Tanz des Lebens
beschrieben hatte, und die alle für ziemlich schüchtern hielten, genau diese Melissa ergriff jetzt die blutige Masse.
Mit einer einzigen, resoluten Drehung entfernte sie den Magierring und überreichte ihn Shiva. Dann holte sie aus und warf den Finger in weitem Bogen in das tosende Meer hinaus. Mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck drehte Liam sich um und starrte auf die beiden Gestalten, die unter der windgepeitschten Zypresse auf dem kargen Felsenboden lagen.
Jhonfran ließ ihm ein wenig Zeit, dann kam er auf ihn zu und stellte sich neben ihn. Um das Blut nicht mehr sehen zu müssen, vergrub er die Hände tief in seinen Hosentaschen und folgte Liams Blick. »Quin verdankt ihr sein Leben. Hoffentlich weiß er das zu schätzen.«
»Gottverdammt! Sie sollte endlich aufstehen. Es ist nicht gut für sie, in seiner Nähe zu sein.«
In Jhonfrans Miene spiegelte sich Erstaunen, während er Liam aus den Augenwinkeln betrachtete. »He, Mann«, wandte er unsicher ein. »Was willst du? Es ist vorbei. Dank Fayes Gabe ist Quin jetzt zur guten Seite gewechselt. Und er ist immer noch dein Bruder.«
Eine Zeitlang stand Liam mit geballten Fäusten regungslos da. »Hast du schon jemals jemanden verloren – an das Böse, meine ich?«, fragte er mit eisiger Stimme, ohne den Blick von dem Felsen zu lösen. »Ja, er ist immer noch mein Bruder. Aber er wird immer das bleiben, was er ist – ein Natdämon, der sich nimmt, was er will.«
30
Ein Hauch von Leben
» D ein Haar riecht nach Seetang und Schwefel«, murmelte Quin leise an ihrem Ohr. »Ich weiß. Alles hier riecht nach Schwefel. Die Seebrise ist meine persönliche Note dazu«, murmelte Faye ebenso leise. Klatschnass lagen sie beide eng beieinander auf dem schlammigen Felsenboden unter einer verbannten Zypresse, deren traurige Überreste ihnen kaum Schutz vor dem Regen und den Rauchschwaden der verbrannten Erde bot.
Zitternd klammerte sie sich an Quins Arm und blickte sich um. In einiger Entfernung erspähte sie die Gruppe und entdeckte Luke noch immer an Melissas Seite. Gott sei Dank. Erleichtert schloss sie die Augen und sprach ein stummes Dankesgebet. Sie erschauerte bei der Erinnerung, ihn beinahe verloren zu haben. Langsam drang der Gedanke in ihr Bewusstsein, dass ihr Patenonkel kaltblütig bereit gewesen war, sie alle der dunklen Magie zu opfern.
Jetzt verstand Faye auch, warum das Kätzchen ihn damals im Patio gebissen hatte. Einzig das Tier hatte mit seinem Instinkt den Dämon im Wesen ihres Onkels gespürt. Und sein ständiges Nasenbluten in ihrer Gegenwart ergab jetzt auch einen Sinn. Ihr Onkel war durch einen dunklen Zauber ein Dämon gewesen, der ebenso wie Quin allergisch auf ihren Ritualjadeanhänger reagiert hatte. Mason Conners hatte sich entschieden und sich der schwarzen Seite der Macht verschrieben. Jetzt war es endlich vorbei.
Er hatte verloren. Und nun war es an ihnen, den Überlebenden, mit dem Verlust und dem Kummer zu leben. Schwermütig fiel ihr Blick auf ihren Vater, der zusammengekrümmt neben seinem toten Zwillingsbruder kniete. Faye schluckte die Tränen herunter, die ihr heiß aus den Augen quollen. Eine Zeit lang lagen sie eng aneinandergeschmiegt.
»Lunababe?«
»Ja.«
»Darf ich dich was fragen?«
»Alles«, antwortete sie mit entwaffnender Ehrlichkeit. Zögernd löste Quin eine Hand von ihrer Hüfte und ließ seine Fingerspitzen zart über ihre verschmutzte Wange gleiten. »Sag mir«, flüsterte er mit unsicherer Stimme. »Warum hast du mich gerettet? Das hättest du nicht tun sollen.«
»Warum nicht?«
»Oh Gott! Es gibt millionen Gründe, einen Natdämon verrecken zu lassen und nicht mit einem wie mir zusammen hier auf einer blutigen Felsenklippe zu liegen.«
»Und welche Gründe führst du an?«, raunte sie erschöpft.
»Ich bin ein verfluchter Dämon und damit dein natürlicher Feind.«
»Ich erweitere gerne meinen Horizont durch jemanden, der komplett anders ist als ich«, informierte sie ihn unbeeindruckt, während sie sich unauffällig die Tränen abwischte.
»Was …?« Quin stieß einen weiteren Fluch aus. »Aber ich bin kein normaler Junge. Du hast es doch selbst gehört: Ich bin ein Verdammter der dämonischen Unterwelt, die ab jetzt meine dunkle Seite in mir bestimmt.«
»Ich helfe gerne rastlosen Seelen, damit sie zur Ruhe kommen.«
»Babe, ich bin unfähig, Gefühle zu erkennen, geschweige denn, sie zu erwidern.«
»Red keinen Quatsch, Quin. Du hast mir schon öfter das Leben gerettet. Sowas tut
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