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Tanz der Verführung

Tanz der Verführung

Titel: Tanz der Verführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Kean
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vorbeizukommen? Hast du das Schreiben?«
    Henrys Lächeln verschwand. »Nein, Mylady, ich habe es nicht.«
    Die Farben des Wandteppichs verschwammen vor Rexanas Augen. Heftig stieß sie die Luft aus und bemühte sich, ihre Stimme zu senken: »O Gott.«
    Henry streckte seine Hände aus und sagte: »Ich bin an den Wachen nicht vorbeigekommen und habe auch keinen anderen Weg in das Gemach gefunden. Ich hätte die beiden bewaffneten Männer allein nicht überwältigen können, ohne einen Aufruhr zu verursachen.« Er schüttelte den Kopf. »Als sie mich entdeckt haben, habe ich so getan, als sei ich betrunken, und habe gefragt, wo die Garderobe ist. Dann habe ich mich hinter diesem Wandteppich versteckt und gewartet, dass einer der Wächter austreten muss, aber …«
    »Henry, Linford hat Rudd wegen Verrates verhaftet.«
    Dem alten Krieger blieb der Mund offen stehen. »Was?«
    »Rudd wird im Kerker von Tangston gefangen gehalten. Linford verhört ihn gerade. Der Sheriff hat mir meine Brosche abgenommen, und ich fürchte, Rudd wird ihm alles erzählen.« Rexana griff nach Henrys Hand und stieg über den reglosen Körper des Wachmanns hinweg. Sie zerrte ihn zurück durch den Gang und achtete nicht auf seine erstickten Proteste. »Wir müssen in das Gemach zurückkehren und das Schreiben suchen und dann einen Weg finden, um Rudd zu befreien.«
    Henry blieb wie angewurzelt stehen. »Nein, Mylady.«
    Sie wirbelte herum und sah ihn an, ihr Rock wehte um ihre Beine. Sie stemmte die Hände in die Hüften, so dass der Krug dagegen schlug und der Geruch des restlichen Weins die Luft erfüllte. »Ich habe keine Angst vor Linford«, sagte sie und war dankbar, dass ihre Stimme dabei nicht zitterte.
    »Ihr vielleicht nicht«, entgegnete Henry und tippte sich auf die breite Brust, »aber ich schon. Ich fürchte um mehr als um meine alten, gebrechlichen Knochen. Ihr dürft nicht Eure Gefangenschaft oder das Leben Eures Bruders riskieren, nur weil Ihr versuchen wollt, ihn zu befreien. In den Verliesen wimmelt es nur so von Wachposten. Denkt doch einmal nach, Mylady. Was wird Linford tun, wenn er erfährt, wer Ihr seid?«
    Sie spürte die Enttäuschung, die in ihr aufstieg. »Henry …«
    Sein Ton wurde gröber. »Ich habe Euren Eltern auf dem Sterbebett versprochen, dass ich auf Euch achten und Euch beschützen werde. Ich bitte Euch, Mylady, die Gefahr ist heute Abend einfach zu groß.«
    Sie hielt Henrys flehendem Blick stand, doch ein Schauder lief ihren Rücken herunter. Die kalte Luft, die über den Boden wehte, strich wie dünne, knochige Finger über ihre Zehen und Fußknöchel. Ob wohl die Luft in den Kerkern von Tangston genauso kalt war?
    »Ich kann den Gedanken, ohne Rudd zu sein, nicht ertragen«, flüsterte sie.
    Henry tätschelte ihre Schulter. »Das müsst Ihr aber. Zumindest jetzt. Wenn wir Glück haben, erwischen wir die Musikanten noch und können mit ihnen zurück nach Ickleton fahren. Es ist sicherer, wenn wir die Reise gemeinsam zurücklegen.«
    Eine Fackel ganz in der Nähe zischte. Über dem Knistern der Flammen waren unmissverständlich Fußtritte zu hören.
    Hatte der andere Wächter vor dem Gemach die Rangelei gehört?
    Hatte er beschlossen nachzusehen?
    Sie warf Henry einen Blick zu. »Lauf!«
    »Wartet.« Henry griff in eine der Falten seines Umhangs und zog die Lederpantoffeln heraus, die Rexana einmal mit Rudd auf dem Markt gekauft hatte. Mit den Tränen kämpfend, setzte sie den Krug in der Nähe des bewusstlosen Wächters auf dem Boden ab und schlüpfte in die Schuhe.
    Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, warf Henry ihr seinen langen Umhang über die Schultern und zog ihr die Kapuze über das Gesicht. Das Gewand roch nach Rauch und Pferden.
    Die Schritte wurden immer lauter.
    Henry riss sie mit sich fort. »Haltet Euren Kopf schön gesenkt«, befahl er über das Klingeln ihrer Glöckchen hinweg. »Ich werde den Außenhof schon finden.«
    »Wie?« Während sie rannte, versuchte sie die laut klimpernden Armreifen abzustreifen. Sie stopfte den ersten in die Tasche des Umhangs und fragte: »Kennst du den Weg denn?«
    Henry warf ihr einen besorgten Blick zu. »Betet, während ich danach suche.«

4. Kapitel
    A ls er die modrige Treppe hinabstieg, die in Tangstons Kerker führte, ballte Fane die Fäuste. Im Halbdunkel vor ihm ging der Krieger, der sich seine verwundete Wange massierte, bis er hinter einer Treppenbiegung verschwand.
    Fane lockerte seine Schultern und versuchte seine Anspannung

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