Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Atmungskette. Das aus der Glykolyse kommende Pyruvat wird zu Acetyl-CoA, CO 2 und H 2 oxidiert, wobei der entstehende Wasserstoff diesen Zellorganellen ihren Namen gegeben hat. Acetyl-CoA wird anschließend zu Acetat umgesetzt, wobei ATP gebildet wird.
Schematisch lassen sich somit bei den Protisten drei basale Energiestoffwechsel- Typen unterscheiden: 1) ohne räumliche Kompartimentierung in Organelle, 2) mit Hydrogenosomen und 3) mit Mitochondrien (Abb. 11. 3 ).
Abb. 11. 3 Energiestoffwechsel-Typen bei Protisten. a anaerob, ohne Mitochondrien, ohne räumliche Kompartimentierung. b anaerob, mit Hydrogenosomen, c aerob, mit Mitochondrien. (Nach Martin und Müller, 1998.)
Es wurden zunächst solche Protisten als wenig veränderte Repräsentanten aus der Frühzeit der Eukaryotenevolution angesehen, die weder Mitochondrien noch Hydrogenosomen besitzen. Bekannte Vertreter solch anaerober Protisten sind z. B. die Diplomonadea wie Giardia intestinalis (syn. G. lamblia , Siehe hier ), der Erreger der Lamblienruhr. Lange wurde angenommen, dass ein ursprünglicher Eukaryot zunächst einen Zellkern, ein einfaches Cytoskelett und die Endocytose evolvierte. Ein Nachkomme dieses Ur-Eukaryoten habe dann über Endocytose ein Bakterium aufgenommen, das zum Mitochondrium wurde, während andere mitochondrienlos blieben. Zu einem wiederum späteren Zeitpunkt wurde dann über einen ähnlichen Vorgang ein Cyanobakterium aufgenommen, das sich zum Plastiden entwickelte. Diese Überlegungen führten zum Konzept der Seriellen Endosymbiose Theorie (SET) .
In der Evolution hoch konservierte Gene wie die codierenden Regionen der kleinen und großen ribosomalen Untereinheit, aber auch verschiedene Protein codierende Gene erlaubten erstmals vergleichende Untersuchungen zwischen phylogenetisch entfernt verwandten Taxa der Eukaryoten, ja sogar zwischen den drei großen Organismenreichen Archaea, Bacteria und Eukaryota. Diese Untersuchungen führten zu zwei überraschenden Ergebnissen. In allen mitochondrienlosen Protisten, wie den tetramastigoten Flagellaten ( Siehe hier ), wurden mitochondriale Gene im Kerngenom gefunden, z. B. solche, die für Hitzeschockproteine codieren. In Entamoeba wurde zudem ein reduziertes Mitochondrien-ähnliches Kompartiment ohne eigenes Genom entdeckt, das als Mitosom bezeichnet wird. Wir müssen daher heute davon ausgehen, dass alle bekannten mitochondrienlosen Protisten dieses Organell im Laufe der Evolution in Anpassung an anoxische Lebensräume wieder reduziert haben. Derzeit kennen wir keinen Protisten, von dem wir annehmen können, dass er primär mitochondrienlos ist und als Repräsentant aus der Frühzeit der Eukaryotenevolution gelten kann. Die zuvor gängige Vorstellung einer seriellen Endosymbiose wurde folglich um etliche alternative Szenarien erweitert. Weiterhin machen die molekularen Analysen wahrscheinlich, dass Hydrogenosomen mehrfach unabhängig aus Mitochondrien entstanden sind und nicht als unabhängige Endosymbiosen gedeutet werden können.
Gensequenzvergleiche zwischen Prokaryoten (Archaea und Bacteria) und Eukaryoten ergeben zudem kein einheitliches Bild über deren Verwandtschaftsbeziehungen. Viele untersuchte Gene der Protisten, die z. B. für den Elongationsfaktor 1-α, die ATPase oder ribosomale RNA codieren, weisen auf eine nähere Verwandtschaft der Eukaryoten zu den Archaea hin als zu den Bacteria. Andere, beispielsweise sogenannte Haushaltsgene wie die Gene für die Aldolase und die Superoxid-Dismutase, zeigen eine höhere Übereinstimmung zwischen Eukaryoten und Bacteria. Das Genom der Eukaryoten weist offensichtlich eine Mosaikstruktur auf. Diese Befunde führten, zusammen mit der Überlegung, dass Mitochondrien bereits bei der frühen Evolution der Eukaryotenzelle entstanden sein könnten, zu einer Reihe verschiedener Hypothesen zur Evolution der Eukaryotenzelle, von denen hier einige vorgestellt werden sollen.
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Phylogenie der Eukaryota: Durch zahlreiche abgeleitete Merkmale als Monophylum charakterisiert: differenziertes Endomembransystem mit Kernhülle, lineare DNA-Moleküle mit Histonproteinen in Chromosomen, weitere Nucleusspezifische Proteine (Transkriptionsfaktoren, Kernporenproteine), Cytoskelett aus Mikrotubuli und Mikrofilamenten, Clathrin und Clathrin-assoziierte Proteine, vakuoläre ATPasen, Signalproteine wie Calmodulin, GTP-Bindungsproteine und Zellzyklus-Kontrollproteine. Drei große Verwandtschaftsgruppen: grüne Pflanzen (Archaeplastida), höhere Pilze
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