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Tao Te Puh

Tao Te Puh

Titel: Tao Te Puh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Hoff
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Jugendlichkeit zugrunde zu richten und zu zerstören. Destruktive Tätigkeiten dieser Art, die nichts mehr mit dem erhofften Großen Preis zu tun haben, lassen sich unter dem Oberbegriff „Zeitsparen“ zusammenfassen.
    Als Beispiel für das Zeitsparen wollen wir uns einmal das klassische Denkmal des Filztun-Balzrücks ansehen: den „Schnellimbiß“.
    In China gibt es das Teehaus, in Frankreich das Straßencafe. Praktisch jedes zivilisierte Land dieser Erde hat etwas in dieser Art anzubieten — ein Lokal, in dem Leute essen, rasten und sich unterhalten können, ohne dabei die Uhr im Auge behalten oder gleich gehen zu müssen, sobald das Essen verspeist ist. Das Teehaus in China beispielsweise ist eine echte soziale Einrichtung. Den ganzen Tag über versammeln sich hier Familien, Freunde und Nachbarn bei Tee und leichten Speisen, und sie bleiben, solange sie Lust haben. Manchmal werden stundenlange Gespräche geführt. Es ist zwar ein wenig abwegig, das Teehaus als „nachbarliche Begegnungsstätte“ zu bezeichnen, denn das ist ein Begriff westlicher Prägung, aber damit ist wenigstens in groben Zügen und für uns einigermaßen verständlich beschrieben, welche Funktionen es unter anderm hat. „Du bist ebenso wichtig wie alle andern. Ruh dich aus und vergnüge dich.“ Dieses Gefühl vermittelt dir das Teehaus.
    Und was vermittelt dir der Schnellimbiß? Es liegt auf der Hand: „Du zählst nicht; beeil dich.“
    Aber nicht nur das, darüber hinaus ist der schreckliche Schnellimbiß, wie jeder inzwischen weiß, auch noch gesundheitsschädlich für den Kunden. Und leider ist er nicht das einzige Beispiel für die Zeitsparmentalität. Des weiteren können wir nämlich aufzählen: den Supermarkt, den Mikrowellenherd, das Atomkraftwerk, die Giftchemie . . .
    Im Klartext heißt das: Wenn zeitsparende Erfindungen wirklich Zeit sparen würden, hätten wir heute viel mehr Zeit als jemals zuvor in der Geschichte. Aber seltsamerweise haben wir offenbar weniger Zeit als noch vor ein paar Jahren. Es macht wirklich Spaß, irgendwo zu sein, wo es keine zeitsparenden Apparaturen gibt, denn da merkst du auf einmal, daß du jede Menge Zeit hast. Anderswo bist du mit Arbeit überlastet, um die Maschinen bezahlen zu können, die dir Zeit sparen helfen, damit du nicht so schwer arbeiten mußt. Das Kernproblem dieser Zwangsvorstellung vom Zeitsparen ist sehr einfach: Du kannst keine Zeit sparen. Du kannst sie nur brauchen. Aber du kannst weise oder töricht von ihr Gebrauch machen. Der Filztun- Balzrück hat praktisch überhaupt keine Zeit, weil er dauernd nur Zeit verschwendet, um Zeit zu sparen. Während er versucht, jedes Quentchen Zeit einzusparen, hat er am Ende doch seine ganze Zeit vergeudet.
    Henry David Thoreau hat das in Waiden folgendermaßen beschrieben:
     
    Warum sollen wir in solcher Eile, solcher Lebensverschwendung leben? Wir sind entschlossen zu verhungern, ehe wir noch hungrig sind. Die Leute sagen, ein Stich zur rechten Zeit erspare neun, und machen deshalb heute tausend Stiche, um morgen neun zu sparen.
     
    Kehren wir für einen Augenblick zum Taoismus zurück und schaffen damit einen farbigen Kontrast zur jugendfeindlichen Gesellschaft der Filztun-Balzrücks. Zu den interessantesten Eigenarten des Taoismus gehört neben der Hochachtung für die Alten und Weisen das allgemeine Interesse an einem Phänomen, das als „unvergängliche Jugend“ bekannt ist. Die taoistische Tradition ist voll von spannenden Geschichten und mehr oder weniger phantasievoll ausgeschmückten Berichten über Menschen, die schon in jungen Jahren die Geheimnisse des Lebens ergründeten. Aber was immer sie auch entdeckten, das Ergebnis war in jedem Fall das gleiche: Ihr ganzes Leben lang bewahrten sie ein jugendliches Äußeres und jugendfrische Kräfte.
    Tatsächlich sind taoistische „Unsterbliche“ aller Altersstufen immer für ihre jugendliche Einstellung und Erscheinung sowie ihre unverbrauchten Kräfte berühmt gewesen. Das kam aber nicht von ungefähr, sondern wurde durch taoistische Übungen erreicht. Jahrhundertelang lag die durchschnittliche Lebenserwartung in China nicht viel höher als bei vierzig Jahren, schwer arbeitende Bauern und aristokratische Lebemänner starben oft sogar noch jünger. Und doch wurden ungezählte Taoisten achtzig oder neunzig Jahre alt, und viele lebten noch bedeutend länger. Nachstehend eine meiner Lieblingsgeschichten als Beispiel dafür:
     
    1933 meldeten Zeitungen rund um die Welt den Tod eines

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