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Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)

Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)

Titel: Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Langen
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echte Strafe, anders kann man es nicht nennen.
    »Hört jetzt auf«, rief Sina bittend, was die Jungs natürlich nicht beachteten. Als Einzelkind konnte sie sich immer nur schwer gegen andere behaupten. Das Problem hatte ich nicht, obwohl ich die meiste Zeit des Jahres auch Einzelkind war. »Schluss damit«, sagte ich entschieden in Pauls Richtung, als ich bei Sina angekommen war.
    Paul sah auf. »Was denn, wenn nicht Schluss damit ist?«, fragte er provozierend. Die Gelegenheit, vor seinen Freunden den wilden Kerl zu markieren, konnte er natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Er stand in fünfzehn Metern Entfernung von mir und blickte mich frech an.
    »Paul, du solltest dir echt so langsam mal coole Boxershorts zulegen«, rief ich laut über den Schulhof. Paul blieb wie angeklebt stehen und blickte sofort entsetzt zu seiner Hose hinab, deren Reißverschluss aber geschlossen war. Schon grölten seine Freunde: »Genau, Grete sagt es. Paul, deine Unterhosen mit den kleinen Schiffchen sind echt out.« Paul lief rot an. Er lief an uns vorbei, um seinen Freunden eine zu verpassen.
    »He«, rief ich Paul zu, »du hast was vergessen. Her mit Sinas Mütze!« Paul sah mich vernichtend an, aber er frisbeete mir Sinas Baskenmütze zu, die ich zum Glück auffangen konnte. Ich gab Sina ihre Mütze zurück. »Mit Jungs muss man so umgehen wie mit Hunden«, sagte ich und warf mir den Seesack über die Schulter, »hin und wieder ein kleiner Trick, sonst machen sie zu viel Unsinn.«
    Sina lachte, als wir nebeneinander zum Schuleingang gingen. »Grete, jetzt musst du ihnen nur noch abgewöhnen, mich Apfel-Sina zu nennen.«
    »Klar, genau so wie ich ihnen – hex, hex – den Spruch für mich abgewöhne, den die Welt nicht braucht.« Gretel, wo ist denn dein Hänsel?, das hatte ich seit dem Kindergarten schon so an die zehntausendmal zu oft gehört. Wir wussten beide, dass unsere Chancen, ohne den Spitznamen Apfel-Sina und ohne den Hänsel-Spruch zu leben, gleich null standen. »Was denken sich bloß die Eltern, wenn sie die Namen für die Kinder aussuchen?«, fragte Sina und hakte sich bei mir ein. Nebeneinander marschierten wir in die Schule. Warme Luft umfing uns. »Mama sagt, Grete sei ein norddeutscher Name und der passe ganz wunderbar zu uns.« Sie kommt nämlich von der Insel Juist. »Aber gab es da nicht auch noch den einen oder anderen Namen, der zu keinen blöden Sprüchen verlockte?« Ich sah meine ABF fragend an. Das hätte ich wirklich mal gerne gewusst.
    »Egal«, sagte Sina und drückte meine Hand, als wir die Treppen hinaufstiegen. »Wir sind wie Schwestern, darauf kommt es an.« – »Stimmt«, sagte ich, und mir wurde ganz warm. Denn Sina war die Schwester, die ich mir gewünscht und nie bekommen hatte. Mal abgesehen von der kleinen Grace und dem winzigen Baby Ethan, die viel zu jung waren und vor allem viel zu weit von mir entfernt bei Dad in London lebten. Wir bogen in den Flur zu unserem Klassenzimmer ab.
    »… aber darauf kommt es auch an! Probiert es aus.« Hinter uns hörten wir die Stimme von Henry. Wir drehten uns herum. Richtig, da stand Henry, einer der wenigen netten Jungs aus unserer Klasse, und er hielt uns einen Pappkarton entgegen. Darauf leuchteten rote chinesische Schriftzeichen. Die konnte ich natürlich nicht entziffern. Aber ein Aufkleber verriet: Glückskekse – mit deutscher Botschaft.
    Aber weshalb nahm Henry einen ganzen Karton voll davon mit zur Schule? Die Glückskekse waren bestimmt in dem Chinaladen seiner Eltern übrig geblieben, dachte ich. Henry grinste uns an. »Die Glückskekse lügen nie, auch wenn ein paar davon zerbrochen sind, wie diese hier.« Und wirklich, wie zum Beweis klappte er die Schachtel auf. »Na, wollt ihr es ausprobieren?«, fragte er. Und ob wir das wollten!

In Sekundenschnelle hatte sich im Flur vor unserem Klassenzimmer herumgesprochen, dass Henry etwas verschenkte. Schon war er von Schüler und Schülerinnen aus unserer Klasse und den beiden Parallelklassen umringt. Carolin verzichtete darauf, cool auszusehen, und drängte sich nach vorne, gefolgt von Paul und seinen beiden Freunden.
    »Jetzt oder nie«, sagte ich zu Sina, und wir zogen jede einen in Plastikfolie verpackten Glückskeks aus der Schachtel, bevor es zu spät und keiner mehr für uns übrig war.
    Wir öffneten die Verpackung der Glückskekse, sahen uns kurz an, nickten gleichzeitig und brachen beide die Gebäckhülle unseres Glückskekses auf. Zwei schmale Zettel mit den Botschaften lagen

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