Tanz mit dem Engel
würde.
»Wir werden Sie brauchen«, hatte er zu der Frau gesagt.
Sie hatte genickt. Sie hatten sich in der Stadt getrennt.
»Ich gehe nicht zum Boot zurück«, hatte sie gesagt.
»Es ist nicht noch etwas anderes?«
»Was sollte da noch sein?«
»Ihre Angst.«
»Ist das so merkwürdig?«
»Haben Sie Angst vor... jemand anderem?«
»Gibt es einen andern?«
»Ich weiß es nicht.«
»Gibt es mehrere Mörder in dieser Geschichte?«
»Wir wissen es nicht.«
»Herrgott.«
Winter hatte abgewartet, ob sie mehr sagen würde. »Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll«, hatte sie gesagt.
»Er hat einen Kumpel oder was das ist. Obwohl ich mir nicht sicher bin.«
»Wissen Sie, wer es ist?«
»Nein.«
Macdonald rief an. Die Stimme war gespannt und gleichzeitig erleichtert.
»Genügt es?« fragte er.
»Früher oder später«, sagte Winter. »Wir haben vielleicht sogar eine Waffe.«
»Dein Wikinger wird sich freuen.«
»Er muß als Zeuge auftreten, wenn wir nicht mit etwas anderem Glück haben«, sagte Winter, »wenn Bölger unter einem seiner anderen Namen in einem von den Flugzeugen gesessen hat.«
»Hast du nicht gesagt, daß der Wikinger geisteskrank ist?«
»Was sollen wir mit diesem Flieger anfangen? Er hat Bölger nie im Leben gesehen, sagt er. Er ist in der Bar gewesen, aber wer ist das nicht? Wie sollte er sich wohl an den Barkeeper erinnern?«
Macdonald antwortete nicht.
»Wir haben den Kumpel erwischt. Diesen Peter Möller«, sagte Winter.
»Ja?«
»Weiß von nichts, sagt er.«
»Der Wilddieb?«
»Er sagt nur, daß Vikingsson nicht richtig im Kopf ist, daß er nicht weiß, wovon der Kerl redet«, sagte Winter. »Wie geht es selbst?« fragte er nach drei Sekunden Pause.
»Wir schaffen es«, antwortete Macdonald.
»Sind alle Papiere fertig?« »Fast.«
»Wie viele wissen Bescheid?« »Nicht mehr als notwendig.« »Gut.«
»Vielleicht muß es nicht sein.« »Doch, es wird nötig sein.« »O Gott.«
»Hast du die Fotografien bekommen?«
»Ihr seht alle verdammt geklont aus in Schweden«, sagte Macdonald. »Wie zum Henker soll man Fotogegenüberstellungen durchführen, wenn alle gleich aussehen?«
Winter antwortete nicht. Er hörte das atmosphärische Rauschen über der Nordsee.
»Es ist doch der gleiche Himmel und der gleiche nördliche Wind«, sagte Macdonald, »aber ihr seht so anders aus als die Briten. Das ist schwer zu erklären.«
»Aberdeen liegt auf gleicher Höhe mit Göteborg«, sagte Winter.
»Auf der Karte?«
»Wo sonst?«
»Wir hören voneinander, Gott sei bei uns.«
Gabriel Cohen hatte angeboten, daß Winter das bevorstehende Verhör führen sollte, aber er hatte abgelehnt. Er saß im Hintergrund, wie ein Schatten vergangener Zeiten. Er konnte aufstehen und gehen, wenn er im Weg war.
Bölgers schlafwandlerisches Benehmen hatte sich geändert. Er war lebhaft, höhnisch, aggressiv geworden.
Winter erkannte in ihm den harten Teenager wieder. Damals war Bölger ständig in Bewegung gewesen, hatte immerzu von allem geredet, was er machen wollte, was er werden wollte. Von seinem Erfolg. Er hatte von seinem Erfolg geredet. Er war clever. Er konnte zeigen, daß er cleverer als alle andern war.
Winter hatten stundenlang gesessen und darüber nachgedacht, was Bölger vor so vielen Jahren gesagt hatte, was er selbst gemacht hatte und wie er und Bölger im Lauf der Jahre geworden waren, der Jahre, die immer näher herangestürmt waren und die am Ende alles in diesem Verhörszimmer eingeholt hatten.
GC: Sie haben nicht zufriedenstellend über Ihr Tun am Freitag, dem dreizehnten März, berichten können.
JB: Wie ich gesagt habe. Es war ein Unglückstag, und ich wollte keinen Menschen sehen. Ich bin zu Hause geblieben.
GC: Sie haben niemanden, der das bestätigen kann?
JB: Das müßt ihr feststellen. Ihr seid doch die Bullen.
GC: Es wäre besser für Sie, mit uns zusammenzuarbeiten.
JB: Zusammenarbeiten? Mit wem? Ich bin unschuldig.
GC: Sie wiederholen das oft.
JB: Ihr großer Chef da hinten in der Ecke glaubt sowieso nicht an mich. Bei solchen Freunden braucht man keine Feinde.
GC: Wir haben drei Pässe in Ihrer Wohnung gefunden. Sie sind auf folgende Personen ausgestellt.
Gabriel Cohen las die Namen vor, und Bölger hörte zu.
GC: Kennen Sie diese Dokumente?
JB: Nie gesehen.
GC: Sie haben diese Reisedokumente nie gesehen?
JB: Jemand hat sie dorthin gelegt. Dort eingeschmuggelt.
GC: Wer sollte die Dokumente in Ihre Wohnung gelegt haben?
JB: Ihr Chef. Erik
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