Tanz der Verführung
abzuschütteln. Nach seiner Flucht aus dem orientalischen Gefängnis von General Gazir, das für ihn die Hölle bedeutet hatte, hatte er gehofft, nie wieder einen Kerker betreten zu müssen. Ein alberner Gedanke für einen Sheriff, denn auch das war ein wichtiger Teil seiner Pflichten.
Seine Stiefel klapperten über die unebenen Steinstufen. Die Dunkelheit nahm zu. Entfernte Erinnerungen stiegen in ihm hoch, die ihn mehr als der giftige Stachel eines Skorpions schmerzten. Sein Körper begann unwillkürlich zu zittern. Wieder spürte er die Ketten, die in seine Handgelenke schnitten, und die Peitsche, die auf seinen Rücken klatschte. Er spürte die Messer, Haken und all das andere furchtbare Folterwerkzeug, das sich in sein Fleisch bohrte und zu grausam war, um es beim Namen zu nennen. Sein Magen tobte.
Derbe Stimmen drangen vom Kerker zu ihm hinauf und rissen ihn aus seinen Gedanken. Er schob die Erinnerungen beiseite. Die Vergangenheit würde ihn stets verfolgen und hatte unauslöschliche Narben in ihm hinterlassen, doch das änderte nichts an seinen Verpflichtungen gegenüber der Krone. Leila hatte Fanes unbeugsame Treue zu seinem englischen König respektiert, die in seiner Seele brannte und ihn unmenschliche Folter ertragen ließ. Das hatte sie ihm gesagt. Er würde Leilas Andenken nicht enttäuschen. Und sich selbst auch nicht.
Ein Lächeln huschte über Fanes Lippen. Je schneller er die Verräter verhörte, desto schneller konnte er wieder zu der Tänzerin zurückkehren, die das Schicksal so unverhofft in seine Burg geführt hatte. Ein verlockender Gedanke.
Die Brosche verrutschte in seinem Griff, das warme Material berührte seine Handfläche. Der Pfeil und das darumgewickelte Band hatten eine ausgefallene Form. Was das wohl zu bedeuten hatte? Warum hatte sie ihn so betroffen angesehen, als er sie gebeten hatte, die Brosche abzunehmen? Wie stand sie wirklich zu Villeaux?
Sie hatte eine Liebschaft mit ihm verneint. Und Fanes Instinkt sagte, dass sie nicht log. Trotzdem musste er wissen, welche Verbindung zwischen ihr und Villeaux bestand, selbst wenn er sie verführen musste, um an diese Information heranzukommen.
Ein noch verlockenderer Gedanke.
Es würde ihm ein Genuss sein, die Frau zu enthüllen, die sich hinter den glitzernden Gewändern verbarg. Genau so, wie er es sich schon im Festsaal lebhaft vorgestellt hatte, würde er sie behutsam entkleiden, von ihrem Schleier bis zu dem klingenden Fußschmuck, dann ihren wunderbaren Körper erforschen, sie kosten und ihr beweisen, dass er den wilden Aufschrei in ihrem Tanz verstanden hatte.
Gemeinsam würden sie unvergessliche, leidenschaftliche Stunden erleben.
Mit einem Satz sprang er die letzten Stufen hinunter. Seine Schuhe landeten auf gestampfter Erde. Der Treppenschacht endete in einem großen Raum, in dem sich mehrere Wachen aufhielten. Die Luft stank nach feuchtem Mauerwerk und Schimmel. Fane schob die in ihm aufsteigende Erinnerung beiseite, trat in den höhlenartigen Raum und warf einen prüfenden Blick auf die drei Lords, die in düsteres Schweigen gehüllt in einer der Zellen saßen. Als er sich wieder abwandte, neigte Kester, der alte, stämmige Hauptmann, seinen Kopf mit dem ergrauenden Haar und reichte ihm eine Wachstafel, auf der etwas gekritzelt stand.
»Wir haben ihre Namen, Mylord, genau wie Ihr angeordnet hattet. Keiner der Gefangenen bestreitet, an dem Treffen im Wirtshaus teilgenommen zu haben.«
Fane sah das Geschriebene durch und gab dann die Tafel zurück. »Wo ist Villeaux?«
Kester deutete auf die entlegenste Zelle des Kerkers. Die anderen Gefangenen begriffen, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen würde, und fingen zu tuscheln an. Ein Wachmann grunzte und schlug gegen die Gitterstäbe. Es wurde still, als Fane durch den Raum schritt, nur noch das Zischen der Fackeln war zu hören.
Er blieb vor dem Verlies stehen und starrte den an die Wand gefesselten Kerl an. Die Wachen hatten ihm seine schönen Lederschuhe ausgezogen, sie in der Nähe der Gitterstäbe abgestellt und ihn an Händen und Füßen gefesselt. Villeaux war von den anderen getrennt worden, damit er nicht weiter Unruhe stiften konnte. Zumindest war das die Absicht.
Ein sinnloser Versuch, sagte sich Fane, als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Er prüfte die straffen Gesichtszüge des Burschen. Der Junge würde Ärger bringen.
Fanes Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. Er kniff die Augen zusammen und warf einen
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