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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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stören.
     
    Wenig später saß ich selbst in einem ähnlichen Zuber. »Wir haben in diesem Haus mehr als nur eine Badegelegenheit«, hatte La Lupa lachend gesagt. Zwei Mägde hatten für mich heißes Wasser hergerichtet. Sie kümmerten sich auch um meine Kleidung. La Lupa, die von Zeit zu Zeit nach mir schaute, rümpfte die Nase über alles, was ich getragen hatte, und wollte am liebsten jedes Stück verbrennen lassen, aber wie bei Mutter Gluck setzte ich mich dagegen zur Wehr. Nun gut, das Hemd und die Joppe waren nur noch Fetzen, aber die gestreiften Hosen und die lederne Jacke gab ich nicht her.
    »Du willst also weiter als Junge herumlaufen?«, fragte La Lupa.
    »Fürs Erste – ja.«
    »Hast du das denn immer noch nötig?«
    »Weiß ich, wie es mit mir weitergeht? Vielleicht bin ich morgen wieder auf der Straße unterwegs. Und das als Mädchen? Außerdem: Viele meiner Freunde würden mich anders gar nicht wiederkennen!«
    Sie seufzte unbehaglich.
    Die Mägde kämmten mein Haar auf Läuse durch. Das sei nötig, hatte la Lupa behauptet. Ich für mein Teil hatte mich in den letzten Monaten derart an das Vorhandensein der Plagegeister gewöhnt, dass ich mir schon kaum noch vorstellen konnte, wie Menschen ohne sie lebten. Doch nahm ich alle diese Wohltaten nur zu gerne an. Vor allem dieses Bad war ein Luxus, den ich mit Begeisterung genoss. Es wurde mehrfach warmes Wasser nachgegossen, und ich sank in einen beglückenden körperlichen Zustand des wohligen Vor-mich-hin-Dämmerns, in dem die ungelösten Fragen, die mich quälten, und die verwirrenden Gefühle, die mich bedrängten, zu Belanglosigkeiten verblassten.
    Durfte ich die Ängste der vergangenen Wochen nichtvergessen? Musste mich noch kümmern, wer da wem nach dem Leben getrachtet hatte und warum?
    Die Augen fielen mir zu.
    Wenn da nur nicht diese peinigende Stimme tief in meinem Innern gewesen wäre:
    Bleib auf der Hut! Bisher ist nichts geklärt! Es ist nicht vorbei, das Schlimmste liegt vielleicht noch vor dir! Sei wach!
    Wer hatte das gerufen? Es hatte wie Ahasvers Stimme geklungen. Ich schreckte aus dem süßen Schwebezustand auf und blickte um mich. Da saß La Lupa neben mir und betrachtete missbilligend meine Stiefel. Ich erschrak. Im Stiefel steckte der Skorpion-Anhänger! Ob sie ihn entdeckt hatte?
    »Nicht meine Stiefel …«, flüsterte ich.
    Sie lachte. »Auch die sind nicht viel wert.«
    »Gleichviel. Ich will sie behalten!«
    »Schon gut, aber man muss sie reinigen.«
    »Das kann ich selber tun.«
    »Wie du willst.«
    Schon bereute ich die Heftigkeit, mir der ich gesprochen hatte. Sie aber schien sich gar nichts daraus zu machen. Während ich mich erneut zurücksinken ließ, legte sie mir ein reines Hemd und eine Joppe zurecht und einen weichen Mantel, der wie eine Kutte geschnitten war.
    »Du weißt nicht viel über ihn, nicht wahr?«, fragte La Lupa lächelnd.
    »So ist es. Fast gar nichts.« Und nach kurzer Pause: »Wahrscheinlich wisst Ihr sehr viel mehr als ich.«
    »Ich kenne ihn von früher.«
    »Aus Italien?«
    »Ja. Vom ersten Mal, das er dort war.«
    »War das damals, als er verwundet wurde?«
    Sie zögerte, ehe sie sagte: »Du meinst diese Narbe? Das hat er dir also doch erzählt.«
    »Nicht er selber, sein Kumpan.«
    »Nun gut. Wir sind tatsächlich alte Freunde.«
    »Freunde?«, sagte ich und wog das Wort ab.
    Sie sah mich nachdenklich an. »Ich weiß, was du meinst. O ja. Ich weiß, dass sie bei ihm ist. Es ist in Ordnung. Wir sind wirklich Freunde, jetzt – und nichts weiter.«
    »Also war es nicht immer so?«
    »Du fragst zu viel.«
    »Verzeiht.«
    »Lass nur. Er hat mir sehr geholfen, das solltest du wissen. Ich verdanke ihm, dass ich hier so leben kann, wie ich lebe. Mancher wird die Nase rümpfen. Es gibt viele Heuchler! Aber ich habe etwas aufgebaut, verstehst du? Wenn es auch manchmal schwer ist … das Haus zu mieten – und alles.«
    »Es ist nicht Euer Haus?«
    »Nein. Das Haus nicht. Das gehört einem Mann, der einen guten Namen hat und den niemand mit diesem Gewerbe in Verbindung bringen würde. Dergleichen ist nicht selten, musst du wissen.« La Lupa zeigte plötzlich keine Neigung mehr, das Gespräch fortzusetzen.
    Während meine Gedanken ihrer Wege gingen, wurde mir bewusst, dass meine Hände auf meiner nassen Brust lagen – und dass sich meine Brust mit sanfter Rundung in die Handflächen schmiegte. Wieso war mir das vorher nie aufgefallen? Mein Busen war gewachsen! Er war sogar beachtlich runder als früher, und

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