Tanz des Verlangens
vergisst.“
Néomis Sorge um Conrad löste sich in Luft auf, und sie lachte. Als sie aus dem Studio stürzte, um möglichst schnell die Treppen hinauf in ihr Zimmer zu gelangen, fragte sie sich, welche seiner Seiten sie heute Abend wohl zu sehen bekommen würde.
34
Bösartig, allzeit bereit zu foltern und stets nach Blut dürstend , dachte er, als er sich mit einem erschöpften Seufzen und einem Becher Blut auf die Vordertreppe des Hauses sinken ließ. Bis jetzt war jeder, den er sich vorgenommen hatte, um ihn über Tarut auszuquetschen, davon überzeugt gewesen, dass der berüchtigte Conrad Wroth genauso war wie immer.
Was gut war – weil er nicht im Geringsten mehr der war, der er gewesen war.
Trübsinnig starrte er in seinen Becher und dachte über seine Jagd nach. Er war seinem letzten verheißungsvollen Hinweis nachgegangen, der allerdings keinerlei neue Erkenntnisse gebracht hatte. Noch ein fehlgeschlagener Versuch.
Jetzt war er am Ende seiner Weisheit und auch seiner Kräfte angekommen. Seine unermüdliche Suche nach Tarut hatte einen hohen Tribut gefordert. Wenn Conrad schlief, wurde er von grauenhaften Albträumen heimgesucht. In seinen Träumen sah er Néomi wieder in gespenstischem Schwarz-Weiß vor sich, mit beschatteten Augen und Wangen. Sie saß irgendwo im Dunkeln gefangen, vor Entsetzen laut schreiend, bis ihr die Luft wegblieb.
Dieses Bild quälte ihn dermaßen, dass er sich fragte, ob es sich dabei vielleicht um eine Art Waffe des Traumdämons Tarut handelte, die dieser gegen ihn einsetzte.
Also schlief Conrad jetzt so gut wie gar nicht mehr und nutzte die Zeit, um länger in den Teilen der Welt zu jagen, in denen noch Nacht herrschte.
Er hatte sämtliche Schlupfwinkel des Dämons abgesucht, genauso wie die seiner Kameraden, und alles unerbittlich nach Hinweisen durchkämmt. Bis jetzt war Conrad zweimal angegriffen worden, von menschlichen Kapsliga, die es nicht besser wussten. Er hatte ihnen eine Lektion erteilt, sie aber nicht getötet – sie stellten für ihn keine so große Herausforderung dar, dass er sich wahrheitsgemäß auf den Zwang zur Selbstverteidigung hätte berufen können.
Und immer noch kein Zeichen von Tarut.
Conrad grübelte ständig darüber nach, ob er nicht alles noch schlimmer machte, indem er bei Néomi blieb. Am Ende musste er zugeben, was er eigentlich schon immer gewusst hatte: Der Schaden war bereits angerichtet. Seit der Nacht der Versammlung schwebte sie in ständiger Gefahr. Ihm war sein Traum erfüllt worden – und er lebte ihn selbstsüchtig weiter aus.
Auch wenn Conrad sich tausend Jahre lang von ihr trennen würde, wäre sie doch immer noch das, was ihm am meisten von allen Dingen am Herz läge – und was zu verlieren er am meisten fürchtete.
Wenn ich sie nur in einen Vampir wandeln könnte. Dann wäre sie nicht mehr so schrecklich verletzlich. Aber er wusste, dass Frauen die Wandlung nicht überstanden. Nicht eine seiner vier Schwestern war wiederauferstanden …
Einerseits war er erleichtert gewesen, dass es so gekommen war. Es waren sensible Mädchen gewesen – er mochte sich nicht vorstellen, wie sie erwachten und man ihnen einen Becher Blut unter die Nase hielt. Jetzt fragte Conrad sich, ob sie wohl jemals erwachsen geworden wären. Hätten sie sich anpassen können? Er würde es nie erfahren.
Sobald er den Becher geleert hatte, translozierte er sich direkt ins Bad, um zu duschen und sich zu rasieren, damit Néomi noch ein bisschen schlafen konnte. Als er unter dem heißen Wasser stand, begann er plötzlich leise zu fluchen. Er hatte vergessen, Pläne für heute Abend zu machen. Wohin um alles in der Welt soll ich sie ausführen …?
Doch als er das Schlafzimmer betrat, war sie bereits wach und lächelte ihn an. Sein Herz schlug schon schneller, wenn er sie nur sah. „Du bist schon auf und angezogen? Aber nicht zum Ausgehen?“
Sie trug ein rotes Negligé, aus dem ihre milchweißen Brüste hervorquollen. Das Haar trug sie offen, so wie er es mochte. Selbst sein mitgenommener Körper regte sich unter dem Handtuch.
Jedes Mal, wenn er sie nahm, geriet er stärker in ihren Bann. Nachdem er mehr als dreihundert Jahre darüber nachgesonnen hatte, wie Sex wohl sein mochte, hatte er zwar hohe Erwartungen gehabt, doch sie übertraf sie um ein Vielfaches.
„Ich möchte heute Abend nicht ausgehen“, sagte sie. „Vielleicht können wir uns ja hier entspannen?“ Sie setzte sich aufs Bett und klopfte auf den Platz neben sich. „Ich könnte
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