Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
Kohlen“, empfängt Ulla Julia mit etwas gereizter Stimme.
Sie umarmen sich. „Bist du sehr aufgeregt?“ fragt Julia und blickt die Freundin besorgt an. Ulla sieht tatsächlich etwas zerrupft aus. Ihre Hände fahren in einer Tour in die Haare, um sie glatt zu streichen, tatsächlich aber wuselt sie ihre Locken umeinander, ohne es zu merken.
„Aufgeregt ist kein Ausdruck, es ist fast so schlimm wie fliegen. Welcher Teufel reitet mich nur, solche Sachen zu machen?“ Bei diesen Worten setzt Ulla ihre Sonnenbrille auf und ohne es zu merken gleich wieder ab, fummelt ein Tuch aus der Tasche, windet es sich um den Hals, um es dann wieder zu entfernen und zurück in die Tasche zu befördern. Ein paar beschriebene Seiten fallen aus der Tasche, und sie klaubt sie wieder zusammen, streicht sie sorgfältig glatt, schaut kurz darauf, murmelt: „Igitt, ich habe alles vergessen, es ist grausam, mein Kopf ist leer wie ein hohler Kürbis, ich halte das nicht aus, ich gehe einfach weg, ich ...“
Julia lächelt und schweigt. Jedes Wort würde die Aufregung der Freundin nur verschlimmern. Sie würde Ulla am liebsten einfach in den Arm nehmen, ihr beruhigend über den Rücken streichen, aber sie weiß, auch das würde nicht helfen. Unruhig tigert Ulla im Zimmer auf und ab. Julia verzieht sich kurzerhand unter die Dusche. Vorerst kann sie doch nichts machen. Durch das Rauschen der Dusche hört sie Ulla vor sich hin brummeln.
Julia beeilt sich, fertig zu werden, und bald darauf steht sie frisch und startklar vor Ulla. Die ganze Zeit unter dem Wasser hat sie überlegt, ob sie Ulla von dem Gespräch mit der Wirtin erzählen soll. Aber würde es die Freundin ablenken? Nein, es würde sie sicher noch mehr aufregen. Besser, Julia erzählt ihr erst nach dem Vortrag von dem Nebenerwerb der Gruppe. „Komm, lass uns noch ein paar Schritte am Strand entlanggehen. Du trinkst ein Glas Sekt, um dich zu lockern. Alles läuft super, du wirst sehen. Stell dir einfach vor, ich bin allein dort. Ich sitze in der ersten Reihe. Schau einfach mich an, dann kann gar nichts schiefgehen.“
„Meinst du?“ wagt Ulla zaghaft zu fragen.
„Ja, ich meine“, sagt Julia sehr bestimmt und ohne Wenn und Aber. Sie hakt Ulla unter und zieht sie aus dem Zimmer. Durch den Hotelgarten marschieren sie zur Uferpromenade. Julia schließt einen Moment die Augen, spürt das Meer, öffnet sie wieder und genießt den Blick auf die funkelnde Unendlichkeit. Ein paar Kinder spielen gleich hinter der kleinen Mauer, die den Strand eingrenzt. Ihre Eltern sitzen darauf und unterhalten sich. Auch eine Gruppe stattlich gebauter Rentner hockt auf der Mauer wie Vögel auf einer Überlandleitung. Ein witziges Bild, alle sind mit einer gelben Kappe ausgerüstet, die anscheinend vom Reiseveranstalter verteilt wurde. Julia ist versucht, ihren Fotoapparat zu zücken. Doch Ulla ist bereits ein paar Schritte voraus, und Julia folgt ihr rasch. Sie ist ebenfalls ein bisschen nervös vor dem großen Ereignis. Schließlich ist das Buch zu einem ganz, ganz kleinen Teil auch ihr Werk. Sie hat viele der Hochglanzfotos von den Pflanzen beigesteuert.
„Sekt kommt für mich nicht in Frage, dann werde ich noch nervöser. Aber einen Kräuterschnaps für den Magen, den kann ich gebrauchen“, sagt Ulla, als Julia sie schließlich überzeugen kann, sich in einem der zahlreichen Lokale direkt an der Promenade niederzulassen.
„Und, war Enno bei dir?“ versucht Julia das Gespräch auf ein anderes und angenehmeres Feld zu lenken. Zugegebenermaßen ist sie auch neugierig.
Ullas Gesicht überzieht ein schwärmerischer Ausdruck, sie verdreht die Augen: „Ja, er war da, und es war, mmmh ... Nun, ja, was soll ich sagen.“
Julia lacht. Der Wirt des Lokals stellt gerade den Kräuterschnaps und zwei Cortados vor sie hin, wedelt dann noch eine Weile mit der Serviette auf dem Tisch herum, nicht ohne Ulla mehrere schmachtende Blicke zuzuwerfen. Julia amüsiert sich. Ulla kann nicht anders, sie muss das Spiel einfach mitspielen. Sie zupft an ihrem T-Shirt, nimmt die Speisekarte, schiebt ihre Sonnenbrille ein Stück weit auf die Nasenspitze und fragt mit einem Lächeln und einem gekonnten Augenaufschlag: „Können Sie mir eine Kleinigkeit zu essen empfehlen?“ Dann rückt sie die Sonnenbrille wieder an ihre Stelle. Der Mann scheint ein Stück zu wachsen, sein Lächeln ist breit geworden, als er sich beeilt zu antworten: „Sicher, Señora.“ Er beugt sich zu ihr herunter, um über ihre Schulter mit
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