Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
können sowohl aeroben als auch anaeroben Stoffwechsel durchführen und produzieren in letzterem Fall als StoffwechselprodukteCO 2 , H 2 und Acetat. Für viele Archaea, z. B. lithoautotrophe Methanogene, die strikt anaerob leben, sind diese Abfallprodukte lebensnotwendig. Man könnte sich eine Assoziation eines solchen Archaeons mit einem Bakterium unter anaeroben Bedingungen vorstellen, aus der allmählich der Vorläufer der Eukaryoten entstand. Allerdings muss bei diesen Überlegungen angenommen werden, dass das Instrumentarium zur Atmung (Citratzyklus und oxidative Phosphorylierung) während der H 2 -abhängigen, anaeroben Phase nicht verloren ging. Vielleicht war die ursprüngliche Funktion eine ganz andere, nämlich ihre Umgebung von molekularem Sauerstoff frei zu halten, wie dies rezente amitochondriate Protisten (wenn auch über andere Mechanismen) ebenfalls tun. Erst später, als der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre anstieg, könnte dann das Mitochondrium seine jetzige Funktion übernommen haben.
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„Du bist was du isst“-Hypothese: Gemeinschaft primitiver Zellen in der frühen biologischen Evolution, zwischen denen es intensiven horizontalen Gentransfer gab. Gentransfer könnte sich in Richtung Eukaryoten verstärkt haben, nachdem diese die Phagocytose erfunden hatten.
Phagotrophie-Hypothese: Archaea bilden die Schwestergruppe der Eukaryoten. Als gemeinsame abgeleitete Merkmale (Synapomorphien) werden der Verlust der Peptidoglykanwand und die Entstehung N-verbundener Glykoproteine angeführt.
Chronocyten-Hypothese: Postuliert die zeitweise Existenz eines weiteren Zelltyps als Vorläufer der Eukaryota. Die Chronocyte besaß bereits zahlreiche eukaryotenspezifische Proteine, einen von einem Bakterium abstammenden Zellkern und zusätzliche genetische Information der Archaea.
Wasserstoff-Hypothese: Führt die Entstehung der Eukaryotenzelle auf die Symbiose eines Archaeons mit einem Bakterium zurück. Als Wirtszelle wird ein anaerobes, Wasserstoff abhängiges, autotrophes Archaeon angenommen, das Wasserstoff und CO 2 zur Synthese von Methan benötigte. Als Symbiont stellt man sich ein heterotrophes, aerobes Bakterium vor, das aber auch unter anaeroben Bedingungen leben konnte und dabei als anaerobes Abfallprodukt molekularen Wasserstoff produzierte (anaerobe Syntrophie).
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11.3 Intertaxonische Rekombinationen (Zellfusionen) komplizieren die Stammesgeschichte der Eukaryota
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In der Protistenevolution kam es mehrfach zu Fusionen plastidenloser mit plastidenhaltigen Einzellern, sogenannten sekundären intertaxonischen Rekombinationen . Sogar tertiäre Rekombinationen fanden statt, indem bereits sekundäre Plastiden besitzende Haptomonaden von heterotrophen Dinoflagellaten aufgenommen wurden.
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Abb. 11. 8 Sekundäre und tertiäre Rekombinationen in der Evolution der Protisten (nach Delwiche, 1999).
Es ist aufgrund molekularer Analysen weitgehend akzeptiert, dass Plastiden ebenso wie die Mitochondrien im Verlauf der Evolution nur einmal entstanden. Die Stammlinie, die ein Cyanobakterium aufgenommen hatte, spaltete sich wahrscheinlich in drei Linien, die heute die Glaucocystophyta, die Rotalgen (Rhodophyta) sowie die Grünalgen und Landpflanzen (Plantae) umfassen und das Monophylum Archaeplastida bilden ( Siehe hier ).
Darüber hinaus kam es in der Protistenevolution jedoch mehrfach zu Fusionen plastidenloser mit plastidenhaltigen Einzellern, zu sogenannten sekundären intertaxonischen Rekombinationen . Plastiden, die über eine einzellige Grünalge aufgenommen wurden, findet man bei Vertretern der Euglenozoa und Cercozoa . Plastiden mit Rotalgen -Herkunft kommen bei den Chromista (Cryptomonaden, heterokonte Algen, Haptomonaden) und den Alveolata (Dinoflagellata und Apikomplexa) vor. Sogar tertiäre Rekombinationen fanden statt, indem bereits sekundäre Plastiden besitzende Haptomonaden von heterotrophen Dinoflagellaten aufgenommen wurden (Abb. 11. 8 ).
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Sekundäre intertaxonische Rekombinationen: Plastiden, die über eine einzellige Grünalge (Euglenozoa und Cercozoa) oder eine einzellige Rotalge (Chromista, Alveolata) aufgenommen wurden.
Tertiäre Rekombination: Fusion sekundäre Plastiden besitzender Haptomonaden mit heterotrophen Dinoflagellaten.
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11.4 Hypothesen zur Phylogenie der Großgruppen
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Vergleiche von Multigen-Sequenzen sowie von Genstrukturen ( Insertionen , Deletionen , Fusionen ) ergeben ein zunehmend stabiles und überschaubares Bild der Eukaryotenphylogenie
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