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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Zum Beispiel: Was hatte meine Gefangenschaft in diesem befremdlichen Haus zu bedeuten? Und wie vereinbarte sich damit das gezierte Verhalten dieses seltsamen Vogels? Magus? Scharlatan? Etwas von beidem?
    Und dann Grifone! Ich begriff sein Verhalten nicht. War er wirklich mein Vater? Oder verbarg sich womöglich ein ganz anderer hinter ihm? War er ein Verräter?
    Er hatte mit seinem Pfeil auf mich geschossen und mich zu töten versucht!
    Sollte daraus einer schlau werden!
    In plötzlicher Wut schlug ich auf meinen Strohsack, drosch auf ihn ein, als hätte ich den unsichtbaren Feind, der hinter allem steckte, persönlich vor mir.
    Ich würde keinem mehr trauen!
    Ich wollte nicht länger der Tor sein in diesem Spiel!
    Im Übrigen war ich müde wie ein junger Hund. Ich streckte mich aus und lag mit weit geöffneten Augen im Dunkeln.
     
     
     

IN F ENSTER IM T URM
    Ich erwachte mit benommenem Kopf und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Nichts als Fragen!
    Wo ist der Höllenhund?
    Wo ist der Magus?
    Was ist in dieser Nacht geschehen?
    Vage erinnerte ich mich an quälende Träume, flüsternde Stimmen und einen Reigen unheimlich schattenhafter Wesen, die mich zu etwas drängten, das ich nicht tun wollte. Alles nur Einbildung? Mühsam erhob ich mich.
    Wie eine alte Frau!, musste ich denken. Als ich erst einmal stand, ging es besser. Da war eine Kanne mit Wasser. Das erfrischte mich einigermaßen. Ich fühlte mich wieder wie ich selbst.
    Weg mit den Hirngespinsten und Nachtgesichten! Du wirst doch nicht verrückt, oder?
    Ich tappte zur Tür und öffnete sie einen Spalt.
    Nichts. Zögernd ging ich hinaus und die Treppe hinab. Ich fand den Magus in jenem Zimmer, in das ich gestern eingestiegen war. Er saß vor einem Bündel zerfledderter Dokumente. Der Hund lag friedlich zu seinen Füßen.
    »Du hast genug geschlafen?«, fragte der Mann. Auch er wirkte entspannt und freundlich. Ich atmete auf. Was von dem, das mir im Kopf herumspukte, war Erinnerung, und was war nur ein wirrer Traum gewesen? Ich schob diese Frage beiseite und beschloss, bei der nächsten Gelegenheit aus diesem Haus zu verschwinden.
    »Du wirst hungrig sein«, sagte er beiläufig. »Nimm dir, was du willst.«
    Wieso wusste eigentlich jeder, der mich sah, auf Anhieb, was für eine gierige Bestie mein Magen war? Etwas Brot und Käse standenauf dem Tisch bereit. Beides sah aus, als sei es unberührt. Aß der Magus denn selber gar nichts? Nun gut. Bei mir verhielt sich das eben anders. Kaum drei Tage gehungert, und ich entwickelte einen spürbaren Appetit. Manchmal auch schon nach einem einzigen Tag oder sogar nur einer Nacht. So war das nun einmal. Hatte vielleicht jemand etwas dagegen?
    Zögernd stieg ich über den riesigen Hund hinweg. Er zeigte keinerlei Interesse an mir. Vielleicht bekam auch er nur einmal die Woche richtig zu fressen. Dann war es wohl gerade an diesem Morgen gewesen.
    In einer Phiole schimmerte wieder dieser seltsame Wein. Ich trank diesmal nichts davon, sondern nahm nur etwas Wasser.
    Nun fühlte ich mich gestärkt und wagte es, ihm eine der Fragen zu stellen, die mir auf der Zunge lagen: »Habt Ihr gefunden, was Ihr sucht?«
    Der Magus blickte auf und strich über sein rötliches Bärtchen.
    »Ich habe eines der Dinge gefunden, die ich suche«, murmelte er und wies auf das staubige Dokument. »Mein Freund hat seine Sammlungen ziemlich ungeordnet zurückgelassen. Gut und wohl. Seit ich dies gefunden habe, weiß ich, dass ich auf einer heißen Spur bin. Er hat unzählige Exzerpte aus sehr alten Schriften gemacht, und alle weisen darauf hin, dass ich es fast enthüllt habe – das große Geheimnis.«
    »Von welchem Geheimnis sprecht Ihr?« Ich hatte den Eindruck, er habe dieses Wort bewusst verwendet, etwa so, wie man einen Köder auslegt. Wieder einer, der mich prüfen wollte, um herauszufinden, was ich wusste …
    »Das große Geheimnis – nun, unter den göttlichen Mysterien, auf deren Enthüllung ein Mensch hoffen darf, gibt es nur eines, das wirklich groß genannt wird. Alle träumen sie diesen Traum, quälen sich mit dieser Frage und wälzen dieses Problem vor sich her, ganz so wie Sisyphus seinen Felsen, vom unvergleichlichen dreifach großen Hermes ältester Zeiten bis auf den heutigen Tag, von Samarkand bis Thule und von Prag bis Saragossa: das Enigma derMetamorphosen, das Wunder der Verwandlung, vom Gleichgewicht der Urmaterie her, durch die Weltenseele, Anima Mundi …«
    »Ihr meint …«
    »Jawohl! Ich meine die Kunst, Gold zu

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