und ich hörte das Rauschen und sah das Glitzern kostbarer Stoffe. Auffallend war, dass sie ihre Kleider mit einer überraschenden Nachlässigkeit trugen, teils mit offenem Mieder oder geschürzten

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