Tanz der Verführung
spielen, zumindest noch für eine Weile. »Sheriff Linford hat den ganzen Wein ausgetrunken, bevor er gegangen ist.« Mit einer verführerischen Drehung ihrer Handgelenke hielt sie dem Mann den Krug hin. »Es wäre sehr unhöflich von mir, nicht nach neuem zu verlangen.«
Der Wächter grunzte. »Ich werde eine Küchenmagd rufen.«
Ein unverschämtes Lachen erschallte aus Rexanas Mund, als sie eine Hand auf den Türrahmen legte. Sie beugte sich vor, um noch mehr von ihrem Dekolleté zu zeigen, und deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der das Gegröle kam. »Die Bediensteten kümmern sich alle um die Gäste Seiner Lordschaft. Sie sind viel zu beschäftigt, um einer solch lächerlichen Besorgung nachzugehen. Zeig mir, wo die Küche ist, guter Mann, und ich werde den Wein selbst holen.« Sie ließ ihren Finger an ihrem Schleier herabgleiten und winkte ihn zu sich heran. »Niemand wird je etwas davon erfahren.«
Der Wächter leckte sich die Lippen und sah zu seinem Wachkameraden hinüber, der tadelnd mit der Zunge schnalzte. Das Grinsen des braunhaarigen Mannes verschwand. »Ihr könnt den Raum nicht verlassen. Strikter Befehl …«
Sie gluckste: »Seine Lordschaft wird großen Durst haben, wenn er von seinen wichtigen Pflichten zurückgekehrt ist. Stellt euch vor, wie er sich ärgern wird, wenn er erfährt, dass ihr mich daran gehindert habt, Wein für ihn zu holen.«
Die beiden Wachen sahen einander an.
»Oder habt ihr etwa Angst, ich könnte davonlaufen?«, gurrte sie. »Warum sollte ich? Seine Lordschaft hat mir Reichtümer versprochen, wenn ich ihm heute Abend gefällig bin, und ich habe vor, einiges von ihm zu verlangen.«
Der Wächter schüttelte seinen fettigen Kopf. »Also gut, ich werde Euch begleiten.« Er zeigte auf die Treppe: »Hier entlang.«
Mit beiden Händen umklammerte sie den Krug und ging neben dem Wachmann den schlecht beleuchteten Gang entlang. Sein ungewaschener Körper stank ebenso heftig wie der beißende Rauch der brennenden Fackeln an den Wänden. Rexana biss die Zähne zusammen. Sie musste diesem bewaffneten Dummkopf bei der ersten Gelegenheit entkommen. Aber wie?
Sie blinzelte durch den Rauch, der den Gang vernebelte. Weiter vorne hing ein farbenfroher Wandteppich, auf dem Kreuzritter abgebildet waren, die eine blutige Schlacht gegen grauenhafte Dämonen schlugen. Sie schauderte, zwang sich aber, nicht an die Bilder zu denken, und lief schneller.
»Mylady.«
Das Flüstern kam aus dem Wandteppich, auf dem eine scheußliche dreiköpfige Bestie abgebildet war, die vom Schwert eines Kreuzritters durchbohrt wurde. Fast wäre ihr ein Aufschrei entfahren. Spielte ihre Phantasie ihr einen Streich?
»Mylady, nicht schreien!«
Der Wächter erstarrte. Sein Gesicht verfinsterte sich argwöhnisch. »Habt Ihr etwas gesagt?«
Rexana fuhr sich mit der Zunge über ihre trockenen Lippen und blieb ebenfalls stehen. »Nein, guter Mann. Vielleicht war es … ein Ungeheuer?«
Der Wandteppich bewegte sich, als würde die Bestie sich im Angesicht ihres Todes noch einmal aufbäumen. Der Wachposten erblasste und griff nach seinem Schwert. Doch noch ehe er es aus der Scheide ziehen konnte, schnellte Henry hinter dem Wandteppich hervor und schlug dem Wächter seine Faust auf das Kinn. Mit einem Grunzen taumelte der zurück und versuchte krampfhaft, seine Waffe zu ziehen.
Daraufhin trat Henry ihm gegen das Schienbein. Der Wächter krümmte sich, stürzte sich auf Henry und schleuderte ihn zurück gegen den Wandteppich. Eine Staubwolke erhob sich und umhüllte die beiden.
Rexana schloss ihre Finger fester um den Krug. Ohne auf die Angst zu achten, die ihren Atem beschleunigte, holte sie weit aus und ließ den Krug mit einem metallenen Klang auf den Kopf des Wächters krachen. Er ging zu Boden.
»Gut gemacht, Mylady.« Henry richtete sich auf, strich den Ärmel seines Wamses aus grauer Wolle zurück und rieb sich mit der Hand die gerötete Nase. »Pah! Verdammter Staub.«
Rexana rannte zu ihm und griff nach seiner freien Hand. Das vertraute Gefühl seiner rauhen, zerfurchten Haut weckte Zuversicht in ihr. »Ich bin so froh, dich zu sehen.«
Lachfältchen bildeten sich um seine Augen. »Ich auch.« Sein Blick wurde milder, er wirkte verwirrt. Leise fragte er sie: »Warum tanzt Ihr nicht mehr im Saal? Und warum tragt Ihr einen Weinkrug mit Euch?«
Ihre Wangen röteten sich für einen Augenblick. »Das werde ich dir später erklären. Hattest du keine Schwierigkeiten, an den Wachposten
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