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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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einige Dachteln mit meiner flachen Klinge zu versetzen, ebenso auch einem seiner Gefährten, um ihnen ihre Grillen wider mich auszutreiben!
    Ich heiße Bergspalter und bin in Zirkassiens Hauptstadt geboren. Nach der Aussage eines Sterndeuters, der ein guter Freund meines Vaters war, befanden sich am Tage meiner Geburt zwei mit guten und bösen Eigenschaften beladene Sterne unterwegs; der weniger gut versehene von beiden hatte die Vorhut. Drei Frauen aber hatten am selben Tage geboren, und zwar jede von ihnen ein männliches Kind; sie bewohnten drei der vornehmsten Häuser, die eine von den Ecken der Straße bilden, die nach dem Sultanspalaste führt. ›Gehen wir dorthin,‹ sprachen die Sterne, ›und entledigen wir uns zugunsten der Neugeborenen der Lasten, mit denen wir uns beladen haben.‹ So dahingehend, streifte der erste das Haus meiner Mutter in dem Augenblicke, als sie sich anschickte, mir das Leben zu geben, und das Ereignis bewirkte, daß er einen Augenblick verweilte. ›Ich kann nicht weitergehen,‹ sagte er, ›meine Last drückt mich, ich muß sie hier fallen lassen!‹ Und das geschah gerade über mir. Ich kann dir nicht alles aufzählen, das ihm in diesem Augenblicke aus seinen Händen fiel; es ist das eine Last, die ich manchmal sehr ungeduldig trage und die andern oft recht lästig wird; und sie hat mich zum stärksten, aber auch zum ungeduldigsten aller Menschen gemacht. Ich darf nichts besitzen und muß unaufhörlich vom Raube leben. Nichts kann meinem Schwerte widerstehen als allein die Schwachheit eines furchtsamen und ängstlichen Menschen; so greife ich denn seinesgleichen nur mit Fausthieben an, und du kannst dir wohl denken, daß ich nicht einen verfehle. Solches, o guter Derwisch, sind die Geschenke, die meine Wiege bedeckt haben; der Stern aber, der dem meinen folgte, war genötigt, die mir bestimmten Eier auf ein Nachbarhaus zu legen; und was ließ er dort fallen? ich bitte dich ... eine Krone; du siehst also, und ich darf es ohne Eitelkeit behaupten, ich habe den Thron nur um eine Türe verfehlt; der Sterndeuter sagte zwar zu meinem Vater, das Schicksal habe dabei gewaltet, ich aber meine, es war Laune; mein glänzender Gönner hätte seine Gaben wohl eine Türe weiter legen können ... Bei Mohammed, du kannst dir denken, daß ich wütend darob bin und, o mein guter Heiliger, schon viele Mittel angewandt habe, um mein Horoskop Lügen zu strafen.
    Ich habe Kriegsheere versammelt, führte sie gut und schlug mich noch besser, doch meine Krieger waren nur feige Memmen; und es gab immer zuviel zu essen auf der Welt und nichts zu bekämpfen. Eines Tages drang ich in eine Stadt ein, ohne zu merken, daß mir meine Leute nicht folgten: ich schlage alles in Stücke, was sich mir widersetzt, verfolge und vernichte alles, was vor mir flieht, und lege den Brand an, wo es zu lange aufgehalten hätte, das Schwert zu gebrauchen, und plündere alles; mein Heer aber gibt mich verloren und zählt nicht mehr auf mich, wird von einem panischen Schrecken erfaßt und ergreift die Flucht. Was trifft jetzt ein? Als ich das Land so verwüstet hatte, daß niemand am Leben geblieben, und mein Kriegsheer zerstreut und ich nun durch die Kraft meines Armes und die Schärfe meines Schwertes König geworden war, da fand sich, daß ich über nichts herrschte!« »Wie,« sagte Trinkaus dawider, »du hattest auch die Frauen umgebracht?« Da antwortete der Hauptmann: »Ich liebe die Frauen bis zur Raserei; aber bei meinem Anblicke schrien sie, als ob man ihnen die Haut abzöge, und flüchteten, warfen von der Höhe der Dächer Steine auf mich, ermutigten die Männer und hetzten die Hunde wider mich; mein Helm und mein Schild waren an zehn Stellen durchlöchert, und ein Fleischerhund hatte mir eine Wade abgebissen; ich liebe die Frauen, aber nicht, wenn sie in Wut sind, denn dann bringe ich alle um, die mir in den Weg kommen, ob alt oder jung, ob häßlich oder schön, und schone nichts, was sich mir widersetzt!« »Du hast etwas zu hitziges Blut, o mein Feldherr,« versetzte der Derwisch, »du solltest es wie ich machen und Honigwasser statt jedes anderen Getränkes trinken!« »O doppelzüngiger Mohammed,« schrie Bergspalter, »dein Honigwasser läßt mir die Zunge am Gaumen kleben, anstatt mir den Durst zu löschen; mein mißgünstiger Stern würde frohlocken, wenn er sähe, daß ich so weit gekommen bin; denken wir lieber daran, ihn zu züchtigen, wenn es irgendwie möglich ist. Wenn ich nur hinaufkommen könnte, so

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