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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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meinte er damit? Und warum lächelte er so anzüglich? Das hatte schließlich nichts mit mir zu tun! Ich war keineswegs das eine und das andere, sondern das eine in Wahrheit und das andere – nur zum Schein!
    Mir wurde klar, dass ich diesem Mann unwillkürlich zutraute, noch viel mehr über mich zu wissen, als er zugab!
    »Du kannst in diesem Hause schlafen«, sagte er unvermittelt. »Vielleicht ist es ja so, dass du ohnehin nicht weißt, wohin du gehen sollst.«
    Von neuem überrascht, zögerte ich.
    »Da ist ein Zimmer unter dem Dach. Und von mir – droht dir keine Gefahr.«
    Es fiel mir schwer, das zu glauben. Aber seltsam: Ich blieb, obwohl sich innerlich alles dagegen aufbäumte. Allerdings war ich rechtschaffen müde! Er führte mich durch Flur und Treppenhaus. Dabei sah ich auch jenen großen Hund, der mir neulich so unheimlich erschienen war. Er lag hinter der Eingangstür auf dem Boden und beachtete mich kaum.
    »Fürchte nichts Böses«, sagte der Mann. »Ich kenne mich gut aus mit den bösen Mächten und weiß sie zu bannen. Höre: Die schlimmste Gattung der Dämonen sind jene, welche die Wege belagern und die Vorübergehenden anfallen, die Erfinder alles Bösen,Gefäße des Mords und des Untergangs, die sich an Krieg und Blutvergießen erfreuen und allen Menschen den grausamsten Schimpf antun – vor allem die Dämonen der Rache, die niemals von ihrer Beute ablassen. Doch hat die göttliche Vorsehung uns reinere Geister beigegeben, dass sie uns beistehen, die bösen Dämonen abhalten und sie bändigen, damit sie uns nicht schaden können!«
     
    Wenig später lag ich auf einer ganz passablen Pritsche auf Stroh und lauschte. Im Stockwerk unter mir hörte ich die Schritte dieses seltsamen Mannes, der umherging, Schränke und Truhen öffnete und etwas suchte, von dem ich nicht wusste, was es war.
    Was für ein unheimlicher Vogel, dachte ich. Er schläft wohl gar nicht? Wie man es vom Teufel sagt? Aber er ist nicht der Teufel. Er ist ein Magus .
    Dieses Wort war mir in den Sinn gekommen, als ich ihn zwischen den dämonischen Büchern stehen sah. Ein Hexenmeister . Magus, so würde ich ihn nennen. Und er mochte ruhig denken, ich sei ein ahnungsloses Küken.
    Ich schlief tatsächlich ein. Die Erschöpfung war übermächtig. Als letzter Gedanke geisterte durch meinen Kopf: Was tue ich hier? Was um Himmels willen tue ich hier? Und weshalb hat dieses Zimmer vergitterte Fenster?
     
    Tief in der Nacht schreckte ich auf und war sofort hellwach. War da nicht ein Geräusch gewesen? Hatte sich etwas geregt? Ich tappte zur Tür. Stille.
    Nur nicht zu laut atmen!
    Ich bewegte die Klinke und fand, dass kein Riegel vorgeschoben war. Langsam, um keinen verräterischen Lärm zu machen, öffnete ich und schob meinen Kopf durch den Türspalt. Vor mir lag der dunkle Gang, in den durch seitliche Fenster mit regelmäßigen Abständen breite Streifen von kaltem Mondlicht fielen. Kein Laut. Nichts.
    Vielleicht konnte ich ins Freie gelangen! Das schien mirplötzlich dringend erstrebenswert. Ich war wirklich närrisch gewesen, mich von diesem undurchsichtigen Fremdling hier hereinlocken zu lassen! Wie hatte er nur solche Macht über meinen Willen gewonnen?
    Ich wagte freier zu atmen und setzte meinen Fuß über die Schwelle. Aber da war doch etwas! Eine Bewegung am fernen Ende des Ganges. Im selben Augenblick wusste ich, was es war: der riesige Hund des Magus. Das Tier erhob sich drohend, ein rätselhaftes Glimmen in den Augen – und im nächsten Moment sah ich im Mondlicht seine entblößten Fangzähne funkeln. Ich verharre wie gebannt. Aus der Brust der Bestie steigt ein dumpfes Knurren, und dann stürzt sie mit einem gewaltigen Satz auf mich los!
    Da fällt die Starre von mir ab! So rasch ich kann, ziehe ich mich zurück und werfe die Tür ins Schloss. Keinen Augenblick zu früh! Der schwere Körper des Hundes prallt gegen das Holz, dass die Bretter sich nach innen biegen. Aber – zum Glück! – die eisernen Bänder und Angeln halten stand.
    Dann war es wieder totenstill im Haus. Ich hockte mich nieder und fühlte mich ratlos. Am Ritz unter der Tür wurde etwas bemerkbar: die schnüffelnde Nase des Untiers! Es schien kein Entrinnen zu geben. So kroch ich wieder auf das Stroh und versuchte zu schlafen.
    Meine Gedanken wanderten. Zu viel war in den letzten Tagen geschehen. Das drang nun von neuem auf mich ein, sobald ich zur Ruhe kam; Gesichter und Ereignisse gaukelten in meinem Kopf umher und wollten nicht zueinander passen.

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