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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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davon nicht das Geringste erkennen lassen.
    »Du bist mir unheimlich«, sagte La Lupa, als er gegangen war. »Wer bist du wirklich ? Was hat man von dir zu halten?«
    »Es ist ohne Sinn. Es gibt keinen Grund …«
    La Lupa kniff die Augen zusammen und warf verächtlich die Lippen auf.
    »Soll ich dir sagen, was ich davon halte?«, stieß sie hervor. »Ich glaube, dass du mich für dumm verkaufen willst! Du verschweigst mir etwas! Veramente, daran kann man fühlen! Kommst du dir schlau vor? Aber vielleicht hast du Recht damit. Treib nur dein Spielchen!«
    Ich musste nach Luft schnappen und konnte kaum die Tränen zurückhalten, als sie so unvermittelt über mich herfiel. Mein Kopf war leer. Welch ein Unfug, das alles! Und dennoch regte sich ganz weit drinnen in mir jener Gedanke, den ich einfach nicht von mir weisen konnte, anderseits jedoch auf keinen Fall zulassen wollte. Er war so heimtückisch verlockend, und gleichzeitig verschreckte er mich so tief: Was, wenn Grifone gelogen hatte und alles ganz anders war? Wenn man ihn nur vorgeschickt hatte als einen Strohmann, der meine wahre Herkunft vertuschen sollte, vertuschen, indem er mich und alle Welt glauben machte, ich sei sein Kind … Und wenn in Wahrheit »Er« mein Vater war, er, der mich jetzt rufen ließ … der Kaiser … Schließlich: Hatte meine Mutter ihn nicht gekannt?!
    Unfug!, dachte ich. Diesem Gedanken konnte ich und wollte ich nicht Raum geben! Und mühsam brachte ich die Worte heraus: »Es ist ohne Sinn. Es gibt keinen Grund …«
    La Lupa gab sich einen Ruck, und ihre Antwort kam prompt: »Narrenkopf! Äffchen! Schaf! Dieser Mann war kein Popanz! Und auch kein Büttel! Glaub mir, ich habe viele Männer gesehen in meinem Leben! Ich weiß sie einzuschätzen! Also sei nicht dumm: Der Kaiser will dich sprechen. Das ist eine Tatsache. Ich habe keine Ahnung, wie du zu der Ehre kommst, nicht die geringste, aber ich kann auch kaum glauben, dass du selber nichts darüber weißt. Also gut! Bleib nur hübsch bei deinen Finten! Was geht es mich an? Du hast den Querkopf deines Vaters! Und auf dessen Konto wird diese ganze Geschichte ja wohl gehen. Wie auch immer – dumm wirst du mir jetzt nicht sein!«
    »Ich soll – da hingehen?«
    »Selbstverständlich musst du gehen! Du wirst schon sehen, was es zu bedeuten hat … Madonna! Was soll das! Sciochezze! Dummes Zeug!«
    La Lupa schimpfte noch eine ganze Weile mit mir herum, während sie uns Frühstück bringen ließ. Das alles sollte vielleicht nur verbergen, dass sie viel aufgeregter war als ich. Mir kam das alles ganz und gar unwirklich vor. Ich hörte ihr zu, als stünde ich neben mir selbst.
    »Dann wollen wir mal sehen, was wir für dich tun können«, sagte meine Freundin schließlich und maß mich mit einem abschätzenden Blick. Erneut schüttelte sie voll Missbilligung den Kopf.
    »Zum Kaiser! Donner und Doria! Bis zum Mittag ist nicht viel Zeit!« Damit stand sie auf und öffnete eine große Truhe, in der sie herumzuwühlen begann. Gleichzeitig schien sie sich weiterhin Gedanken zu machen.
    »Sag einmal, wie alt bist du eigentlich genau?«, fragte sie über die Schulter hinweg, und als ich nicht gleich antwortete, hielt sie inne, wandte sich um und sah mich kritisch an. »Du weißt es nicht?«
    »Ich weiß es nicht genau …«
    »Du meinst die Stunde?«
    »Ich meine alles.«
    »Den Tag?«
    »Es war der Katerinentag, aber …«
    »Etwa nicht mal das Jahr?«
    »Ich habe immer geglaubt … aber Grifone sagt …«
    Ihre Augen zogen sich zweiflerisch zusammen.
    »Hat dir deine Mutter denn gar nichts über deine Geburt erzählt?«
    »Eigentlich nicht. Nein. Meine Mutter war nicht so, wie Ihr sie Euch vielleicht vorstellt. Sie hat kaum über Vergangenes gesprochen.«
    »Und Dokumente gibt es keine?«
    »Nicht dass ich wüsste. Was soll es! Ich bin, weiß Gott, nicht die Einzige, der es so geht.«
    Sie zuckte die Schultern und suchte weiter in ihrer Kiste, jetzt allerdings mit langsameren Bewegungen.
    »Ich habe immer angenommen, ich sei 1514 geboren, am Katerinentag. Im November. Dann bin ich sechzehn …«
    »Ah, Caterina, und was stimmt nicht daran?«
    »Ich weiß nicht. Mein Vater behauptet, es sei zwei Jahre später gewesen.«
    »Und du wärest jetzt also erst vierzehn?«
    »Er sagt, es sei in dem Jahr gewesen, in dem der Kaiser Karl nach Spanien ging und König wurde. Im Jahr 1516. Er muss es wohl wissen.«
    »Pah!«, machte La Lupa, und es klang einigermaßen verächtlich. »Dein Vater hat manchmal

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