Tanz der Dämonen
mit Pater Nabor gekommen war und von dem Bruder Anselmus gesagt hatte, er sei der Teufel persönlich. Das rote Bärtchen, die spitze Nase, der spöttische Zug um den Mund …
Der Mann schien emsig nach etwas zu suchen, tastete an den Regalen, wühlte in Schubladen und drehte Kästen um, wobei er alles, was ihn nicht interessierte, achtlos auf den Boden fallen ließ.Von Zeit zu Zeit stand er still, sei es um zu lauschen, sei es um nachzudenken. Einmal schleuderte er etwas, das er mit gieriger Aufmerksamkeit betrachtet hatte, wutentbrannt in die Zimmerecke. Dann begann er von neuem zu stöbern.
Gespannt verfolgte ich sein merkwürdiges Tun. Da hielt er plötzlich inne und legte einen mächtigen Folianten, den er aus dem Bücherbord gezogen hatte, langsam, ja übertrieben vorsichtig auf einem voll gekramten Tisch ab.
Dann drehte er sich langsam zum Fenster um – das Herz schlug mir jählings bis in den Hals –, und mit bohrender Schärfe richtete er seinen Blick genau auf mich. Diese Begegnung unserer Augen schien eine Ewigkeit zu dauern. Ich war wie gelähmt.
Wie war es möglich, dass er mich hier draußen im Finstern entdeckt hatte?
Ehe ich wieder klar denken konnte, bewegte er sich, trat zum Fenster und öffnete es. »Wenn du hereinkommst«, riet er, »hast du es weniger kalt und kannst alles viel besser sehen.«
Es war eine Stimme, die weich und freundlich klang und dennoch eine schwer zu beschreibende Schärfe enthielt. Und es kam mir einfach unmöglich vor, mich diesem Vorschlag zu widersetzen. Zögernd immerhin, aber ohne wirkliche Abwehr erhob ich mich, stieg auf das Fenstersims und kletterte hinein.
Was tue ich?, rebellierte es in mir, aber dies alles war viel zu interessant, als dass ich lange Erörterungen mit mir selbst führen wollte. Da waren Bücher ausgebreitet, einige nur Hefte, andere dickleibig wie die einer Klosterbibliothek; manche lagen aufgeschlagen und waren mit handschriftlichen Notizen versehen, wie ich es von Vater Sebastian kannte. Andere waren voll gesteckt mit Zetteln, die bestimmte Seiten markierten. Das alles sprach von intensiver Arbeit. Unwillkürlich beugte ich mich vor, und mein Kopf stieß an einen seltsamen Gegenstand, der an einer Schnur von der Decke baumelte. Es war ein unregelmäßiges, verästeltes Ding aus einem roten, harten und glänzenden Material in einer goldenen Fassung; es hatte die Größe einer Kinderhand und ließ an eine umgedrehteBaumkrone denken. Dieses rätselhafte Gebilde fing das Licht ein und wirkte, wie es nun so kreiste und pendelte, auf eine befremdliche Art lebendig. Es war wohl eines jener märchenhaften Gewächse aus den Tiefen ferner Meere, die man Korallen nennt und denen die Kraft eines Talismans zugeschrieben wird.
Nabor schien den Schutz eines solchen Dings für sinnvoll gehalten zu haben. Auch er hatte zweifellos die Angst gekannt. Ringsum standen Gläser und Flaschen, Röhren und Gestelle, in denen wiederum gläserne Gefäße zu sehen waren. In einigen Kelchen glitzerten rätselhafte Flüssigkeiten, und in den achtlos herausgezogenen Laden eines großen Fächerschrankes erblickte ich zahlreiche Gegenstände, die mir völlig fremd waren. Ein unheimliches Gefühl beschlich mich: War ich in einer Hexenküche?
Ein Räuspern zu meiner Seite ließ mich herumfahren. Wie seltsam, dass ich über meinem Erstaunen diesen unheimlichen Mann auch nur für einen Augenblick hatte vergessen können!
Er war schlank und wirkte tatsächlich nicht nur modisch, sondern fast übertrieben elegant gekleidet. Was sich neben dem Eindruck von Spottlust, die aus seiner Miene sprach, am stärksten einprägte, war der lebhafte Blick. Diesen Augen schien nichts zu entgehen. Während er mich nun musterte, warf er den weiten Ärmel seiner roten Samtjacke schwungvoll zurück, so dass sich das weiße Seidenfutter über die Schulter emporstülpte, und seine Hand glitt in eine verborgene Falte. Er holte ein kleines blankes Ding hervor, das sich als ein Paar zusammenklappbarer Augengläser in goldener Fassung entpuppte. Diese Brille führte er geziert vor die Augen – ein Bewegungsablauf, der – so selbstverständlich er wirken mochte – genau berechnet zu sein schien. Dieser Mann wusste sich in Szene zu setzen! Dabei hatte er den Blick nicht von mir gelöst, und ich konnte den Eindruck nicht abweisen, dass er jene Linsen eigentlich gar nicht brauchte, um deutlich zu sehen.
Tatsächlich ein Geck, dachte ich. Das steht einmal fest!
Er brach das Schweigen: »Du sollst
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