Tanz mit dem Engel
Tischplatte verschüttet ist. Nur bis ich mich beruhigt habe.
Das wird eine merkwürdige Ermittlung.
»Es gibt noch was anderes«, meldete sich Ringmar aus seiner Lieblingsecke. Da stand er immer, die Finger in ewiger Bewegung über dem Schnauzer; es sah aus wie eine Art Maniküre, aber es waren seine Gedanken, die sich in den Fingern regten.
»Die Abdrücke«, sagte er.
Keiner sagte etwas. Winter sah Ringmar an, wartete, schluckte und spürte wieder etwas unten links im Hals.
»Steht im letzten Bericht von Interpol oder aus England etwas über Abdrücke?« fragte Ringmar.
»Nein«, sagte Möllerström, »aber sie sagen, daß sie noch nicht einmal mit dem halben Zimmer fertig sind.«
»Das bedeutet, daß wir schneller sind«, bemerkte einer der Fahnder, der bald einer von denen sein würde, die die Kerngruppe verließen.
»Das bedeutet verdammt noch mal überhaupt nichts«, sagte Ringmar, »solange wir hier nicht die genauen Zeitpunkte festgestellt haben.«
»Ich möchte lieber nicht, daß das ein Wettkampf zwischen London und Göteborg wird«, sagte Winter.
»Genau«, meinte Ringmar. »Wo war ich?«
»Die Abdrücke«, sagte Möllerström.
»Ja«, fuhr Ringmar fort. »Die Techniker haben diese kleinen Abdrücke fast mitten im Zimmer gefunden, und jetzt glauben sie zu wissen, was es ist.«
»Sie sind sich ziemlich sicher«, ergänzte Winter.
»Sie sind sich einigermaßen sicher. Sie sind in diesem Moment mit den Vergleichen beschäftigt«, sagte Ringmar. »Ich habe gerade mit ihnen gesprochen. Oder mit Interpol.«
»Es wird Zeit, direkten Kontakt aufzunehmen«, sagte Winter.
»Sollen wir morgen herkommen, um den Rest zu hören?« war eine weibliche Stimme zu vernehmen; sie klang eisig, doch die Ironie war bei Ringmar vergeudet. Aber aus ihr kann etwas werden, dachte er.
Aneta Djanali war eine der wenigen Frauen im Fahndungsdezernat, und sie würde in Ringmars Nähe bleiben, wenn die Spur kalt zu werden begann. Sie war neu, und sie bat selten um Entschuldigung dafür, und Winter und Ringmar hatten darüber gesprochen. Sie blieb. Sie ist auch hübsch, hatte Ringmar gesagt.
»Es ist ein Stativ«, sagte Ringmar.
Die Stille lag schwer und spürbar im Zimmer.
»Es ist ein Stativ für eine Filmkamera oder eine normale Kamera oder auch für ein Fernglas, aber es ist ein Stativ.«
»Wie zum Kuckuck können wir das wissen?« fragte einer mitten im Zimmer.
»Wie bitte?«
»Wie können wir uns sicher sein, daß es ein Stativ ist?«
»Wir sind uns nicht sicher, wie wir gerade gesagt haben«, warf Erik Winter ein. »Aber das Labor ist dabei, alles andere auszuschließen.«
»Der Teufel hat es gefilmt«, sagte ein Ermittler an der Tür und blickte in die Runde.
»Darüber wissen wir nichts«, bemerkte Winter.
»Wir wissen nur, daß es im Blut Abdrücke eines Stativs gibt«, sagte Ringmar.
»Wissen wir, wann die dorthin gekommen sind?« fragte Bergenhem.
»Wie bitte?« sagte Aneta Djanali.
»Hat er das Stativ davor oder danach aufgestellt?« fragte Bergenhem.
»Das ist eine gute Frage«, sagte Ringmar, »und ich habe gerade Bescheid bekommen.«
»Ja?«
»Man glaubt, daß jemand ein Stativ aufstellte, bevor... bevor es geschah«, erklärte Ringmar.
»Das Blut ist also danach hingekommen«, sagte Bergenhem.
Niemand im Zimmer sagte etwas.
»Es wurde also ein Film gedreht«, sagte Aneta Djanali und stand auf, ging aus dem Zimmer und über den Flur weiter bis zur Toilette. Eine ganze Weile stand sie dort, den Kopf schwer über das Waschbecken gebeugt. Wo sind die Burschen, dachte sie. Warum stehe ich allein hier?
Winter saß da und hielt die Hände der Trauernden. Er hätte viel sagen können, aber zunächst war er ganz still. Hier drinnen gab es fast nur Schatten. Nichts schien noch aus sich selbst zu leben, es war, als ob die Trauer gesiegt hätte und bei Lasse und Karin Malmström die Schatten aus ihrem Dunkel aufgestiegen wären.
So dachte er.
»Schrecklich, sein Kind zu überleben«, sagte Lasse Malmström.
Winter stand auf und ging quer durchs Zimmer, hinaus auf den Flur und nach links in die Küche. Er war seit einigen Jahren nicht mehr hier gewesen, aber früher um so häufiger. Die Tage stürmen wie wilde Pferde über die Hügel, dachte er und öffnete drei Schranktüren, bis er die Büchse mit Pulverkaffee gefunden hatte. Er füllte Wasser in den Schnellkocher und steckte den Stecker in die Steckdose unter der Leuchtröhre über dem Spültisch. Dann gab er Kaffeepulver und etwas Milch in
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