Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
in einen Wald am Meeresufer und stieg auf einen Baum, um in Sicherheit zu schlafen und sich gegen wilde Tiere, die ihn angreifen könnten, zu schützen.
Als die Nacht hereingebrochen war, sah er einen schwarzen Stier aus dem Meere kommen, der ein furchtbares Gebrüll von sich gab und sich dem Baume, auf den er gestiegen war, näherte. Es wurde ihm wohl ums Herz, als er bemerkte, daß das schreckliche Tier einen Stein aus seinem Munde fallen ließ, der den ganzen Wald erleuchtete und ihm dazu diente, die Kräuter, wie Safran und Hyazinthen, die ihm am meisten zusagten, zu finden. Dscherberi war inmitten von Edelsteinen aufgewachsen, mit denen sein Vater einen lebhaften Handel getrieben hatte, und zweifelte keinen Augenblick, daß der, den er sah, ein wirklicher Karfunkel war, ein seltener und köstlicher Edelstein, von dem er oft hatte reden hören, ohne ihn jemals gesehen zu haben; und er war auf das lebhafteste ob des Glanzes und der Größe dieses Steines erstaunt; als er sich nun von dem Schrecken, den ihm der schwarze Stier verursacht hatte, erholt hatte, sann er nur darauf, wie er sich eines so großen Wunders bemächtigen könnte.
Als der Tag erschien, nahm der schwarze Stier den Stein auf und kehrte ins Meer zurück. Dscherberi aber stieg von dem Baume herab und tat sein Gebet und begab sich an den Meeresstrand, wo er Erde aufweichte, die er sorgfältig auf den Baum trug, wo er die letzte Nacht geschlafen hatte. Der schwarze Stier erschien wie am Vortage. Und er legte seinen Stein auf die Erde; und als er sich ein wenig entfernt hatte, um die Kräuter zu suchen, die seinem Geschmack am besten zusagten, warf Dscherberi die aufgeweichte Erde, die er gesammelt hatte, auf ihn. Nun hatte der Stier kein Licht mehr und stürzte sich, nachdem er ein schauerliches Gebrüll ausgestoßen hatte, in das Meer; Dscherberi bemächtigte sich nun des Karfunkels, der seinesgleichen nicht auf der Welt hatte.
Der mit solchem Glück zufriedene Dscherberi dachte nur noch daran, in sein Vaterland zurückzukommen. Glücklicherweise bekam er ein Schiff zu Gesicht, das ihn nach Ormus führte; und er durchquerte ganz Persien; und da er wußte, daß der Perserkönig eine Vorliebe für kostbare Steine hatte, die er sich aus allen Teilen des Erdkreises herbeischaffen ließ, ließ er sich ihm ankündigen als einer, der ihm das schönste Stück, das man jemals gesehen hatte, zeigen wollte. Der Fürst aber war gerade mit einem Kaufmann aus Bassorah zusammen, der ihn durch die Pracht und Schönheit und Fülle der Edelsteine, die er ihm zeigte, in Erstaunen setzte. Der Sultan war es wohl zufrieden, die Prahlsucht eines Kaufmanns zu beschämen, der sich auf eine so pomphafte Weise wie Dscherberi ankündigen ließ; und er befahl, daß man Dscherberi in der Zeit eintreten lassen solle, wo er das seiner Meinung nach Schönste auf der ganzen Welt besichtigte. Er erschien gerade, als der Handelsmann aus Bassorah zu ihm sprach: ›Deine Erhabenheit darf nicht verwundert sein, wenn ich dir solche Meisterwerke der Natur zeige. Wenn du vernimmst, auf welche Weise ich sie erlangt habe, wirst du es ganz natürlich finden!‹ Nachdem nun der König erklärt hatte, daß er gern hören würde, auf welche Weise er solche Reichtümer gesammelt hatte, nahm der Kaufmann also das Wort: ›Mein Vater war arm und Fischer von Beruf; wir, meine drei Brüder und ich, waren bei ihm in seinem Boote und warfen unsere Netze aus, nachdem wir den heiligen Propheten um einen reichen Fischfang angefleht hatten; nur mit unendlicher Mühe konnten wir sie zurückziehen, so groß war ihr Gewicht. Endlich gelang es uns, sie ans Land zu ziehen, doch wir staunten im höchsten Staunen, als wir einen Fisch erblickten, der eine menschliche Gestalt hatte. Mein Vater schlug uns vor, ihn in die Stadt zu tragen und dem Volke um Geld zu zeigen; aber der Meermann setzte uns noch mehr in Verwunderung, als er, nachdem er uns zugehört hatte, als ob er uns verstünde, zu reden begann: ›Ich bin‹, sprach er zu uns, ›ein Meerbewohner und ganz wie ihr ein Geschöpf Allahs; gebt mir meine Freiheit wieder, zieht keinen Nutzen aus dem Schlaf, der mich in eure Netze geraten ließ; wenn ihr mir solche Gnade gewährt, so verspreche ich, euch in sehr kurzer Zeit etwas zu bringen, das ein beträchtliches Vermögen ausmacht.‹ Der Meermann rührte uns durch sein Flehen, er schwur beim hohen Allah, daß ihrer zwölftausend Muselmänner im Meere wären und daß er eine große Anzahl von ihnen
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