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Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
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Populationsdichte ab, sondern das Wachstum ist bei mittleren Dichten am höchsten. Zur mathematischen Modellierung dieser Beziehung wird daher anstelle der Geradengleichungen eine entsprechende Funktion für die Zuwachsrate verwendet. Ein solches Populationswachstum, bei dem sowohl Unter- als auch Überbevölkerung wachstumsbegrenzend wirken, wird als Allee-Wachstum bezeichnet. Eine niedrige Zuwachsrate bei geringer Dichte kann darauf zurückzuführen sein, dass sich Geschlechtspartner nicht mehr finden, der Schutz einer Gemeinschaft fehlt oder Nahrungsquellen schlechter auszubeuten sind. Diese gilt z. B. bei sozialen Tieren, in Brutkolonien, bei Austernbänken, bei gruppenbildenden Pflanzen oder Borkenkäfern.
    Das Auftreten von Populationszyklen lässt sich modellieren, indem man bei der negativen Rückkopplung zwischen Populationsdichte und Zuwachsrate eine Zeitverzögerung in Form der Verzögerungszeit T in das Modell einbaut:

    Das entspricht nicht selten den tatsächlichen Gegebenheiten: Wenn sich die Umweltansprüche von Jung- und Alttieren in einer Population deutlich unterscheiden, führen Veränderungen oder Störungen erst nach einer gewissen Verzögerung zur populationsdynamischen Gegenreaktion. Das Ausmaß der Verzögerung hängt in erster Linie von der Generationsdauer ab. Geringe Zeitverzögerungen führen zu Oszillationen, größere Zeitverzögerungen zu Fluktuationen.
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    In vielen Populationen wird die Umweltkapazität nicht asymptotisch erreicht, sondern die Populationsgröße pendelt sich allmählich darauf ein. Unter bestimmten Bedingungen treten die Dichtemaxima der Populationsschwankungen in gleichmäßigen Zeitabständen auf, wie beim Drei- bis Vierjahreszyklus von Kleinsäugern (Lemming, Feldmaus). Schwache und regelmäßige Schwankungen der Populationsgröße werden als Oszillationen bezeichnet, starke und oft unvorhersehbare Schwankungen nennt man Fluktuationen (Massenwechsel, Abb. 3. 6 ). Auf eine unauffällige Phase ( Latenzstadium ), in der hauptsächlich Eier, Samen oder Sporen der Art anzutreffen sind, folgt eine Massenvermehrung ( Gradation ). Steigt die Populationsgröße zu rasch über K hinaus, kann es zum Zusammenbruch der Population kommen. Gradationen werden bei Schädlingen oft als Kalamitäten bezeichnet. Solche Populationsschwankungen können auf schwankende biotische oder abiotische Faktoren zurückzuführen sein, lassen sich oft aber auch dadurch erklären, dass dichteregulierende Faktoren nicht sofort wirksamwerden: So können massenhaft auftretende Raupen den Bestand ihrer Nahrungspflanzen radikal auffressen, ohne später selbst als blütenbesuchende Falter darunter zu leiden. Die Nahrungsknappheit als dichteregulierender Faktor betrifft dann zeitverzögert erst Raupen der nächsten Generation. Verzögerte Dichteregulation tritt insbesondere bei Arten mit hoher Reproduktionsrate auf; diese Arten sind deshalb besonders anfällig für stark schwankende Populationsdichten.

    Abb. 3. 6 Oszillation und Fluktuation. a Oszillationen in einer Schafpopulation. Die Populationsgröße schwankt im Laufe der Jahre um einen Wert K. b Fluktuationen in einer Lemmingpopulation. Lemminge sind bekannt für starke Schwankungen in ihrer Populationsdichte: Auf unauffällige Phasen (Latenzphasen) folgen starke Vermehrungen (Gradationsphasen), die oft von Massenwanderungen begleitet werden. Legt man in der logistischen Wachstumskurve eine Zeitverzögerung von knapp einem Jahr zugrunde, lässt sich die natürliche Populationsdynamik bei Lemmingen recht gut mathematisch simulieren (farbige Linie). (Nach a: Davidson, 1938; b: Elton, 1942.)
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    Die praktische Bedeutung von Wachstumsmodellen ist vielfältig und reicht von der Ausbeutung natürlicher Nahrungsressourcen über Schädlingsbekämpfung bis zum Naturschutz. Bei der Entnahme von Organismen aus der Natur stellt sich die Frage, wie hoch die Menge an geernteten Pflanzen oder die Anzahl an gefangenen Tieren sein darf, ohne den Fortbestand der natürlichen Population zu gefährden und damit auch zukünftige Entnahmen sicher zu stellen. Besonders deutlich wird dies beim Fischfang , wo es immer wieder vorkommt, dass Populationen wegen Überfischung zusammenbrechen, wie bei der Sardellenfischerei in Peru in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Mithilfe von Populationsmodellen kann in solchen Fällen der maximale Dauerertrag ( maximum sustainable yield ) berechnet werden, d. h. die Menge an Individuen, die jedes Jahr gefangen werden

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