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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Titel: Tausend strahlende Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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sagen, dass ich einen gewissen Verdacht gegen dich hege. Mehr wäre nicht nötig. Denn wem würden sie wohl glauben? Und was würden sie dann wohl mit dir anstellen?«
    Laila rückte von ihm ab.
    »Keine Bange«, sagte er. »So was würde ich doch nicht tun? Nay . Wahrscheinlich nicht. Du kennst mich ja.«
    »Du bist widerwärtig«, sagte Laila.
    »Ein großes Wort«, erwiderte Raschid. »Ja, das ist so deine Art, und die hat mir noch nie an dir gefallen. Schon als kleines Mädchen, als du mit diesem Krüppel herumgezogen bist, sind dir all diese Bücher und Gedichte zu Kopf gestiegen. Aber was hilft dir deine Belesenheit heute? Wem verdankst du dieses Dach überm Kopf, deiner Cleverness oder mir? Widerwärtig bin ich? Die Hälfte der weiblichen Bevölkerung dieser Stadt würde mich zum Mann haben wollen, und dafür morden. Jawohl, morden.«
    Er rollte sich auf den Rücken.
    »Große Worte gefallen dir, nicht wahr? Wie wär’s mit diesem? Perspektive. Das ist, was ich hier versuche, nämlich dafür zu sorgen, dass du deine Perspektiven nicht aus den Augen verlierst.«
    Was Laila in dieser Nacht um den Schlaf brachte, ja ihr sogar Brechreiz verursachte, war die Tatsache, dass sich nichts von dem, was Raschid gesagt hatte, von der Hand weisen ließ.
    Am nächsten Morgen und den folgenden Tagen dauerte die Übelkeit an, verschlimmerte sich noch und wurde mit der Zeit zu einer ständigen Begleiterin.
    Es war kalt und der Himmel wolkenverhangen, als Laila wenige Tage später kurz nach Mittag auf dem Boden ihres Schlafzimmers lag. Aziza und Mariam hielten ein Nickerchen in deren Zimmer.
    In Lailas Hand steckte eine Speiche, die sie mit einer Kneifzange aus dem Laufrad eines kaputten Fahrrads herausgebrochen hatte. Es war in derselben Gasse abgestellt worden, in der sie vor Jahren den ersten Kuss mit Tarik ausgetauscht hatte. Lange Zeit lag Laila mit gespreizten Beinen und zusammengebissenen Zähnen auf dem Fußboden.
    Aziza war ihr schon in dem Moment von Herzen willkommen gewesen, als sie eine erste Ahnung von ihrer Existenz gehabt hatte. Von den Selbstzweifeln und Ungewissheiten, die sie jetzt plagten, war damals nichts zu spüren gewesen. Wie schrecklich, dachte Laila, dass eine Mutter fürchten konnte, nicht genügend Liebe für das eigene Kind aufzubringen. Ein verstörender Gedanke. Und doch drängte sich ihr genau diese Frage auf, als sie da auf dem Boden lag und die Speiche mit schweißnassen Händen zu führen versuchte. Und sie zweifelte daran, Raschids Kind jemals so lieben zu können wie das von Tarik.
    Am Ende brachte sie das, was sie vorgehabt hatte, nicht über sich.
    Es war nicht die Angst davor, zu verbluten, die ihr die Speiche aus der Hand fallen ließ, auch nicht die Hemmung, eine Sünde zu begehen, was es ja wohl gewesen wäre. Laila ließ die Speiche fallen, weil sie nicht akzeptieren wollte, was für die Mudschaheddin offenbar nie ein Problem gewesen war, nämlich dass einem Krieg Unschuldige zum Opfer fielen. Laila führte Krieg gegen Raschid. Das Kind sollte darunter nicht leiden. Zu viele waren schon getötet worden, und Laila hatte im Kreuzfeuer der feindlichen Lager mehr als genug Unschuldige sterben sehen.

39
    Mariam
September 1997
    »Frauen werden hier nicht mehr behandelt«, bellte der Wachbeamte. Er stand vor dem Portal der Malalai-Klinik und blickte mit eisiger Miene auf die Menge herab, die sich vor den Eingangsstufen versammelt hatte.
    Unmut machte sich breit.
    »Aber das ist doch ein Krankenhaus für Frauen«, empörte sich eine Frau, die hinter Mariam stand. Ihr stimmten viele lauthals zu.
    Mariam hatte Aziza auf dem Arm und stützte mit der freien Hand Laila, die sich auf der anderen Seite an Raschids Schulter festhielt und leise vor sich hin jammerte.
    »Jetzt nicht mehr«, sagte der Talib.
    »Meine Frau bekommt ein Kind!«, brüllte ein stämmiger Mann. »Soll sie etwa auf der Straße gebären, Bruder?«
    Mariam hatte schon im Januar dieses Jahres von der Verordnung gehört, wonach erkrankte Männer und Frauen auf getrennte Krankenhäuser zu verteilen seien und das weibliche Personal sämtlicher Krankenhäuser Kabuls in einer Zentralklinik für Frauen arbeiten werde. Allerdings war diese Verordnung nicht durchgeführt worden, und keiner hatte an ihre Umsetzung geglaubt. Bis jetzt.
    »Und was ist mit dem Ali-abad-Hospital?«, rief ein anderer Mann.
    Der Wachmann schüttelte den Kopf.
    »Wazir Akbar Khan?«
    »Nur für Männer«, sagte er.
    »Was sollen wir tun?«
    »Geht ins Rabia

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