Taumel der Gefuehle - Roman
darauf beschränkt, ihm ab und zu im White’s oder im Oberhaus zu begegnen. Der Mann war verantwortungsbewusst und nahm seine Aufgaben im Parlament sehr ernst. Seine Meinung war gefragt, und er wurde sogar vom Prinzregenten zu Rate gezogen.
Vom Oberst hatte Northam erfahren, dass Rosemont mehrere Jahre Witwer gewesen war, bevor er wieder geheiratet hatte. Es war seine wunderschöne zweite Gemahlin gewesen, die ehemalige Lady Isabel Milford, die Elizabeth in die Gesellschaft eingeführt hatte. Außerdem wusste Northam, dass Rosemonts junge Ehefrau ihm vor etwa sechs Jahren einen Erben geschenkt hatte.
Die Beziehung zwischen Elizabeth und ihrem Vater konnte man nicht wirklich als erkaltet bezeichnen. Elizabeth verbrachte jedes Jahr mehrere Wochen auf Rosemont. Auch sein Londoner Stadthaus war ihr nicht fremd, und sie besuchte ebenfalls regelmäßig seine Ländereien hoch oben im Norden. Sie schien die perfekte Tochter zu sein, und der Earl gestattete ihr, den Großteil ihrer Zeit in der Gesellschaft der äußerst angenehmen und unscheinbaren Battenburns zu verbringen. Dies sei alles schön und gut, hatte der Oberst erklärt, wobei sein Ton genau das Gegenteil anklingen ließ, doch über die Jahre sei ihm Elizabeth eine Fremde geworden. Ihre Briefe kamen unregelmäßig, ihre Besuche waren spärlich.
War ihr Unfall auf Rosemont der Grund für ihr unversöhnliches Verhalten ihrem Vater gegenüber? Der Oberst hatte diesem Vorfall keinerlei Bedeutung beigemessen.
Er hatte ihr Humpeln nicht einmal erwähnt, und Northam hatte es selbst herausfinden müssen.
»Ergründe, was mit ihr los ist«, hatte ihn der Oberst stattdessen gebeten. »Ich kann die Angst, die ich um sie habe, nicht abschütteln.«
Angst. Das war das richtige Wort gewesen, sinnierte Northam. Trotz des warmen angenehmen Tages bemerkte er, dass sein Hals und seine Schultern ungewohnt angespannt waren.
Er versuchte sich vorzustellen, wie er dem Oberst in Elizabeths eigenen Worten erklären würde, was in ihrem Leben vorging. » Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass die Tochter Ihrer geliebten Cousine auf unmissverständliche Art und Weise verkündete, sie sei eine Hure .« Northam konnte beinahe den Schmerz der Pistolenkugel spüren, die seine Brust treffen würde, falls er diese Botschaft überbrachte.
Noch ungenießbarer wäre der Umstand seiner eigenen engen Vertrautheit mit ihr. » Ich habe das Wissen aus erster Hand, Sir .« War das jedoch wirklich der Fall? Northams Erfahrungsschatz mit Huren war äußerst beschränkt. Er hatte immer einen großen Bogen um Prostituierte gemacht. In jüngeren Jahren hatte er mehrere Geliebte unterhalten, von denen alle intelligent, elegant und gewandt im Bett gewesen waren. Da er mit diesen Arrangements allerdings nicht zufrieden war, beendete er regelmäßig seine Beziehungen und gewährte ihnen großzügige Abfindungen. Er war mit mehreren Frauen im Bett gewesen, hatte sie jedoch niemals für Huren gehalten.
Auch wenn die Umstände gegen Elizabeth sprachen, hielt er auch sie nicht für ein leichtes Mädchen.
Obwohl Northam wusste, dass er sie zu nichts gezwungen
hatte, glaubte er gleichzeitig, dass sie gegen ihren Willen gehandelt hatte. Sie hatte nicht mit ihm, sondern mit sich selbst gekämpft. Die Tränen, die in ihren Augen geglitzert hatten, waren Tränen des Selbsthasses gewesen.
Plötzlich sprang Northam auf. Nervös und frustriert, wie er war, konnte er nicht mehr ruhig sitzen. Er stieg auf sein Pferd und gab ihm ungewollt fest die Sporen. Sekunden später galoppierten sie über Wiesen und Felder, und er versuchte, die Dämonen zu vertreiben, die sich in sein Bewusstsein geschlichen hatten.
»Ich glaube, wir sind Partner, Lady Elizabeth.«
Elizabeth drehte sich um und musste ihr Kinn emporrecken, um dem Viscount Southerton in die Augen zu sehen. Sie lächelte herzlich. »In der Tat, Mylord. Ich bat Lady Battenburn, Euch jemanden zur Seite zu stellen, der scharfsinniger ist als ich, doch sie ließ sich nicht davon abbringen. Ich muss Euch gestehen, dass ich keine Begabung fürs Rätselraten habe.«
»Das macht nichts«, entgegnete South liebenswürdig. »Ich würde wetten, dass Ihr Euch abgesehen von unseren Gastgebern und der Dienerschaft besser in diesem Haus auskennt als alle anderen. Da die zuletzt Genannten nicht eingeladen wurden, und der Baron und die Baronin aus verständlichen Gründen nicht mitspielen können, bietet Ihr mir die besten Aussichten, den Schatz zu finden.« In seinen
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