Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
und Toxine unterworfen. Bezüglich ihrer Reaktion auf diese äußeren Störungen lassen sich Biozönosen nach ihrer Störungsstabilität (bzw. Störanfälligkeit ) charakterisieren. Wenn die Artenzusammensetzung und die Populationsdichten trotz Störung unverändert bleiben, spricht man von Resistenz . Dagegen charakterisiert Elastizität eine Reaktion, bei der sich die Struktur der Biozönose nach äußeren Störungen zunächst verändert, dann aber nach einer gewissen Zeit wieder in den Ausgangszustand zurück schwingt. Das Arteninventar bleibt gleich und die Populationsdichten der Arten weisen Oszillationen auf, die nach einer Dämpfungsphase wieder in die konstanten Gleichgewichtsdichten zurückkehren. Instabilität charakterisiert Biozönosen, die sich als Reaktion auf eine Störung irreversibel verändern.
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Eine zentrale Frage der Ökologie ist es, ob sich aus der Struktur der Biozönosen ihre intrinsische oder ihre Störungsstabilität vorhersagen lassen. Nach der klassischen Diversitäts-Stabilitäts-Hypothese kann ein komplexes System Störungen besser abfangen als ein System aus wenigen Elementen. Die Instabilitätniedrig diverser Biozönosen wurde vor allem an Laborpopulationen aus wenigen Arten beobachtet sowie in land- und forstwirtschaftlichen Monokulturen , die anfällig gegenüber Schädlingskalamitäten sind. In realen Biozönosen lässt sich dieses Ergebnis nicht bestätigen: Natürliche „Monokulturen“ wie Röhrichte oder Seegraswiesen mit ihren Bewohnern können sehr stabil sein. Wechselhafte Lebensräume erfordern eine relativ einfache und robuste Lebensgemeinschaft, während ein gleichförmiger Lebensraum eine konstante, relativ komplexe und empfindlich abgestimmte Biozönose beheimaten kann. Starke Störungen in konstanten Ökosystemen wirken sich auf alle abhängigen Arten aus, hier bestehen enge, in Koevolution entstandene Wechselbeziehungen. Störungen können daher zu irreversiblen Störungen führen. In wechselhaften Lebensräumen ist der Artenreichtum oft gering, dafür sichert eine hohe Dichte die Variabilität in der Population und eine schnelle Anpassung an veränderte Umweltbedingungen und Störungen. Nachdem klassische Arbeiten von einem grundsätzlich positiven Zusammenhang zwischen Diversität und Stabilität ausgingen, haben mathematische Ansätze der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts verdeutlicht, dass die Stabilität von Nahrungsnetzen mit ihrer Diversität und ihrer Komplexität sinkt. Als mathematisches Nullmodell ist also davon auszugehen, dass die Elastizität und Persistenz von Nahrungsnetzen mit der Diversität und der Komplexität sinkt. Dies bedeutet, dass starke Störungen von Ökosystemen durch anthropogene Umweltbelastungen für diverse und komplexe Ökosysteme folgenschwerer sein könnten als für Ökosysteme geringer Diversität und Komplexität. Die Schlussfolgerung aus diesen theoretischen Arbeiten, dass sich diverse und komplexe Ökosysteme auf Dauer in Richtung geringerer Diversität und Komplexität entwickeln sollten, steht allerdings in deutlichem Gegensatz zur hohen Diversität, Komplexität und Stabilität vieler natürlicher Systeme wie tropischen Regenwäldern und Korallenriffen.
Diese Spannung zwischen theoretischen Modellen und natürlichen Ökosystemen hat die Ökologie über mehrere Jahrzehnte in der Diversitäts-Stabilitäts-Debatte beschäftigt. In diesem Rahmen konnte gezeigt werden, dass sowohl die Struktur natürlicher Nahrungsnetze als auch die Verteilung der Biomassenflüsse auf die Links zwischen den Arten nicht zufällig sind, wie in theoretischen Arbeiten angenommen. Diese nicht-zufällige Organisation natürlicher Nahrungsnetze ermöglicht ihre Stabilität. Neue Arbeiten konnten zeigen, dass einfache Zusammenhänge zwischen der mittleren Körpergröße der Individuen einer Population und den Nahrungsbeziehungen diese nicht-zufälligen Strukturen bedingen. So ist bei Räuber-Beute-Interaktionen in der Regel der Räuber größer als seine Beute. Aufgrund von Effekten der Körpergröße auf die Respirations- und Fraßraten führt dieser simple Zusammenhang zu einer spezifischen Verteilung der Biomassenflüsse auf die Links von Nahrungsnetzen, die eine hohe Stabilität ermöglicht.
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Komplexe Netzwerke: Die Arten von Biozönosen sind durch ihre Interaktionen (Konsum, Konkurrenz, Mutualismus) in komplexen Netzwerken organisiert.
Nahrungsnetze: Konsuminteraktionen zwischen Arten beschreiben Nahrungsnetze, die aus
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