Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Onkel gekümmert und sich Tag und Nacht an seiner Seite aufgehalten. Alle lobten ihn dafür, sich so fürsorglich zu verhalten. Ständig war er mit Priam durch die Gänge gelaufen, hatte ihm rasch einen Stuhl hingestellt, wenn er für einen Moment der Ruhe bedurfte, und überall hin den gefüllten königlichen Kelch mitgenommen, damit Priam sich am Trank laben konnte, wenn ihm danach war. Und als Seine Majestät dann schließlich zusammengebrochen war, hatte der Neffe ihm weiterhin jeden Wunsch von den Augen abgelesen. So hielt er Priam den Kopf, wenn dieser trinken wollte, wischte ihm danach die Lippen ab und ließ das königliche Haupt dann sanft aufs Kissen zurückgleiten.
Seine Gemahlin aber glaubte ihm diese Fürsorge keinen Augenblick lang. Wenn Bornheld sich nämlich gerade einmal nicht um den König kümmerte, stand er mit Jayme oder einem von dessen Ratgebern zusammen, und sie unterhielten sich verstohlen. Gilbert tauchte wie ein böser Schatten überall in den königlichen Gemächern auf, und Moryson sah man nur mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze durch die Gänge huschen.
So fürsorglich sich der Herzog am Tag verhielt, so schlecht schlief er in der Nacht. Dann wälzte er sich neben Faraday hin und her und krallte die Finger in den Laken. Er murmelte in seinen Träumen, aber seine Gattin konnte nichts von dem verstehen, was er sagte. Eines Nachts wurde es mit ihm so arg, daß sie ihn weckte, um ihn aus seinen Alpträumen zu befreien, und ihm zur Erfrischung ein Glas Wasser reichte. Aber der Herzog schrie nur Unzusammenhängendes und schlug ihr den Becher aus den Händen.
Danach nächtigte Bornheld in einem anderen Zimmer und verkündete allen, er sei seiner Gemahlin überdrüssig und ihre Anwesenheit störe seinen Schlaf. Faraday freute sich zwar, nun vor ihm ihre Ruhe zu haben, aber sie fragte sich dennoch, was ihn in seinen Träumen so plagen mochte.
Judith richtete sich jetzt wieder auf, und die Herzogin reichte ihr ein frisches Tuch.
»Seid bedankt«, sagte die Königin geistesabwesend und beugte sich wieder über ihren sterbenden Gatten.
Vor vier Tagen, als Faraday Judith gebeten hatte, sich endlich ein wenig auszuruhen, hatte sie sich neben das Lager des Königs gesetzt und ihm die Hand aufgelegt. Sie versuchte, Verbindung zur Mutter herzustellen, um ihn vielleicht so zu heilen, wie sie es bei Axis vermocht hatte.
Doch kaum hatte sie ihn berührt, zog sie auch schon hastig die Hand wieder zurück. Was sie in dem kurzen Augenblick gespürt hatte, war keine natürliche Krankheit gewesen! Dunkler Zauber wütete unter Priams Haut. Lange Zeit saß Faraday nur zitternd da und winkte die Diener fort, die sogleich zu ihr geeilt waren. Zauberkräfte? Wie sollte das möglich sein? Wer verstand sich hier im Palast denn darauf?
An Verdächtigen für einen Anschlag auf den König kamen hier am Hof mehr als genug Personen in Frage. Bornheld stand natürlich ganz oben auf der Liste. Aber auch im Turm des Seneschalls fanden sich viele, die Seiner Majestät gern einen Dolch in den Rücken gestoßen hätten. Die ganze Kirchenspitze würde sich um das Privileg balgen, die Waffe als erste führen zu dürfen. Aber sicher waren auch einige der hohen Fürsten zu einem solchen Anschlag bereit; vor allem wenn sie befürchten mußten, durch das geplante Bündnis Priams mit den Ikariern und den Awaren zuviel zu verlieren.
Aber daß einer von ihnen über magische Kräfte verfügen sollte, nein, das war kaum denkbar. Und dennoch hatte Faraday unzweifelhaft bösen Zauber gespürt, den sie jedoch nicht verstehen konnte. Er hatte sich zwar ähnlich machtvoll, aber eben doch ganz anders angefühlt als bei Axis.
Priam erlag hier also offensichtlich einem Mordanschlag, den jemand mittels Zauberei durchgeführt hatte.
Embeth legte ihr jetzt eine Hand auf den Arm und riß sie aus ihren düsteren Gedanken. Faraday nickte ihr dankbar zu und bemerkte dann Jayme, der über das Bett gegriffen und Judiths Hand genommen hatte.
»Verzeiht mir, Königin, aber ich muß den Ritus jetzt bald durchführen. Seiner Majestät bleibt nicht mehr sehr viel Zeit.«
Der Königin zitterten die Schultern vor Erschöpfung, als sie nickte: »Dann beginnt, Bruderführer.«
Der Kirchenführer begann mit dem Sterbesakrament, einer uralten Zeremonie, die der Seele eines Todgeweihten den Übergang in die nächste Welt erleichtern sollte. Wunderbare und tröstliche Worte kamen aus seinem Mund, mit denen er den König ermunterte, seinem Schöpfer in
Weitere Kostenlose Bücher