Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
geschlechtsreif zu werden, relativ groß sind und nur wenige und relativ große Nachkommen produzieren. Diese Arten investieren viel in ihre Nachkommen, z. B. auch in Form von Brutfürsorge , mit der sie die Sterberate herabsetzen. Sie leben in Populationen, deren Größe im Bereich der Kapazitätsgrenze liegt, und werden daher unter Bezug auf die Umweltkapazität des logistischen Wachstums auch als K-Strategen bezeichnet.
Tab. 3. 3 Typische Merkmale von r- und K-Strategen (vereinfachte Gegenüberstellung).
Merkmal
r-Strategie
K-Strategie
Habitat
wechselhaft, wenig voraussagbar
konstant, besser voraussagbar
Populationsgröße
variabel, < K
konstant, ≈ K
Konkurrenzfähigkeit
gering
groß
Reproduktion
früh, einmalig
spät, mehrmalig
Nachkommenzahl
viele
wenige
Körpergewicht
gering
hoch
Lebensdauer
kurz
lang
Mortalität
dichteunabhängig
dichteabhängig
Mit welcher Strategie die Anzahl der Nachkommen optimiert werden kann, hängt entscheidend von der Heterogenität der Umweltbedingungen im Lebensraum ab. Veränderliche, wechselhafte Bedingungen, wie sie in kurzlebigen Pfützen, in Aas oder auf Waldlichtungen vorkommen, die durch das Umstürzen eines Baumes entstanden sind, begünstigen r-Strategen . Dazu gehören Pionierpflanzen und viele Insekten, die sich schnell vermehren können, um die vergängliche Ressource zu nutzen. In der heutigen, stark vom Menschen gestörten Umwelt finden sich solche Arten z. B. auf Ruderalflächen, d. h. Rohbodenstandorten, die durch menschliche Aktivitäten wie Erdarbeiten, aber auch durch natürliche Prozesse wie Erdrutsche entstanden sind. In beständigen, langlebigen Biotopen , z. B. imWald, im Korallenriff oder in der Tiefsee, sind dagegen K-Strategen begünstigt. Sie besitzen ein geringes Fortpflanzungspotenzial, sind aber überlegen in der Nutzung und Konkurrenz um knappe Ressourcen. Beispiele für K-Strategen sind viele große Säugetier- oder Vogelarten, aber auch Bäume, insbesondere langlebige Arten.
K- und r-Strategien sind selten in reiner Form ausgeprägt, vielmehr existieren Übergangsstufen und Mischformen . Einige Arten können die Strategie in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen verändern: Wasserflöhe vermehren sich im Frühjahr massenhaft parthenogenetisch, verhalten sich also wie r-Strategen. Bei Erreichen der Umweltkapazität K gehen sie aber zur bisexuellen Vermehrung mit verringerter Nachkommenzahl über, werden also zu K-Strategen. Auch Rotatorien weisen eine ähnliche Populationsdynamik auf und wechseln je nach Umweltbedingungen von r- zu K-Strategie, und manche Gefäßpflanzen bilden je nach Standort üppiges Grün (K-Strategie) oder eine reiche Blütenfülle (r-Strategie) (Abb. 3. 8 ).
Abb. 3. 8 Generationsdauer und Zuwachsrate. Die Beziehung zwischen Generationsdauer und Zuwachsrate bei zahlreichen Arten zeigt, dass Organismen entweder in großes Populationswachstum (hohe Zuwachsrate r) oder individuelle Langlebigkeit (lange Generationsdauer) investieren. (Nach Heron, 1972.)
3.3.3 Metapopulation
Wie oben beschrieben, besteht eine Population aus einer Gruppe von Individuen, die in einem bestimmten Populationsareal leben, miteinander in genetischem Austausch stehen und eine bestimmte Populationsdynamik aufweisen. Bei der Betrachtung dieser Aspekte wird häufig nicht beachtet, dass viele Populationen auch untereinander im Austausch stehen. Dieser Umstand wird im Metapopulationskonzept berücksichtigt, welches davon ausgeht, dass oft viele, mehr oder weniger stark voneinander räumlich getrennte Teilpopulationen eine große Metapopulation bilden. Jede dieser Teilpopulationen hat ihre eigene Struktur und ihre eigene Dynamik, die sich von der Struktur und Dynamik der gesamten Metapopulation unterscheiden können. So können manche Teilpopulationen wachsen, während andere Teilpopulationen aussterben oder das Areal von ausgestorbenen Populationen wieder neu besiedelt wird. Über einen längeren Zeitraum betrachtet kann eine Metapopulation stabil bleiben, wenn sie auseinzelnen Teilpopulationen besteht, die in gegenseitigem Austausch stehen, obwohl die einzelnen Teilpopulationen stark schwankende Populationsdynamiken aufweisen. Potenziell zum Aussterben führende Faktoren wie Krankheiten oder hoher Räuberdruck betreffen nämlich oft nur einzelne Teilpopulationen, deren Siedlungsgebiete von anderen Teilpopulationen aus wieder besiedelt werden können. Eine große Bedeutung hat das Konzept der Metapopulation im Naturschutz. Die Aktivitäten des Menschen
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