Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
hierhergekommen?« Sein Gesicht verzerrt sich im Kampf. »Meine Vorfahren wurden gezwungen, unseren Planeten zu verlassen.«
Charles sagte, sie wären Flüchtlinge. Zumindest weiß ich, dass er kein totaler Lügner war. »Wer hat sie gezwungen?«
Eine Sekunde lang verfällt Race in völliges Schweigen. Dann sieht er mit seinem stechenden Blick zu mir auf. »Bete, dass du es nie herausfindest.«
Er drückt die Hüfte vor, weshalb ich beinahe von ihm runterfliege, aber ich presse mein Knie gegen seinen Oberschenkel. Mit einem Ruck dreht er sich zur Seite, um seine Weichteile zu schützen, dann setzt er erneut zu sprechen an: »Ich brauche deine Hilfe, Tate!«
Er ächzt, weil ich all meine Kraft einsetze, um ihn unten zu halten. »Dein Vater hat etwas entdeckt, das wir seit Jahrhunderten brauchen. Etwas, wovon wir abhängig waren, als wir auf diesem Planeten ankamen. Es war an Bord eines verschollenen Schiffes, aber irgendwie muss dein Vater Teile des Wracks in die Finger gekriegt haben. Ich muss Zugang zu seiner Arbeit bekommen.«
Er versucht, sich loszureißen, aber ich drücke ihn wieder zu Boden.
»Bitte«, sagt er, und sein Ausdruck wird sanfter. »Du hast ja keine Ahnung, was hier wirklich vor sich geht. Diese Technologie ist für unser Überleben von entscheidender Bedeutung.«
Der Scanner ist der Schlüssel zu unserem Überleben. Die Worte meines Vaters laufen in meinem Kopf ab, zusammen mit der Erinnerung an den Bevölkerungszähler und die passwortgeschützten Pläne in seinem Labor. Ich blicke auf Race hinab und meine Gedanken geraten außer Kontrolle. Könnte er mir tatsächlich dabei helfen, etwas herauszukriegen? Würde mein Dad wollen, dass ich mit ihm zusammenarbeite? Er hat mir gesagt, Race sei gefährlich. Er wollte den Scanner von ihm fernhalten. Aber hat er genau gewusst, worauf Race aus war, oder hat er, so wie der Rest der Fünfzig, Race’ Absichten missverstanden?
Race sieht, dass ich schwanke. »Tate. Wir könnten zusammenarbeiten. Du könntest mir helfen.«
Bei diesen Worten explodiert irgendwas in mir. »Ihre Agenten haben auf meine Mutter geschossen«, fauche ich. »Sie haben meinen Vater umgebracht. Sie haben beinahe meine Freundin umgebracht. Und Sie wollen, dass ich Ihnen helfe?«
Race’ Gesichtszüge verhärten sich und werden im Bruchteil einer Sekunde entschlossen. Er entreißt seine Ärmel meinem Griff und rollt auf die Seite, wobei er einen meiner Füße mit seinen Beinen umschlingt. Vielleicht denkt er, er kann mir den Knöchel brechen, oder vielleicht versucht er auch bloß zu entkommen, doch es gibt mir den Antrieb, den ich brauche. Ich klemme meine Ferse unter seinen Oberschenkel und lege mein ganzes Gewicht in meine Schultern, mache eine Rolle über seinen Rücken und komme auf die Beine. Das erwischt ihn völlig überraschend, und er ringt nach Luft, als ich ihn umdrehe.
Ich verschwende keine Zeit, sondern ziehe ihn zu mir, schlinge meine Beine von hinten um seinen Oberkörper und lege meinen Arm um seine Kehle. Er keucht. Er schlägt mit den Armen nach mir und landet sogar ein paar gute Treffer seitlich an meinem Kopf. Seine Beine treten um sich, kicken Kartons und Schachteln aus den Regalen und verteilen sie in den Gängen. Er ist verdammt stark, aber das macht nichts, weil er niemals aus meiner Umklammerung entkommen wird.
Wenn das hier ein Turnier wäre, würde er auf die Matte fliegen.
Aber es ist kein Turnier.
Also quetsche ich ihn zusammen.
Ich zermahle mir die Zähne, während ich dabei zusehe, wie sein Gesicht blau anläuft. Es ist nicht genug. Wird niemals genug sein.
Ich weiß nicht, wie lange ich ihn noch festhalte, nachdem er aufgehört hat, sich zu wehren. Ich habe keine Ahnung. Alles, was ich weiß, ist, dass ich wieder zu mir komme, als ich Christina schreien höre.
FÜNFUNDZWANZIG
Ich lockere meinen Anakonda-Griff und springe auf die Füße. Sein Kopf hängt schlaff herab, die Augen sind halb geschlossen. Er ist bewusstlos und wird es noch eine Weile bleiben. Der Laden ist gespenstisch leise – der Ballmaschine sind wohl die Tennisbälle ausgegangen.
Das laute Knallen einer Schießerei durchbricht die Stille. Christina schreit noch einmal.
»Sportabteilung!«, rufe ich und renne los. Race und ich sind noch nicht fertig miteinander, aber wir werden nicht auf Augenhöhe sein, bis ich rausgekriegt habe, woran genau mein Vater gearbeitet hat – und bis ich sicher bin, dass die Menschen, an denen mir liegt, in Sicherheit sind.
Als ich
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