Taran Bd 3 - Die Prinzessin Von Llyr
Gurgi. Er schob einen Finger unter Kaws Krallen und setzte den Vogel auf Gurgis Schulter, wo der Rabe mit seinem Schnabel sogleich durch Gurgis verfilztes Haar zu fahren begann. »Bleib in der Nähe von Eilonwys Gemach«, fuhr er fort. »Ich werde bald bei dir sein. Nimm Kaw mit und schicke ihn mir, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist.«
Gurgi nickte. »Ja, ja«, flüsterte er. »Treuer Gurgi will aufmerksam wachen. Er wird den Schlummer und die Träume der edlen Prinzessin wohl behüten.«
Unbemerkt von den Gästen, die sich nun verabschiedeten, gelangte Taran in den Hof. Da er hoffte Gwydion zu finden, schritt er rasch auf die Ställe zu. Vom klaren Nachthimmel leuchteten die Sterne und ein blanker Mond hing über den Felsklippen von Mona. In den Ställen entdeckte Taran keine Spur von Gwydion. Er stieß nur auf Fflewddur, der sich, die Harfe im Arm, im Stroh zusammengerollt hatte und bereits friedlich vor sich hin schnarchte.
Taran ging wieder zum Wohngebäude zurück, das jetzt ganz im Dunklen lag. Er blieb einen Augenblick stehen, um zu überlegen, wohin er sich nun wenden solle.
»Hallo, hallo!« Prinz Rhun fegte um die Ecke mit einer solchen Geschwindigkeit, dass er Taran beinahe umgestoßen hätte. »Aha, immer noch auf? Ich auch! Meine Mutter sagt, es sei gut für mich, vor dem Schlafengehen noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Du hast wahrscheinlich die gleiche Absicht. Sehr gut! Wir können ja zusammen gehen.«
»Das können wir nicht!«, gab Taran unhöflich zurück. Um keinen Preis wollte er jetzt von dem nichtsnutzigen Prinzen behelligt werden. »Ich – ich suche nach den Schneidern«, fügte er schnell hinzu. »Wo sind sie denn untergebracht?«
»Die Schneider?«, fragte Rhun erstaunt. »Komisch! Wozu denn um alles in der Welt?«
»Meine Jacke«, antwortete Taran eilig, »sie – sie sitzt nicht recht. Sie müssen sie mir etwas enger machen.«
»Jetzt, mitten in der Nacht?«, fragte Rhun und sein Vollmondgesicht drückte Verwunderung aus. »Das ist allerdings erstaunlich.« Er deutete auf den Flügel der Burg, der nun tief im Schatten lag. »Dort drüben sind ihre Kammern. Aber ich glaube nicht, dass sie in der Stimmung sind, die Nadel zu gebrauchen, wenn du sie jetzt aus dem Schlaf reißt. Schneider können sehr empfindlich sein, weißt du. Ich rate dir, warte doch bis morgen.«
»Nein, es muss sofort erledigt werden«, sagte Taran, dem es nur darauf ankam, den Prinzen loszuwerden.
Der Prinz zuckte die Achseln, wünschte ihm eine gute Nacht und schritt davon. Taran durchstöberte noch ein paar Hütten hinter den Ställen, aber auch dort war seine Suche vergebens. Ganz entmutigt, entschloss er sich zu Gurgi zurückzukehren. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Eine schattenhafte Gestalt glitt unhörbar über den Burghof, aber nicht auf das Haupttor zu, sondern zur entferntesten Ecke der Mauer.
War es möglich, dass Eilonwy Gurgi entkommen war? Taran wollte schon rufen. Dann aber fürchtete er die ganze Burg aufzuwecken und eilte hinter dem Schatten her. In diesem Augenblick verschwand die Erscheinung. Taran lief schneller. An der Mauer stieß er auf eine enge Öffnung, kaum breit genug, um sich hindurchzuzwängen. Taran teilte den Vorhang aus Efeu, der die kleine Pforte verbarg, und stand plötzlich vor der Burg auf einem felsigen Abhang über dem Hafen.
Da erkannte Taran mit einem Mal, dass die Gestalt nicht Eilonwy sein konnte – zu groß und es war nicht ihr Gang. Er hielt den Atem an, als der Unbekannte für einen Augenblick verstohlen nach der Burg hinaufsah und ein Strahl des Mondlichtes sein Angesicht traf.
Es war Magg.
Traumhaft sicher bewegte sich der Haushofmeister auf dem halsbrecherischen Pfad. Ein furchtbarer Verdacht drängte sich Taran plötzlich auf. Ohne Zaudern, möglichst schnell und möglichst geräuschlos stieg Taran über die zerklüfteten Felsen hinab. Obwohl die Nacht klar war, war es schwierig, den Weg durch das Geröll zu finden. Wenn Taran jetzt die leuchtende Goldkugel Eilonwys bei sich gehabt hätte!
Magg kam unten mit einem beträchtlichen Vorsprung an und eilte dann auf der Mole entlang, bis er eine steile Felsklippe erreichte. Mit erstaunlicher Gewandtheit schwang sich der Haushofmeister hinauf, kroch hinüber und verschwand. Taran ließ nun alle Vorsicht außer Acht, da er befürchtete, er könnte Magg gänzlich aus den Augen verlieren, und begann zu laufen. Einen Augenblick lang huschte ein Schatten über den Damm. Erschreckt hielt Taran
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