Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
nicht viel dazu, um die Habgier des Statthalters anzufachen. Unser Geizhals konnte noch so oft versichern, er hätte keinen Schatz gefunden und einzig und allein seine Pantoffeln einscharren wollen: der Statthalter hatte auf das Geld gerechnet, und der niedergeschmetterte Kasem erhielt die Freiheit nur um sehr schweres Geld.
Unser verzweifelter Mann verwünschte die Pantoffeln in seinem Herzen zum Teufel und warf sie jetzt in eine von der Stadt entfernte Wasserleitung; er glaubte für dieses Mal, er würde nicht mehr von ihnen sprechen hören, aber der Teufel, der nicht müde wurde, ihm Possen zu spielen, lenkte die Pantoffeln gerade in die Röhre der Wasserleitung, wodurch der Wasserstrahl gehemmt wurde. Die Brunnenwärter eilten hinzu, um dem Schaden abzuhelfen; sie fanden die Schuhe, trugen sie zum Statthalter und erklärten Kasem für den Urheber des Übels.
Der unglückliche Pantoffelbesitzer wurde gefangen gesetzt und zu einer sehr viel empfindlicheren Buße verurteilt als die beiden ersten Male; der Statthalter, der das Vergehen bestraft hatte, wollte jedoch nichts von ihm zurückbehalten und lieferte ihm getreulich seine Pantoffeln wieder aus. Kasem beschloß, sie zu verbrennen, um endlich von allem Übel, das sie ihm verursacht hatten, loszukommen; da sie aber von Wasser durchtränkt waren, stellte er sie, um sie an der Sonne trocknen zu lassen, auf den Altan seines Hauses.
Doch das Schicksal hatte noch nicht all seine Bosheit gegen ihn ausgespielt, und die letzte, der es ihn aussetzte, war die grausamste von allen. Der Hund eines Nachbars bemerkte die Schuhe, sprang von dem Altane seines Herrn auf den unseres Geizigen, nahm einen Pantoffel in sein Maul, und mit ihm spielend, warf er ihn auf die Straße; der unselige Schuh fiel einer schwangeren Frau auf den Kopf, die gerade am Hause vorüberging. Der Schreck und die Wucht des Schlages bewirkten bei der verwundeten Frau eine Fehlgeburt; ihr Gatte führte beim Kadi Klage, und Kasem wurde verurteilt, eine dem Unglück, das er verursacht hatte, entsprechende Buße zu zahlen.
Er wollte in sein Haus zurückkehren; und seine beiden Pantoffeln in die Hände nehmend, sagte er zum Kadi mit einer Heftigkeit, die dem Richter ein Gelächter entlockte: »O Herr, dies ist der verhängnisvolle Gegenstand aller meiner Leiden; diese verwünschten Pantoffeln haben mich an den Bettelstab gebracht; geruhe zu befehlen, daß man mich nicht mehr für das Unheil, so sie zweifelsohne noch verursachen werden, verantwortlich macht.« Der Kadi konnte ihm seine Bitte nicht abschlagen; und Kasem hatte unter großen Kosten das Übel kennengelernt, das daraus entsteht, wenn man nicht oft genug seine Pantoffeln wechselt.
Sonderbares Wiedererkennen und Beweise von Großmut zwischen zwei vornehmen Arabern
Ali-Ibn-Abbas, der Günstling des Kalifen Maamún und Wachthauptmann des Fürsten, erzählt mit folgenden Worten eine Geschichte, die ihm selbst begegnet ist: »Ich war eines Abends beim Kalifen, als man einen an Füßen und Händen gefesselten Menschen vor ihn brachte. Maamún befahl mir, ein Auge auf den Gefangenen zu haben und ihn anderen Morgens vor ihn zu führen. Der Kalif war mir sehr erregt vorgekommen, daher gab mir die Furcht, mich etwa selbst seinem Zorne auszusetzen, ein, den Gefangenen in meinem Harem einzuschließen, welcher der sicherste Ort meines Hauses ist.
Ich fragte ihn nach seinem Vaterlande; er entgegnete, daß er in Damaskus geboren wäre und in dem Viertel der großen Moschee wohnte. ›Möge der Himmel‹, rief ich aus, ›seinen reichsten Segen über die Stadt Damaskus ausstreuen, und vor allem über das Viertel, das du bewohnst.‹ Er wollte den Grund der lebhaften Aufmerksamkeit wissen, die mich beseelte; ich sprach: ›Weil ich einem Menschen deines Viertels das Leben danke!‹
Solche Worte reizten seine Neugierde, und er beschwor mich, ihr genugzutun. ›Es sind mehrere Jahre her,‹ hub ich an, ›daß der Kalif, unzufrieden mit dem Statthalter von Damaskus, ihn seines Amtes entsetzte; ich begleitete seinen Nachfolger, den der Kalif ernannt hatte; im Augenblicke, als wir vom Palaste des Statthalters Besitz nehmen wollten, entbrannte ein Zwist zwischen dem alten und neuen Statthalter, ersterer hatte Bewaffnete angestellt, die uns überfielen; ich rettete mich durch ein Fenster des Palastes, und als ich mich von anderen Mördern verfolgt sah, flüchtete ich in dein Viertel. Ich erblickte einen offenen Palast, dessen Besitzer unter der Türe stand, ihn
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