Tao Te Puh
wünschte, ich wäre ein hoher Beamter!“
Da war er auch schon der hohe Beamte und wurde in seiner Sänfte überallhin getragen. Aber bei all den Leuten, die sich vor ihm bücken mußten, wenn er vorüberzog, war er gefürchtet und gehaßt. An einem heißen Sommertag fühlte sich der Beamte in seiner stickigen Sänfte sehr unbehaglich. Er blickte zur Sonne auf. Sie schien stolz vom Himmel herab und ließ sich von seiner Gegenwart überhaupt nicht beeindrucken. „Wie mächtig die Sonne doch ist“, dachte er bei sich. „Ich wünschte, ich wäre die Sonne!“
Da war er auch schon die Sonne, brannte heiß auf jedermann herunter und versengte die Felder, und die Bauern und Arbeiter verfluchten ihn. Aber eine riesige schwarze Wolke schob sich zwischen ihn und die Erde, so daß sein Licht nicht mehr alles drunten bescheinen konnte. „Wie mächtig ist doch diese Sturmwolke“, dachte er bei sich. „Ich wünschte, ich wäre eine Wolke!“
Da war er auch schon die Wolke, überflutete Felder und Dörfer mit Wolkenbrüchen und war bei jedermann verschrieen. Aber bald fühlte er sich von einer starken Kraft weggetrieben und merkte, daß es der Wind war. „Wie mächtig ist er doch“, dachte er bei sich. „Ich wünschte, ich wäre der Wind!“
Da war er auch schon der Wind, blies Ziegel von den Hausdächern, entwurzelte Bäume, und alle drunten zitterten und bangten vor ihm. Doch nach einer Weile stürmte er gegen etwas an, das sich nicht rührte, wie heftig er auch dagegenblies — es war ein riesiger, hochaufragender Fels. „Wie mächtig ist doch dieser Fels“, dachte er bei sich. „Ich wünschte, ich wäre ein Fels!“
Da war er auch schon der Fels und mächtiger als alles andere auf Erden. Aber als er so dastand, hörte er auf einmal den Klang eines Hammers, der einen Meißel in den harten Stein trieb, und fühlte, wie er sich veränderte. „Was könnte wohl mächtiger sein als ich, der Fels?“ dachte er bei sich. Er schaute an sich herab und erblickte tief unter sich die Gestalt eines Steinmetzen.
Oh, da ist ja die Post. „Sieh mal an — hier ist etwas für dich, Puh.“
„Für mich?“ staunte Puh. „Für Herrn Puh Bär.“
„Herrn Puh Bär?“
„So steht es da.“
„Herrn. . .Puh. . .Bär“, stammelte Puh in ehrfürchtiger Scheu. „Was steht denn drin?“ fragte er dann, kletterte auf den Schreibtisch und blickte mir über die Schulter.
„Es ist von einem Kaufhaus. ,An unsere Kunden: dritter Jahresausverkauf in Schuhen. Alle Arten, alle Größen .' Puh, das brauchst du nicht.“
„Was steht denn da unten?“ wollte er wissen.
„, Kaffee gratis.' Ein weiterer Grund, die Finger davonzulassen.“
„Das will ich mir einmal genauer ansehen“, sagte Puh und ging mit dem Prospekt ans Fenster.
Wenn wir unser Leben selbst in die Hand nehmen und etwas von bleibendem Wert schaffen wollen, müssen wir früher oder später lernen, Vertrauen zu fassen. Wir brauchen unsere Verantwortung nicht auf die Schultern irgendeiner verherrlichten Geistesgröße zu laden oder herumzusitzen und zu warten, bis das Schicksal an die Tür klopft. Wir brauchen einfach nur Vertrauen zu fassen zu der Kraft, die in uns steckt, und davon Gebrauch zu machen. Wenn wir das tun und aufhören, andere nachzuäffen oder mit ihnen zu wetteifern, kommen die Dinge ganz von selbst in Gang.
Nehmen wir uns ein paar Beispiele vor:
1927 stand ein 32 Jahre alter Mann am Ufer eines Teiches im Lincoln Park von Chicago und wollte sich in den dunklen Fluten ertränken. Seine Tochter war gestorben, seine Firma hatte bankrott gemacht, sein Ruf war ruiniert, und er selbst war auf dem besten Wege, Alkoholiker zu werden. Wie er nun so in den See blickte, fragte er sich, was ein kleiner Mann in seiner Lage wohl tun könnte. Und da schoß ihm die Antwort durch den Kopf: Jetzt war er ja ungebunden und konnte ruhig etwas riskieren, etwas aus eigener Kraft aufbauen und so andern Leuten helfen. Er kehrte nach Hause zurück und widmete sich von nun an einer Arbeit, zu der er sich von der Mitwelt berufen fühlte, statt nur das zu tun, was man ihn gelehrt hatte. Er achtete die Gesetze der natürlichen Welt und richtete seinen Lebensstil danach, so daß sich sein Leben mit der Zeit vollkommen veränderte. Diese Gesetze sollten ihn auch zu seinen größten Leistungen inspirieren und ihm weiterhelfen. Aber wenn er nicht so fest daran geglaubt und nicht sein Glück versucht hätte, wäre aus seinen Errungenschaften für die Menschheit nichts
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