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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ist der Kühne versteckt?« fragte der Gatte sein Weib, »auf daß ich ihn meiner Rache opfern kann, oder ich opfere dich selbst!« Die Verschmitzte, die einen heftigen Schrecken heuchelte, wies auf die Lade hin und gab ihm den Schlüssel dazu. Wie der Eifersüchtige sich anschickte, sie zu öffnen, sagte seine Frau unter herzlichem Gelächter zu ihm: »Bezahle mich, du hast das Pfänderspiel verloren; ein andermal sei weniger neugierig und achtsamer!«
    Der Gatte hielt sich für sehr glücklich, mit diesem falschen Lärme wegzukommen, gab seinem Weibe den Schlüssel wieder; zahlte ihr alles, was sie haben wollte, und ging fort, nachdem er sie gebeten hatte, ihn nicht mehr ähnlicher grundloser Angst auszusetzen.
    Die junge Frau zog dann den Philosophen aus der Lade, wo er mehr tot als lebendig war. »O mein Herr Philosoph,« sprach sie zu ihm, »vergiß diese List nicht, sie ist des Platzes in deinem Verzeichnisse würdig!«

Die Geschichte von der gerechtgertigten Frau
    Ein reicher, schon bejahrter Kaufmann aus Agra, der kein Weib mehr hatte, beschloß, seinen einzigen, heißgeliebten Sohn zu verheiraten; sobald dieser Sproß das Mannesalter erreicht hatte, gesellte er ihm eine Frau zu, die gleichzeitig alle Reize und alle Fehler ihrer Mitschwestern in sich vereinte. Ein junger Inder ging unter dem Balkon dieser Schönen vorüber und verliebte sich bald in sie und drückte ihr seine Liebe durch Gebärden aus; sie blieb nicht unempfindlich; die beiden Liebenden konnten sich aber nicht leicht ihre gegenseitigen Gefühle aussprechen, jedoch überwand ihre List die Schwierigkeiten.
    Der junge Mann wandte anfangs die bekanntesten Mittel an. Ein altes Weib übernahm für weniges Geld die Besorgung eines Schreibens; dieser erste Schritt wurde scheinbar böse aufgenommen und der Botin befohlen, nachdem sie hart geschmäht worden war, durch eine Wasserleitung zu fliehen, die von außerhalb mit dem Garten in Verbindung stand. Sie kehrte heil von ihrem Gange zurück; der Umstand mit der Wasserleitung freilich entging dem hellsehenden Liebhaber nicht; fest überzeugt, die Alte sei nicht ohne Grund durch die Wasserleitung gejagt worden, beschloß er, sich auf gleichem Wege in das Haus seiner Schönen Eingang zu verschaffen.
    Die Inderin war überzeugt, daß ein so hitziger Liebhaber alles verstände, ohne daß man viel zu sagen brauche, und erwartete ihn in dem Garten zu einer Stunde, in der er dort hinkommen konnte. Diese köstliche Nacht war nicht die einzige, zu der sich das Liebespaar verhalf. Je größer die Schwierigkeiten waren, desto stärker wappneten sie sich gegen sie; aber obwohl sie geschickter als andere Liebesleute waren, waren sie doch nicht klüger: man bediente sich der Wasserleitung so oft, daß schließlieh der Vater des Gatten, der im selben Hause lebte, hinter die Untreue seiner Schwiegertochter kam. Er belauschte die beiden Liebenden und überraschte sie im Augenblicke, als sie sich unbedachterweise der Süße des Schlummers hingegeben hatten.
    Der Greis, der auf Rechnung seines Sohnes eifersüchtiger war, als ein anderer es für seine eigene gewesen wäre, suchte nach einem Mittel, die Treulose zu überführen, und löste von ihrem Arme eine Spange los, die sie von ihrem Gatten erhalten hatte; beim Erwachen merkte die Schöne den Diebstahl und argwöhnte, daß eher ihr Schwiegervater ihn verübt habe als ihr Gatte, den sie in einen tiefen Schlaf versunken wußte.
    Um ihre Ehre zu retten und der Unbill, die sie bedrohte, zuvorzukommen, verabschiedete sie schnell ihren Geliebten, der sie dort der Gefahr ausgesetzt hatte. Bei der Rückkehr in ihr Ehegemach fand sie ihren Gatten schlafend vor; einige geheuchelte Liebkosungen erweckten ihn bald, und die Verräterin zog den Gimpel in denselben Garten, der Zeuge ihrer Treulosigkeit gewesen war; dort verbrachten sie den Rest der Nacht, die sie ihm zu verschönen bestrebt war.
    Bevor sie jedoch ins Haus zurückkehrten, gab die Falsche vor, den Verlust ihrer Armspange zu bemerken, von der sie behauptete, daß sie ihr vermutlich während einiger Augenblicke Schlummers entrissen sein müßte.
    Sobald der Tag gekommen war, beeilte sich der Schwiegervater, seinen Sohn von dem schlechten Betragen seines Weibes zu unterrichten, und gab ihm als Beweis die Armspange, die sie alle beide kannten. Der gefoppte junge Mann konnte angesichts dieses stummen Zeugens nur lachen und sprach zu seinem Vater: »Ich selbst war es, der mit meiner Frau in dem Zelte schlief, in dem du uns

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