Tanz der seligen Geister (German Edition)
Menschen waren. Der Geist des Zornes erhob sich unter ihnen, trug ihre jungen Stimmen empor, riss sie mit fort wie auf einer Woge der Trunkenheit, und sie bewunderten einander in diesem neuen Verhalten als Grundbesitzer, so wie Leute einander dafür bewundern, dass sie betrunken sind.
»Wir können ebenso gut jetzt alle zusammenrufen«, sagte Steve. »Dann brauchen wir nicht überall herumzufahren.«
Es war Abendbrotzeit, draußen wurde es dunkel. Alle bereiteten sich zum Aufbruch vor, Mütter knöpften die Mäntel ihrer Kinder zu, Kinder, die lustlos an ihren Luftballons, Pfeifen und Papierkörbchen mit Geleebonbons festhielten. Sie hatten aufgehört, sich zu streiten, nahmen kaum noch Notiz voneinander; das Fest hatte sich aufgelöst. Auch die Erwachsenen waren ruhiger geworden und fühlten sich müde.
»Edith! Edith, hast du mal einen Stift?«
Edith brachte einen Stift, und die Eingabe für die Straße, die Carl vorbereitet hatte, wurde auf dem Esszimmertisch ausgelegt, nachdem die Pappteller mit Resten von angetrockneter Eiscreme weggeräumt worden waren. Alle unterschrieben mechanisch, während sie sich verabschiedeten. Steve schaute immer noch etwasfinster drein; Carl hielt eine Hand auf das Papier, ganz geschäftlich, aber stolz. Mary kniete auf dem Boden und kämpfte mit Dannys Reißverschluss. Sie stand auf und zog ihren Mantel an, strich sich die Haare glatt, zog sich die Handschuhe an und dann wieder aus. Als ihr nichts mehr zu tun einfiel, ging sie auf ihrem Weg zur Haustür an dem Esszimmertisch vorbei. Carl hielt ihr den Stift hin.
»Ich kann das nicht unterschreiben«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte, sie war rot geworden. Steve legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Was hast du denn?«
»Ich glaube nicht, dass wir das Recht dazu haben. Wir haben nicht das Recht dazu.«
»Mary, ist dir denn egal, wie es hier aussieht? Du lebst doch auch hier.«
»Ja, es – es ist mir egal.« War es nicht seltsam, wie weit die eigene Stimme trug und wie alle anderen beschämt zusammenschraken, wenn man sich in seiner Phantasie für etwas starkmachte? Aber im wirklichen Leben lächelten alle nur sonderbar, und man sah, das Einzige, was man erreicht hatte, war, sich selbst als amüsantes Gesprächsthema für den nächsten Kaffeeklatsch aufzutischen.
»Keine Sorge, Mary, sie hat Geld auf der Bank«, sagte Janie. »Muss sie ja. Ich habe sie mal gefragt, ob sie gelegentlich auf Debbie aufpassen würde, und sie hatmich fast angespuckt. Sie ist nicht gerade eine reizende alte Dame, weißt du.«
»Ich weiß, dass sie keine reizende alte Dame ist«, sagte Mary.
Steves Hand ruhte immer noch auf ihrer Schulter. »He, wofür hältst du uns denn, für eine Horde von Menschenfressern?«
»Niemand will sie nur so zum Spaß rauswerfen«, sagte Carl. »Es ist bedauerlich. Wir alle wissen das. Aber wir müssen an die Gemeinde denken.«
»Ja«, sagte Mary. Aber sie steckte die Hände in die Manteltaschen und wandte sich ab, um sich bei Edith für das Geburtstagsfest zu bedanken. Ihr kam der Gedanke, dass sie Recht hatten, für sich selbst, für all das, was sie sein mussten, was immer das sein mochte. Und Mrs. Fullerton war alt, sie hatte tote Augen, nichts konnte sie berühren. Mary verließ das Haus und ging mit Danny die Straße hinauf. Sie sah, wie die Vorhänge der Wohnzimmerfenster zugezogen wurden; Katarakte aus Blumen, Laubwerk oder geometrischen Mustern sperrten die Nacht aus diesen Zimmern aus. Draußen war es völlig dunkel, die weißen Häuser verschwammen, die Wolken zerteilten sich, und aus Mrs. Fullertons Schornstein wehte Rauch. Die Struktur von Garden Place, die sich bei Tage so deutlich abzeichnete, schien nachts in der rauhen, schwarzen Bergflanke zu versinken.
Die Stimmen im Wohnzimmer sind verklungen, dachte Mary. Könnten sie doch verklingen und ihre Pläne in Vergessenheit geraten, könnte doch eines bleiben, wie es ist. Aber dies sind Menschen, die gewinnen, und es sind gute Menschen; sie wollen ein Zuhause für ihre Kinder, sie helfen einander, wenn es Probleme gibt, sie planen eine Gemeinde – sie benutzen dieses Wort, als verfüge es über eine moderne, wohl ausgewogene Zauberkraft, ohne die Möglichkeit irgendeines Fehlers.
Es gibt nichts, was du im Augenblick tun kannst, außer die Hände in die Taschen zu stecken und dir ein unvoreingenommenes Herz zu bewahren.
Bilder
Eines Tages war dann Mary McQuade wieder da, und ich tat so, als könnte ich mich nicht an sie erinnern. Das schien mir
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