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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Knight
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nicht.«
    »Klar.« Jehangir erklärte: »Chadidscha war seine erste Frau. Er liebte sie, und zwar wirklich. Er heiratete keine andere, solange sie am Leben war. Seine späteren Ehen waren meist politisch motiviert, um Allianzen mit anderen Stämmen zu knüpfen. Die Frauen nach Chadidscha beschwerten sich, er würde immer noch zu oft von ihr sprechen. Aber er hat sie einfach nur sehr, sehr geliebt. Als er auf seine heilige Mission ging und dachte, er würde verrückt werden, hat sie ihn beruhigt.«
    »Das ist echt cool«, rief das Mädchen aus. »Und was bedeutet mein zweiter Name?«
    »Was ist dein zweiter Name?«
    »Aisha.«
    »Aisha? Über Aisha weiß ich nichts.« Sie wechselten das Thema und Jehangir setzte seinen lallenden Eroberungszug weiter fort. Ich stand da und fragte mich, ob sie mich jemals bemerken würden. Sie nahm ihm die Skimütze ab und spielte mit seinen Haaren.
    »Bist du in einer Band?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Wir könnten zusammen in einer Band sein.«
    »Ja?«
    »Einer geheimen Band, total underground, wir sind die Coolsten überhaupt, weil uns keiner kennt.«
    »So underground, dass wir noch nie ein Konzert gegeben oder eine Platte rausgebracht haben.«
    »Eine Band, die so underground ist, dass ihre beiden Mitglieder sich noch nicht mal mit Namen kennen.«
    »Ich kenne deinen Namen. Dein Vorname ist Chadidscha und dein zweiter Name ist Aisha.«
    »Du weiß nicht, wie ich mit Nachnamen heiße. Ich weiß überhaupt nicht, wie du heißt.«
    »Ich heiße Jehangir.« Der Kopf wurde ihm schwer und er ließ ihn sanft auf ihre Schulter sinken. Dabei rutschte seine Stirn ab und als er versuchte, seinen Kopf wieder aufzurichten, küssten sie sich plötzlich unbeholfen mit ihrem schrecklich alkoholisiertem Atem, und in diesem Moment machte ich mich auf den Weg zum Fahrstuhl.
    Vor Porter Hall war es ruhig geworden, die meisten Erstsemester waren in den Zimmern ihrer neuen Freunde verschwunden oder trieben sich irgendwo auf der Elmwood Street zwischen den Eckpfeilern des Studentenlebens herum: Tankstelle, Pizzeria, Imbisse, Bars. Fasiq Abasa und Rude Dawud hingen auf einem der draußen aufgestellten Picknicktische rum.
    »Jehangir ist im achten Stock, mit einem Mädchen«, erläuterte ich.
    »Shit«, sagte Fasiq.
    »Ich glaube, wir haben die Zeit für Ischa verpasst«, sagte Rude Dawud.
    »Was soll denn das heißen?«, blaffte Fasiq. Da bemerkte ich, dass sie beide drüber waren. »Man kann Ischa gar nicht verpassen.«
    »Natürlich kann man.«
    »Nein, kann man nicht.«
    »Und wenn es nach Ischa ist?«, entgegnete Rude Dawud.
    »Sieht es etwa so aus, als ob die Sonne bald aufgeht? Du kannst Ischa machen, wann du willst.«
    »Dann machen wir es jetzt. Allahu Akbar, Allaaaaaahu Akbar …« Und beide standen auf, um direkt vor Porter Hall eine bekiffte Dschamaat abzuhalten. Ich sah ihnen zu und konnte mir kaum das Lachen verkneifen. Sie vergaßen immer wieder, was als Nächstes kam und in welchem Raka sie sich gerade befanden. Das Gebet wurde nicht formell beendet, sondern versandete, während sie auf dem Boden saßen. »In einem Monat gehe ich nach Costa Rica«, sagte Rude Dawud.
    »Echt?«, fragte Fasiq.
    »Ja. Ich habe ein paar Typen kennengelernt, die da runter wollen, und ich gehe mit.«
    »Das ist cool.«
    Ich saß auf dem Picknicktisch. Fasiq und Dawud blieben nebeneinander im Gras sitzen, als würden sie noch immer beten. Wir mussten lange auf unseren Freund warten.
    »Im Geist ein Pilger zu bleiben, ist viel schwieriger, als eine echte Pilgerreise zu machen«, verkündete Jehangir, als er aus der Tür stolperte. »Es spielt keine Rolle, wie nahe du einem Grabmal oder einem Relikt kommst, oder wie lange und wie weit du gereist bist, um dorthin zu gelangen, wenn dein Geist nicht eine Million Kilometer von der nächsten Vagina entfernt ist.«
    »Hast du sie gefickt?«, fragte Fasiq.
    »Yakhi, Inschallah, solche Augen hast du noch nie gesehen«, antwortete Jehangir, als wir uns auf den langen Weg zurück zum Auto machten. »Sie hatte so wunderschöne, traurige Augen, die schrien: ›Jehangir, enttäusche mich nicht, verliere nicht deinen Pilgergeist‹, und ich konnte sie nicht enttäuschen. Das war mein Dschihad, der Kampf zwischen mir und Jehangir Tabari – der größte Dschihad überhaupt, oder? Fünf Stockwerke unter mir war Billy Plunger, der Muezzin aller heterosexuellen Männer dieser Welt, der uns dazu aufruft, uns in der Sadschda den Frauen zu Füßen zu werfen und nicht so zu sein wie

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