Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
die Tischdecke vor der Haustür aus. Sie war von den herabgefallen Fleischstücken so dreckig, dass man sie nicht mehr benutzen konnte.
»Was machen wir denn jetzt ohne Weihnachtsessen?«, sagte Mama ratlos. Auch Oma wusste nicht, was zu tun war. »Der schöne, schöne Braten«, sagte sie wieder.
»Können wir nicht ein Picknick im Wohnzimmer machen?«, fragte ich schließlich. »Wir nehmen das, was im Vorratsschrank ist.«
Oma sah mich überrascht an. »Das ist ja eine eigenartige Idee«, sagte sie, aber dann öffnete sie ihren Vorratsschrank. Wir holten eine Dose Fisch, ein großes Stück Käse, luftgetrocknete Salami, Schinken, saure Gurken, verschiedene Sorten Brot und die Dose mit den Vanillekipferln heraus. Dazu machte Michel seinen Spezial-Nudelsalat.
Opa und Oma setzten sich zum Picknick lieber auf das Sofa, wir anderen breiteten eine Decke auf den Boden und setzen uns darauf.
Sofort kam McSniff angetapst, und er wollte sich dazusetzen, aber Michel sagte: »Nein, du Räuber kommst nicht so nah ans Essen«, und brachte ihn zu seiner Decke. »Platz und bleib«, befahl ihm Michel, und McSniff guckte so traurig zu uns, als ob er seit Wochen kein Futter bekommen hatte.
Opa schnitt sich ein Stück Käse ab und sagte: »An so ein Weihnachtspicknick könnte ich mich wirklich gewöhnen. Aber wenn das unsere Nachbarn hören, denken sie noch, wir wären tüddelüt.«
Noch lange saßen wir an diesem Weihnachtsabend zusammen, bis Opa immer wieder gähnte. Wir liefen in unser Dachzimmer hinauf. »Aus unserem Weihnachtswunder ist nichts geworden«, meinte Sina, als sie die Tür hinter uns geschlossen hatte. »Aber es ist auch so total schön.«
»Stimmt«, sagte ich, und wir gingen zum Dachfenster und sahen in die Nacht hinaus. Das Mondlicht fiel auf den Hof. Im Hintergrund leuchten hell die Dünen. Dann fiel eine Tür ins Schloss. McSniff schlug kurz an. Dann wurde es wieder ganz still.
»Was war das?«, flüsterte Sina. »Ich weiß nicht.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um mehr zu sehen. Dann hielt ich den Atem an. Unsere Eltern gingen Arm in Arm im Mondschein über den Hof.
Sina und ich schauten schnell weg. »Wer weiß, was unsere Eltern noch alles machen werden«, meinte meine ABF, und ihre Wangen röteten sich. Auch ich wollte das lieber nicht sehen, was nun vielleicht auf dem Hof geschah.
Dann fassten wir uns in der Dachkammer an den Händen. »Unser Weihnachtswunder ist wahr geworden!«, flüsterte ich, obwohl ich es am liebsten laut durch das ganze Haus gerufen hätte.
»Jetzt ist es Zeit für den letzten Glückskeks!« Sina lief zu dem großen Koffer. »Ich habe ihn extra eingepackt, bevor wir abgefahren sind.« Sie kramte in dem Koffer und holte schließlich unseren letzten Glückskeks heraus. Von der Reise war er zerdrückt und in viele Teile zerbrochen, aber das machte nichts.
Wir beide hielten den Atem an, als wir die Packung öffneten. Dann zog ich den schmalen Zettel mit der Botschaft heraus. Auf dem Zettel stand ein kurzer Satz: Eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
Das stimmte in unserem Fall ganz genau. Sina und ich sahen uns staunend an, dann lachten wir und riefen: »Der Rest ist Schicksal.«
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