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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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Ausschau zu halten. Allerdings verfügten sie über keine Ferngläser, weil der Schrank, in dem die Ferngläser sich befanden, verschlossen war. Den Schlüssel hatte der Zweite Offizier David Blair in der Jacken-tasche – nur war Blair gar nicht an Bord, sondern unterwegs zu einem anderen Schiff. (Kapitän Smith hatte kurz vor der Abfahrt einen erfahrenen Offizier von der Olympic an Bord genommen, wodurch sich in einem Dominoeffekt die Rangfolge nach unten verschob. Blair entschied sich daraufhin, das Schiff zu verlassen.) In der späteren Untersuchung der Katas-trophe wurde der Ausguck Fred Fleet gefragt, wie groß der Unterschied zwischen der Ausschau nach einem Eisberg mit bloßem Auge und der Ausschau mit einem Fernglas sei. Er antwortete: »Groß genug, um ihm aus dem Weg zu gehen.« Kurz vor seinem Tod übergab Blair den Schlüssel seiner Tochter. Sie ließ ihn 2007 in England für umgerechnet 130 000 Euro versteigern.
    3. In der Nacht vom 14. auf den 15. April herrschte Neumond. Die Nacht war also besonders dunkel, was das rechtzeitige Erkennen von Eisbergen erschwerte.
    4. Seeleute sagten später, sie hätten das Meer selten so glatt gesehen. Durch die Windstille waren kaum Wellen vorhanden, die sich am Rand der Eisberge hätten brechen und sie damit eher sichtbar machen können.
    5. Nachdem die Matrosen vor einem Eisberg warnten, misslang das Ausweichmanöver der Titanic. Kurz nach Mitternacht gab Kapitän Smith schließlich den Funkern den Auftrag, den Hilferuf CQD zu senden (CQ, ausgesprochen »seek you«, wendet sich an alle Empfänger, und D steht für »distress«), später funkten sie außerdem das neue Signal SOS, da es leichter zu erkennen war. Der Funker der Californian allerdings, die nur wenige Seemeilen entfernt am Rand des Eisfelds über Nacht vor Anker lag, hatte pünktlich um 23:30 Uhr seine Arbeitszeit beendet und den Funkbetrieb eingestellt, deshalb empfing er den Hilferuf nicht.
    6. Die Titanic verfügte über 20 Rettungsboote. Durch die Unsicherheit, die der Kohlestreik unter den Reisewilligen hervorgerufen hatte, war das Schiff auf seiner Jungfernfahrt zwar nicht voll besetzt – trotzdem konnten die Boote höchstens die Hälfte der Menschen aufnehmen, die sich an Bord befanden. Die gesetzlichen Normen des Handelsministeriums waren veraltet, sie verlangten 16 Rettungsboote mit einem Fassungsvermögen von je 155 Kubikmetern für alle Schiffe über 10 000 Bruttoregistertonnen. Zur Zeit der Gesetzgebung 1894 hatte man sich noch nicht vorstellen können, dass es einmal Schiffe geben würde, die wie die Titanic über mehr als 46 000 Bruttoregistertonnen Fassungsvermögen verfügten.
    7. Die Schiffsoffiziere bemühten sich, jedem Rettungsboot einige Crewmitglieder mitzugeben für das Rudern und Steuern. Etliche dieser Crewmitglieder erhielten den Befehl, mit ihrem Boot nahe beim Schiff zu bleiben. Kapitän Smith wollte das Abfieren der Boote beschleunigen, da er wusste, dass die verbleibende Zeit begrenzt war. Die anfangs nur zur Hälfte gefüllten Boote sollten später Schwimmer aus dem Wasser auflesen. Die Männer in den Rettungsbooten fürchteten allerdings, vom Sog der untergehenden Titanic herabgezogen zu werden oder durch eine Flutwelle zu kentern, wenn der Luxusdampfer versank. Deshalb ruderten sie fort vom Schiff. Letztendlich gab es weder eine Flutwelle noch einen so kräftigen Sog, dass er ihnen hätte gefährlich werden können.
    8. Als Hunderte im Wasser schwammen und um Hilfe riefen, fürchteten die Insassen der Rettungsboote, dass ihre Boote von der Menge gestürmt werden könnten und kentern würden. Deshalb blieben sie der Unglücksstelle fern. Am Ende wurden – trotz halb leerer Boote – nur ein Dutzend Menschen aufgelesen, während anderthalbtausend erfroren und ertranken.
    Die Reaktion der Passagiere auf den Untergang
    Manchen gelang es, geschickt einen Platz im Rettungsboot zu ergattern. Während der Zweite Offizier Lightoller auf der Backbordseite nur Frauen und Kinder in die Boote einsteigen ließ, selbst wenn ein Boot nicht voll beladen war, hielt sich auf der Steuerbordseite der Erste Offizier Murdoch an die Regel »Frauen und Kinder zuerst«. Waren keine Frauen oder Kinder in der Nähe, ließ er männliche Passagiere einsteigen. Gab es auch keine männlichen Passagiere mehr, erlaubte er Crewmitgliedern den Zutritt.
    Aber die Regeln ließen sich umgehen. Daniel Buckley schaffte es, mit einem Frauenshawl verkleidet, als »Frau« in ein Rettungsboot zu steigen und kam

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